Neue Mautregeln in Deutschland: Was Autofahrer und Lkw-Betreiber wissen müssen

(Bild: Sabine, Pixabay)

Das Mautsystem in Deutschland ändert sich Ende des Jahres. CO₂-Emissionen sollen stärker berücksichtigt werden. Wer mehr zahlen muss und wer von der Maut ausgenommen ist.

In 24 europäischen Ländern wird eine Pkw-Maut fällig. Dass die unterschiedlichen Mautsysteme auch innerhalb der EU nicht miteinander kompatibel sind und in einigen Ländern sogar eine spezielle Hardware im Fahrzeug installiert werden muss, verwundert kaum.

Deutschland ist mit seiner CSU-induzierten Idee einer speziellen Ausländermaut in der Europäischen Union krachend gescheitert. Außer Spesen nichts gewesen. Allein die Entschädigungszahlungen an die vertraglich vorverpflichteten Betreiber CTS EVENTIM und Kapsch TrafficCom belaufen sich auf 243 Millionen Euro. Dazu kommen die Anwaltshonorare, die vor drei Jahren mit mehreren Millionen beziffert wurden.

Das Desaster war beim letzten Mautstreit zu besichtigen. Damals sollen sich das Bundesverkehrsministerium und die Betreiber fast 14 Jahre vor einem Schiedsgericht gestritten haben. Und die 49 Verhandlungstage sollen den Bund am Ende 253,6 Millionen Euro gekostet haben.

PKWs und Busse sollen in Deutschland weiter geschont werden

Auch im derzeit FDP-geführten Bundesverkehrsministerium will man die CSU-Linie zur Schonung des Individualverkehrs mit Verbrennungsmotoren fortsetzen. Man will den im Inland gemeldeten Autofahrern ihre Freiheiten nicht nehmen und verzichtet sowohl auf eine Pkw-Maut als auch auf ein Tempolimit für Pkw. Dafür schlägt man jetzt bei der seit 2005 eingeführten Lkw-Maut kräftig zu, denn ab dem 1. Dezember 2023 soll auch der CO₂-Ausstoß des Lkw bei der Maut berücksichtigt und bepreist werden.

Dazu werden CO₂-Emissionsklassen als neues Tarifmerkmal eingeführt. Das bedeutet, dass der Mautsatz pro Kilometer künftig auch davon abhängt, wie viel Kohlendioxid ein Fahrzeug ausstößt. Die neue Mautkomponente besteht aus einem Aufschlag von 200 Euro pro Tonne Kohlendioxid. Damit setzen sich die Mautsätze künftig aus vier Kostenteilen zusammen: Infrastrukturkosten, Luftverschmutzung, Lärmbelastung und CO₂-Emissionen.

Mit dieser neuen Systematik setzt Deutschland eine EU-Regelung um. Die Bundesregierung will damit der Tatsache Rechnung tragen, dass Nutzfahrzeuge derzeit ein Drittel der gesamten CO₂-Emissionen im Verkehrssektor verursachen und man sich nicht traut, die restlichen zwei Drittel stärker mit Abgaben zu belasten.

Der aktuelle Gesetzesentwurf dient der Umsetzung der geänderten Eurovignetten-Richtlinie, die im März 2022 in Kraft treten wird. Diese sieht unter anderem eine CO₂-Differenzierung der Lkw-Maut für schwere Nutzfahrzeuge bis spätestens zum 25. März 2024 sowie die Einbeziehung aller Lkw über 3,5 Tonnen (meist als Sprinterklasse bezeichnet) technisch zulässiger Gesamtmasse ab dem 25. März 2027 vor.

Handwerkerfahrzeuge unter 7,5 Tonnen bleiben in Deutschland jedoch weiterhin von der Maut befreit. Auch Fahrzeuge des Schausteller- und Zirkusgewerbes sowie Kraftomnibusse sind weiterhin von der Maut befreit, da sie nicht dem Güterverkehr dienen. Osteuropäische Lkw scheinen sich mit technischen Mitteln faktisch selbst von der Lkw-Maut zu befreien.

Bis zum 31. Dezember 2025 sind auch emissionsfreie Fahrzeuge von der Maut befreit. Ab dem 1. Januar 2026 werden sie einen um 75 Prozent reduzierten Mautteilsatz zahlen für die Wegekosten zuzüglich der Mautteilsätze für Luftverschmutzung und Lärmbelastung. Emissionsfreie Fahrzeuge mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse von bis zu 4,25 Tonnen sollen dauerhaft von der Mautpflicht befreit bleiben.

"Die CO₂-Differenzierung der Lkw-Maut ist eine wichtige Maßnahme für die Minderung der Treibhausgas-Emissionen im Verkehr und für die Erreichung der Klimaschutzziele. Durch die Einführung wird ein Preissignal gesetzt, das die Nutzung von Lkw mit alternativen Antrieben für die Güterverkehrsbranche deutlich attraktiver macht", so die Bundesregierung.

Forderung nach alternativen Antrieben bei LKWs

Die Berücksichtigung des CO₂-Ausstoßes bei der LKW-Maut soll zur Erreichung eines nationalen Ziels beitragen. In sieben Jahren soll ein Drittel der Fahrleistung schwerer Nutzfahrzeuge elektrisch oder mit strombasierten Kraftstoffen erbracht werden.

Flankiert wird die Forderung durch ein neues, deutlich ausgeweitetes Förderprogramm für Nutzfahrzeuge mit alternativen, klimaschonenden Antrieben sowie die dazugehörige Tank- und Ladeinfrastruktur. In diesem Zusammenhang entfällt ab dem 1. Januar 2024 auch die Mautbefreiung für erdgasbetriebene Fahrzeuge (CNG/LNG).

Die Verwendung der Mauteinnahmen wird künftig neu geregelt. Im Gegensatz zu Steuern sind die Mauteinnahmen zweckgebunden und dienen der Verbesserung der Infrastruktur der Bundesfernstraßen. Sie sollen aber auch für Maßnahmen im Mobilitätsbereich mit dem Schwerpunkt Bundesschienenwege eingesetzt werden. Die Infrastruktur der landeseigenen Eisenbahnen soll offenbar kein Geld aus den Mauteinnahmen erhalten.

Die gesteigerte Mautbelastung wird an die Endverbraucher durchgereicht

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr rechnet durch die CO₂-Differenzierung im Bereich der Lkw ab 7,5 Tonnen mit Mehreinnahmen von 26,6 Milliarden Euro in den Jahren 2024 bis 2027. Die Mehreinnahmen durch die Ausweitung der Maut auf Lkw über 3,5 Tonnen sollen sich in den Jahren 2024 bis 2027 auf 3,9 Milliarden Euro belaufen. Davon entfallen 1,8 Mrd. Euro auf die CO₂-Differenzierung.

Dass diese Kosten von den Betreibern der betroffenen Fahrzeuge selbst getragen werden, ist mehr als unwahrscheinlich. Die mit der Mautausweitung beabsichtigte Lenkungswirkung dürfte bis auf weiteres am fehlenden Angebot praxistauglicher emissionsarmer Fahrzeuge, insbesondere in den schweren Fahrzeugklassen, scheitern.

Die Ankündigungen der Hersteller für einen Markthochlauf kommen nach Ansicht des Handelsverbandes Deutschland (HDE) für die Mautanpassung zu spät. Den Unternehmen bleibe daher nichts anderes übrig, als mit dem vorhandenen Fuhrpark die mautbedingten Kostensteigerungen in Kauf zu nehmen und an die Kunden weiterzugeben. Letztlich müssten sie in die Endverbraucherpreise einfließen und die Inflation weiter anheizen.

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