Netanjahu: Israel will auf unbestimmte Zeit Gaza komplett kontrollieren

Seite 2: Operationen ohne Betäubung

Auf der halbierten Fläche könnten dann aber nicht mehr 2,2 Millionen Menschen einigermaßen menschlich versorgt werden und überleben. Zudem liegen in Israel hochrangige Pläne vor, den Gazastreifen komplett zu evakuieren und die Bewohner in Ägypten neu anzusiedeln. Allerdings wird das aus verschiedenen Gründen für kaum durchführbar eingeschätzt.

Israel kontrolliert seit vielen Jahren die humanitäre Versorgung der abgeriegelten Enklave. Nach dem blutigen Überfall des militanten Arms der Hamas am 7. Oktober auf Israel verhinderte Tel Aviv jegliche Versorgung Gazas durch eine Totalblockade.

Seit letzter Woche dürfen nun wieder Lkw mit humanitären Gütern über den Rafah-Übergang eingeführt werden. Die Menge sei aber bei Weitem nicht ausreichend, sagen Hilfsorganisationen.

Vor allem darf weiter kein Benzin eingeführt werden, was vor allem die Krankenhäuser – die mit Generatoren betrieben werden, da die Stromversorgung unterbrochen ist – hart trifft. Sie stehen jetzt kurz davor, zu kollabieren und ihren Betrieb einstellen zu müssen. Die New York Times berichtet, dass Ärzte in Gaza sagen, dass sie begonnen haben, Operationen ohne Betäubung durchführen zu müssen.

Während die Situation in Gaza weiter erodiert und bisher nach Angaben des Gesundheitsministeriums dort über 10.000 Bewohner getötet worden sind, darunter 67 Prozent Kinder und Frauen, schließt Netanjahu im ABC-Interview eine Waffenruhe aus, solange die Hamas die entführten Geiseln nicht freilasse.

Derweil wächst der internationale Druck auf Israel. In Washington D.C. gingen am Samstag 100.000 Menschen auf die Straße, um eine Waffenruhe zu fordern (die Veranstalter sprechen von bis zu 300.000 Teilnehmern). Es war die größte pro-palästinensische Demonstration in der Geschichte der USA.

Die Biden-Regierung hat bereits begonnen, die Tonlage leicht zu ändern. Sie verlangt "humanitäre Pausen" einzulegen, was Netanjahu dann bei ABC ankündigte, umsetzen zu wollen.

Allerdings sind kleine Pausen kaum angetan, wie Hilfsorganisationen betonen, die Situation in irgendeiner Weise zu verbessern. Denn solche Unterbrechungen soll es ja laut Israel schon in den letzten Wochen immer wieder gegeben haben. So sagte der israelische Premierminister: "Was die taktischen kleinen Pausen angeht, eine Stunde hier, eine Stunde da – die hatten wir schon mal."