Neuer Konkurrent für SpaceX: New Glenn hebt zum Jungfernflug ab

Marcel Kunzmann

Die New Glenn kurz vor dem Start

(Bild: Blue Origin/Youtube)

Start in Cape Canaveral: Neue Schwerlastrakete erfolgreich abgehoben. Gelingt die nächste Landung, könnte Blue Origin die Vormachtstellung von Elon Musks SpaceX herausfordern.

Mit mehrfacher Verzögerung ist die neue Schwerlastrakete New Glenn von Blue Origin am Donnerstag (16. Januar 2025) um 7:03 Uhr mitteleuropäischer Zeit erfolgreich ins All gestartet . Der Jungfernflug mit dem Missionsnamen NG-1 vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida markiert einen wichtigen Etappensieg für die Raumfahrtfirma von Amazon-Gründer Jeff Bezos.

Die nach dem US-Astronauten John Glenn (1921-2016) benannte Rakete ist mit einer Höhe von 100 Metern etwas kleiner als SpaceX'-Starship, jedoch fast so groß wie die Saturn V.

Im Unterschied zum Starship gelang es ihr, direkt beim ersten Versuch erfolgreich Nutzlast in einen mittleren Erdorbit von 19.300 Kilometer Höhe zu befördern, der etwa anderthalb Stunden nach dem Start erreicht wurde.

Allerdings gingen dem Vorhaben auch zehn Jahre Entwicklungszeit voraus. "Ich bin unglaublich stolz, dass New Glenn beim ersten Versuch die Umlaufbahn erreicht hat", sagte Blue Origin CEO Dave Limp.

Landung der Erststufe gescheitert

Wie beim Konkurrenten SpaceX soll auch die Erststufe von New Glenn nach der Trennung von der Oberstufe landen und wiederverwendbar sein, um Startkosten zu senken. Dies gelang Blue Origin jedoch noch nicht. "Wir haben den Booster beim Abstieg verloren", teilte das Unternehmen mit.

Die Landung gleich beim ersten Testflug sei "ein sehr ehrgeiziges Ziel" gewesen, so Limp. "Wir werden heute viel lernen und es bei unserem nächsten Start im Frühjahr erneut versuchen." Dem Konkurrenten SpaceX glückte diese Strategie mit seiner Trägerrakete Falcon 9 bereits hunderte Male.

Die New Glenn besteht aus zwei Stufen. Die untere Stufe ist für einen Großteil des Antriebs verantwortlich und sollte zur Erdoberfläche zurückkehren und unbeschadet landen. Die Oberstufe beinhaltet die Nutzlast.

Nutzlastkapazität von bis zu 45 Tonnen

New Glenn kann bis zu 45 Tonnen Nutzlast in eine niedrige Erdumlaufbahn befördern. Zum Vergleich: Die Falcon Heavy von SpaceX schafft 64 Tonnen, die europäische Ariane 6 maximal 22 Tonnen.

An Bord hatte New Glenn den Prototypen eines neuen militärischen Raumfahrzeugs names Blue Ring Pathfinder. Dessen Kommunikations- und Energiesystem sollten für die US-Verteidigungsinnovationseinheit (DIU) getestet werden, was laut Blue Origin auch gelang.

Der "Raumschlepper" Blue Ring verfügt über eine eigene Energieversorgung und Antrieb. Er soll künftig dabei helfen, Satelliten und Nutzlasten auf ihre Umlaufbahn zu bringen oder zu betanken.

Konkurrenz für SpaceX

Mit der neuen Schwerlastrakete will sich Blue Origin als Logistikdienstleister in der Erdumlaufbahn etablieren und die Vormachtstellung von Elon Musks SpaceX herausfordern. Das Unternehmen hat dafür bereits mehrere Deals mit Kunden abgeschlossen, darunter auch mit der NASA.

Auch für eigene Projekte wie die geplante Raumstation Orbital Reef soll New Glenn als Kurier dienen. Zudem plant Blue Origin, mit der Rakete über 3.000 Satelliten des Amazon-Projekts Kuiper für ein Weltraum-Internetnetzwerk in die Umlaufbahn zu bringen, ähnlich dem Starlink-Netzwerk von SpaceX.

Um mit der Raketenflotte von SpaceX mitzuhalten, kommt es auf den Preis pro Kilogramm Fracht an. Dieser ergibt sich aus den Startkosten und der Nutzlast. Was ein New Glenn-Start kostet, hat Blue Origin noch nicht bekannt gegeben. Die Falcon Heavy von SpaceX ist nur bis 30 Tonnen Nutzlast wiederverwendbar, darüber hinaus steigen die Startkosten.

Genau wie Blue Origin musste auch SpaceX einen für Freitag geplanten Start seines Starship-Prototyps mehrfach verschieben, zuletzt auf Donnerstag. Mit dem Starship testet SpaceX eine Schwerlastrakete mit bis zu 250 Tonnen Nutzlast, bei der beide Stufen wiederverwendbar sein sollen.

Für dieses Jahr plant SpaceX laut Elon Musk über 150 Starts, für New Glenn sind gerade einmal zehn angedacht. Um die SpaceX-Dominanz zu brechen, muss sich Blue Origin also noch steigern. Der gelungene Jungfernflug war dafür ein erster wichtiger Schritt.