Neonazis entdecken WM
NPD und Freie Kameradschaften wollen sich zur Fußballmeisterschaft wieder ins Gespräch bringen
Am vergangenen Donnerstag war die Zentrale der neonazistischen NPD wieder einmal Ziel einer Polizeirazzia. Beschlagnahmt wurden mehrere Tausend Broschüren, die die NPD zur Fußball-Weltmeisterschaft erstellt hat. Unter dem Motto „Weiß - nicht nur eine Trikotfarbe! Für eine echte Nationalmannschaft!“hatte die Partei einen eigenen WM-Planer veröffentlicht.
Auf dem Titelbild ist das Trikot der deutschen Fußballmannschaft mit der Nummer 25 zu sehen, die Nummer des deutsch-afrikanischen Nationalspielers Patrick Owomoyela. Er war wie der aus Ghana stammende Schalke-Spieler Gerald Asamoah in der letzten Zeit häufig Zielscheibe rechter Fußballfans. So tauchten in Halle und Pritzwalk in den Wochen Plakate mit Asamoahs Konterfei und rassistischen Parolen auf. Dem DFB und Owomoyela wirft die NPD „Rassismuseuphorie“ und „Verfolgungswahn“ vor. Auf dem WM-Planer – nur noch im Google-Cache vorhanden - sei Owomoyela nicht abgebildet und auch kein Trikot mit der Nummer 25, erklärt die NPD erstaunlicherweise angesichts des Bildes und hat Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung eingelegt. Wohin die Reise gehen soll, macht auch folgendes Zitat aus einerf diesbezüglichen Pressemitteilung deutlich: „Wer soll sich denn noch für deutschen Fußball begeistern, wenn es bereits Realität ist, daß bei einem Heimspiel von Energie Cottbus kein einziger deutscher Spieler mehr auf dem Spielfeld war?“
Der Vorstoß der NPD kommt nicht überraschend. Schon seit Längerem versucht die Partei ihren Einfluss unter rechten Fußballfans zu verstärken. Nicht ohne Erfolg. So legte die Lübsche Jugend zwar Wert auf die Feststellung, keine NPD-Gründung zu sein, aber viele NPD-Mitglieder in ihren Reihen zu haben. Antisemitische und rassistische Fahnen und Parolen vornehmlich gegen farbige Spieler (Wird die Fußball-Welt zu Gast bei Freunden sein?) haben in den Stadien immer wieder für Aufsehen gesorgt, aber mittlerweile auch zu einer gewissen Gewöhnung geführt.
Neben der NPD planen auch die parteiunabhängigen Freien Kameradschaften Aktionen zur WM teils mit, teils ohne die NPD. Aus diesem Spektrum wurden mittlerweile fünf Demonstrationen angemeldet. Am 10. Juni, dem ersten Tag nach Beginn der WM, will die NPD in der WM-Stadt Gelsenkirchen demonstrieren. Vier weitere Märsche seien zwischen dem 3. Juni und dem 25. Juni in Thüringen angemeldet.
„Wir freuen uns auf den Iran“
Doch die Rechten wollen sich auch mit einer ausländischen Fußballweltmeisterschaft ausdrücklich solidarisieren. „Wir freuen uns auf den Iran“, kündigte der sächsische Landesverband der NPD an. Am 21.Juni wollen die Rechten unter dem offiziellen WM-Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“ die iranische Nationalmannschaft zu ihrem Spiel in Leipzig willkommen zu heißen. Doch nicht um die iranischen Spieler geht es der Rechtspartei. Sie will sich mit den antisemitischen Äußerungen des iranischen Präsidenten solidarisieren.
Merkwürdigerweise wurden die Medien in Deutschland erst spät auf die rechte Mobilisierung zur WM aufmerksam. Als die italienische Tageszeitung La Repubblica am 20. März über ein deutsch-europäisches Neonazitreffen berichtete, auf dem die letzten Vorbereitungen für die rechte WM-Kampagne verabredet worden sein sollen, war Telepolis eines der wenigen deutschsprachigen Medien, das darüber berichtete ("Die Feinde: Muslims und Polizisten"). In Braunau vermutete man hinter dem Artikel gar eine Diffamierungskampagne der Stadt, die versucht, mit einer groß angelegten Imagekampagne aus dem Schatten Hitlers zu treten.
Tatsächlich fand das rechte Treffen als Tag der Volkstreuen Jugend am 18. März im deutsch-österreichischen Grenzgebiet zwischen Braunau und Passau statt. Zuvor beteiligten sich die Rechten aus unterschiedlichen Ländern an einer Demonstration in Ried im Innkreis, auf der der Kampf gegen Fremde im Mittelpunkt stand. Verantwortlich für Demonstration und Treffen war der 2003 in Linz gegründete Bund Volkstreuer Jugend, der schon in der Vergangenheit mit rassistischen Aktionen hervorgetreten war.
Für die Aktionen wurde auch in Deutschland geworben, u.a. im Störtebeker-Netz und auf der Homepage der NPD-Sachsen. Ob die Rechten in der Lage sind, ihre Pläne für die WM umzusetzen, muss bezweifelt werden. Ihnen geht es vor allem darum, wieder ins Gespräch zu kommen. Schon in der Vergangenheit hatten rechte Gruppen angekündigt, sich an den Protesten gegen die Castortransporte ins Wendland und gegen die Expo in Hannover im Jahr 2000 zu beteiligen. Doch bei den medienwirksam lancierten Ankündigungen blieb es dann auch.