Neue Himmelskörper in unserem Sonnensystem

Team von Astronomen kann zwölf weitere Monde belegen

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Damit hat Saturn 30 Monde und ist zur Zeit Rekordhalter unter den Planeten unseres Sonnensystems.

Saturn und Monde (NASA)

In der Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature vom 12. Juli veröffentlicht ein internationales Team seine Analysen zu den im vergangenen Jahr gemachten Beobachtungen bisher unbekannter weiterer Monde rund um Saturn. Brett Gladman vom Observatoire de la Cote d'Azur arbeitete mit einem Team aus Frankreich, Kanada, den USA und Norwegen.

Die neuen Monde bewegen sich auf weiten und irregulären Umlaufbahnen, sie sind außerdem sehr klein: der Durchmesser liegt zwischen geschätzten 5 und 40 Kilometern.

Der erste Saturn-Mond "Titan" wurde bereits 1655 von dem holländischen Astronomen Christiaan Huygens entdeckt, sein Kollege aus Paris, Giovanni Domenico Cassini, wies in den folgenden Jahren weitere 4 Monde: "Iapetus", "Rhea", "Tethys" und "Dione". Nach diesen beide Wissenschaftlern ist auch die Cassini/Huygens-Mission (1997-2008 Vgl. Historische Begegnung beim Jupiter) benannt: Raumsonden werden den Saturn umkreisen, die Sonde Huygen wird dann auf der Oberfläche des Mondes "Titan" landen und von dort Daten übermitteln.

Bis 1898 waren die neun größten Monde entdeckt, dann dauerte es bis 1980, bevor wieder ein schlüssiger Beweis vorlag. Die Voyager-Missionen erbrachten den Nachweis weiterer Monde, bis zum Jahr 2000 waren es dann 18 bekannte Trabanten in Umlaufbahnen um den Saturn.

Im vergangenen Jahr schlossen sich dann Astronomen von verschiedenen Observatorien zusammen, um gezielt rund um den Saturn nach Monden zu jagen. Neue Aufnahmetechniken wie großformatige CCDs (charge coupled device) machen es möglich, auch sehr kleine Himmelskörper aufzuspüren. Die digitale Technik der CCD-Bildaufzeichnung (mehr Informationen) zu CCD durch Teleskope bietet die Chance, weite Bereiche zu überwachen. Computerprogramme eröffnen auch neue Möglichkeiten, um sehr schwach Leuchtendes und sich kaum Bewegendes wie winzige Monde zu entdecken.

In einer systematischen Aktion wurde versucht, alle Objekte mit einem Durchmesser von mehr als 4 km zu finden, die um Saturn kreisen. Die gefundenen Monde sind alle "irregulär", d.h. ihre Umlaufbahnen sind im Verhältnis zum Äquator (und Ring) des Planeten sehr geneigt und könnten sehr von der Kreisform abweichen.

Umlaufbahnen der Saturnmonde

Die Riesenplaneten unseres Sonnensystems haben immer reguläre und irreguläre natürliche Satelliten. Die regulären Monde bewegen sich in annähernd runden Bahnen um ihren Planeten, während die irregulären generell kleiner sind und sich auf weiten, exzentrischen oder geneigten Umlaufbahnen befinden. Diese Unterschiede legen nahe, dass die verschiedenen Monde auch auf verschiedene Weise entstanden sind: die regulären Monde aus Akkretionsscheiben rund um den Planeten, d.h. im Verlauf des Entstehungsprozesses des Planeten vor 4,5 Milliarden Jahren, während die irregulären eingefangene Planetesimale sein könnten. Das bedeutet, dass die irregulären Monde in ihrer jetzigen Form erst im System zu kreisen begannen, als die Planeten schon entstanden waren.

In den Monaten nach der ersten Entdeckung widmeten sich die Astronomen der genauen Beobachtung der neuen Himmelskörper. Jede Observation brachte Erkenntnisse wie und in welche Richtung der jeweilige Mond sich auf seiner Umlaufbahn bewegt hatte. Die genaue Messung dieser Positionen erlaubte die Computer basierte Berechnung der Größen und der Formen der Umlaufbahnen um Saturn.

Die neuen Monde haben lange Umlaufzeiten, den Rekord stellt S/2000 S 1 auf, der bis zu 31,2 Millionen km von Saturn entfernt ist.

Von den 12 neu entdeckten Saturn-Monden sind in 4 Gruppen einteilbar, wobei die Richtung der Bewegung und die eingeschlagene Bahn relevant sind. Unterschieden wird grundsätzlich zwischen "retrograd" (Bewegung in die entgegengesetzte Richtung wie die Umlaufbahn des Planeten um die Sonne) und "prograd" (Bewegung in die gleiche Richtung wie die Umlaufbahn des Planeten um die Sonne). Die Bestimmung der Umlaufbahnen ergab die Einteilung in 4 Gruppen: Die erste Gruppe umfasst 4 retrograde Orbits wie den von Phoebe, ein Satellit kreist isoliert und retrograd, während die 7 restlichen in zwei prograden Gruppen unterwegs sind.

Das Forscherteam interpretiert die Ergebnisse als Hinweis, dass die meisten der irregulären Monde Reste von Kollisionen größerer Satelliten sind, die eher nach dem "Einfangen" in den Orbit des Planeten fragmentiert wurden, als individuell eingefangen worden zu sein. Die ursprünglichen "Mondeltern" sind Planetesimale, die mit vorbei fliegenden Kometen oder speziell im Fall von Saturn einem Asteroiden aus einem der nahen Gürtel kollidierten.

Die Forscher sind überzeugt davon, dass die Verteilung der Umlaufbahnen um die großen Planeten unseres Sonnensystems so gedeutet werden muss, dass die meisten der irregulären Monde Bruchstücke von größeren galaktischen Brocken sind, die erst entstanden, als sich der Planet längst geformt hatte. Als Saturn sich formte, war er von einem Kokon von Gas umgeben. Alle Gasgiganten-Planeten haben sehr dichte Atmosphären aus Wasserstoff und Helium in der Form von Methan und Ammonium. Die anderen Planeten hatten keinen solchen Kokon und konnten deshalb auch keine irregulären Monde einfangen. Kleine Objekte, ursprüngliche Bausteine des Sonnensystems, Planetesimale genannt, flogen konstant an den entstehenden Planeten vorbei. Durch Reibung an dem Gaskokon konnten sie in eine Umlaufbahn eingefangen werden, und wenn sie nicht groß genug waren (optimalerweise um 10-100 km), entkamen sie nicht. Einmal in einem Orbit gefangen, wurden die gekaperten Monde seither von Kometen und Asteroiden bombardiert und zerbrachen.

In den letzten Jahren hat sich die Anzahl der entdeckten irregulären Monde rund um die Planeten unseres Sonnensystems stark vermehrt. Jupiter umkreisen inzwischen 28 bekannte natürliche Satelliten, Uranus bereits 21 und Neptun 8. Noch in diesem Jahr werden sicher weitere entdeckt werden.

Der aussichtsreichste Kandidat für neue Rekorde ist Jupiter, darüber sind sich die Mondjäger um Gladman und Douglas Hamilton von der University of Maryland, der den News-Begleitartikel in Nature verfasst hat, einig.

Wer jetzt die Saturn-Monde kreisen sehen will, kann das hier tun.