Neuer Höchststand 2022: Fachkräftemangel in Deutschland wird größer
Die Zahl der unbesetzten Stellen erreichte einen neuen Rekord. Gleichzeitig sank auch die Zahl der Auszubildenden. Welche Bereiche vom Mangel an Fachkräften besonders betroffen sind.
Im Kampf gegen den Fachkräftemangel hat die Bundesregierung wenig Glück: Im vergangenen Jahr erreichte er ein neues Rekordniveau, trotz zahlreicher Belastungen der Wirtschaft etwa durch den Krieg in der Ukraine und die hohe Inflation.
Das geht aus einer neuen Untersuchung hervor, deren Ergebnisse das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) am Sonntag vorstellte. Laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) konnten damit im Jahr 2022 rechnerisch mehr als 630.000 offene Stellen für Fachkräfte nicht besetzt werden.
Von den Engpässen betroffen waren in besonderer Weise die Bereiche Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung, sowie in den Bereichen Bau, Architektur, Vermessung und Gebäudetechnik. Rechnerisch konnten hier demnach sechs von zehn offenen Stellen nicht besetzt werden.
Überdurchschnittlich hoch sei der Fachkräftemangel aber auch in den Sparten Naturwissenschaft, Geografie und Informatik gewesen. Bei den kaufmännischen Dienstleistungen, im Warenhandel, Vertrieb und im Bereich Hotel und Tourismus habe sich der Personalengpass fast verdreifacht. Hier konnten drei von zehn Stellen nicht besetzt werden.
Je höher die geforderte Qualifikation sei, desto schwieriger sei es auch, die offene Stelle zu besetzen. Besonders begehrt sind demnach Experten mit Hochschulabschluss in den Bereichen Informatik, Elektrotechnik, Bauplanung und -überwachung. Laut Studie können hier rechnerisch neun von zehn Stellen nicht besetzt werden.
Die Coronapandemie wirkt immer noch nach, und sie könnte den Mangel an Fachkräften in Ausbildungsberufen in den nächsten Jahren verschärfen. Denn junge Menschen entscheiden sich immer seltener für eine Ausbildung.
Am Mittwoch hatte das Statistische Bundesamt entsprechende Zahlen veröffentlicht. Demnach befanden sich Ende vergangenen Jahres nur 1,216 Millionen Personen in einer Ausbildung, was der niedrigste Wert seit der Wiedervereinigung ist.
In der Konsequenz ist das auch eine Folge der staatlichen Maßnahmen in der Coronapandemie. Für viele Schüler war es in den vergangenen Jahren kaum oder gar nicht möglich, Praktika zu absolvieren und Berufe sowie Betriebe kennenzulernen. Es fanden auch kaum Ausbildungsmessen statt.
Ein Rückgang der Zahl der Auszubildenden sei in allen Bereichen zu beobachten, heißt es beim Statistischen Bundesamt weiter. Knapp drei Prozent weniger Männer und Frauen begannen eine Berufsausbildung. Insgesamt seien es 39.500 Personen weniger gewesen.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) warnte deshalb vor gravierenden Folgen. Schon jetzt fehlten 250.000 Fachkräfte im Handwerk, erklärte der Verband laut dpa. Hinzu kämen 30.000 Ausbildungsplätze, die unbesetzt blieben, und bei rund 125.000 Betrieben sei die Nachfolge nicht geklärt.
ZDH-Präsident Jörg Dittrich forderte deshalb ein Umdenken. Die Politik müsse "endlich für eine gleichwertige Behandlung von akademischer und dualer Ausbildung sorgen", sagte er laut dpa. Schließlich sei ein Fachkräftemangel im Handwerk vorprogrammiert, wenn von schrumpfenden Jahrgängen inzwischen rund die Hälfte der jungen Leute ein Studium aufnimmt.
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