Near auf Eros
Die erste Raumsonde landet erfolgreich auf Asteroid
Nach fünf Jahren Flugzeit ist die NASA-Raumsonde Near (Near Earth Asteroid Rendezvous) am Montag Abend wie erwartet auf dem Asteroiden Eros gelandet und hat den kontrollierten Absturz anscheinend überraschend gut überstanden: Kurz nach dem Touchdown auf der Oberfläche des Asteroiden sendete sie ein Signal zur Erde. "Das ist das erste Mal, dass ein Raumschiff auf einer so kleinen Fläche gelandet ist", freute sich Robert Farquhar, der die Mission am Kontrollzentrum des John Hopkins University Applied Physics Laboratory (APL) leitet.
Zuvor hatten die Wissenschaftler der Sonde den Befehl erteilt, ihre Umlaufbahn in 35 Kilometern Abstand zu Eros zu verlassen. In einem vierstündigen Sinkflug zündete die Sonde dann in einer Höhe von fünf Kilometern erstmals ihre Bremsraketen. Trotz Bremswirkung war die Sonde beim Aufprall auf Eros immer noch neun Stundenkilometer schnell, weswegen die Experten der Sonde auch nur eine Überlebenschance von einem Prozent errechnet hatten. Die geringe Anziehungskraft von Eros, die Near trotzdem immerhin ein Jahr lang in seiner Umlaufbahn hielt, half möglicherweise, dass dieses Manöver nun doch geglückt ist. Besonders interessant für die Wissenschaftler sind die hochaufgelösten Fotos von der Oberfläche des Asteroiden, die Near im Sinkflug alle zwei Minuten an die Erde gesendet hat. Das letzte scharfe Foto entstand etwa 120 Meter vor der Landung.
Für die Wissenschaftler war die Near-Mission ein voller Erfolg. Während seiner Reise hat die Sonde 160.000 Aufnahmen von der steinigen Oberfläche des Asteroiden gemacht und zur Erde gesendet - etwa zehn Mal mehr, als ursprünglich für die Mission geplant war. "Wir wissen jetzt, dass Eros ein stabiler Körper mit einem festen Kern ist, und zwar aus einem Material, das möglicherweise älter ist als die Erde" erzählt Andrew Chang, ein an der Mission beteiligter Wissenschaftler. "Forscher werden sich mit diesen Daten über Jahre befassen." Die Wissenschaftler glauben, dass Asteroiden aus den ursprünglichen Bausteinen unseres Sonnensystems bestehen und hoffen, nun nähere Informationen über dessen Erstehung zu erhalten.
Als Near am 17. Februar 1996 als erste Sonde, die auf eine Umlaufbahn um einen Asteroiden gebracht werden sollte, von Cape Caneveral in Florida aus gestartet wurde, war sie eigentlich nicht für eine spätere Landung auf ihrem Beobachtungsobjekt konzipiert worden. Doch auf ihrem fünfjährigen Flug durch das Weltall hatte die Sonde nun fast allen Treibstoff verbraucht. Die APL-Forscher entschlossen sich daher für den erstmaligen Versuch, Near auf dem Asteroiden landen zu lassen. Die Wissenschaftler sehen daher die Informationen, die sie nun durch die Landung bekommen haben, als zusätzliches wissenschaftliches Bonusmaterial. Near ist eines der ersten NASA-Objekte, die in dem Programm "faster, better, cheaper" realisiert wurden und in dem weitere Missionen den Solarwind, drei Kometen und den Planeten Merkur erforschen sollen.
Ausgerüstet mit hochmoderner Elektronik zur Vermessung des Magnetfeldes des Asteroiden, einem Spektrometer, um dessen Zusammensetzung zu analysieren, und einer hochempfindlichen elektronischen Kamera schickte die NASA die Sonde gen Eros. Mit einem Gewicht von knapp 500 Kilogramm und ihren vier Sonnensegeln zur Energiegewinnung holte die Sonde durch einen Erdumlauf zunächst genügend Schwung, um Richtung Eros zu fliegen, der seine elliptische Bahn zwischen Mars und Erde zieht. Im Dezember 1998 schlug der erste Versuch, Near abzubremsen und in den Orbit um Eros zu bringen, fehl und Near verpasste den Asteroiden. Erst beim zweiten Versuch am 14. Februar 2000 gelang es den Wissenschaftlern, die Sonde in die richtige Umlaufbahn zu bringen.
Eros, auch als Asteroid 433 bekannt, ist mit seinen 34 Kilometern Länge und 13 Kilometern Breite größer als der New Yorker Stadtteil Manhatten und damit der zweitgrößte erdnahe Asteroid. Die Temperatur schätzen die Experten auf 100 Grad Celsius am Tag und 150 Grad Minus in der Nacht. Auf seiner Umlaufbahn kommt er bis auf 19 Millionen Kilometer an die Erde heran, Near hat ihn jetzt in über 200 Millionen Kilometern Entfernung angetroffen. Eros wurde für die Observation ausgewählt, da er im Vergleich zu anderen Asteroiden relativ groß ist und sich nahe an der Erde befindet. Eros ist mehrere tausend Mal größer als die anderen kleinen Asteroiden, die ebenso als erdnah eingestuft werden. Die Forscher glauben, dass sie alle aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter herausgebrochen sind. Nach dem Mond sind sie unsere nächsten Nachbarn.
Near hat auf seiner Reise in erster Linie wichtige Informationen über die Struktur und die Zusammensetzung von Eros geliefert, die bei einer Abwehrstrategie gegen Asteroiden, die sich auf Kollisionskurs mit der Erde befinden, hilfreich sein könnten. Dazu müssen die Wissenschaftler wissen, wo sich das Gravitationszentrum des Asteroiden befindet und wie stark man ihn beispielsweise mit einer Rakete treffen müsste, um ihn abzulenken, ohne dass er auseinander bricht.
Doch alles wissen die Wissenschaftler immer noch nicht von Eros. Wie sich beispielsweise bei nur einem Tausendstel der Erdgravitation feinster Sand von Hügeln in tiefer gelegene Gebiete bewegt und so Krater in flachen Oberflächen erzeugt, ist für die Experten immer noch ein Rätsel.
So ist für die Near ihre Reise möglicherweise doch noch nicht ganz zu Ende. Sollte die Sonde nämlich noch genügend Energie besitzen und die wesentlichen Funktionen intakt sein, dann denken die Wissenschaftler darüber nach, die Sonde möglicherweise für weitere Aufgaben wieder in den Orbit zu schießen. Heute hat die Sonde immerhin noch Signale zur Bodenstation gesendet.