Neuer Nikotin-Trend bei Jugendlichen: Krankenkasse warnt vor extremer Suchtgefahr
Illegale Nikotinbeutel an Schulen weit verbreitet. Nervengift wird über Mundschleimhaut aufgenommen. Konsumenten könnten später starke Raucher werden.
Nikotinbeutel erfreuen sich wachsender Beliebtheit an deutschen Schulen: Sie sind nur wenige Zentimeter groß, bestehen meist aus Zellulose und enthalten ein Pulver aus Nikotinsalzen und Trägerstoffen. Sie werden zwischen Oberlippe und Zahnfleisch geklemmt. Das auch in Zigaretten enthaltene Nervengift wird dabei über die Mundschleimhaut aufgenommen.
Legal sind sie in Deutschland nicht – über das Internet und in bestimmten Läden aber dennoch leicht erhältlich. Wegen fehlender Kontrollen seien sie oft sogar in Tabakläden, Kiosken oder Tankstellen erhältlich, kritisieren Suchtberater.
Lesen Sie auch:
Raucher-Paradies Deutschland: Wo Zigaretten noch erschwinglich bleiben
Die meisten Zigarettenstummel landen in der Natur
Bevormundung und pauschales Misstrauen: Wie wir uns den Fortschritt verbauen
Aromen in Tabakerhitzer: Was taugt das Verbot?
Ungleichheit und Volksgesundheit: Es ist mehr Prävention nötig
Etwa jeder siebte Schüler im Alter von 16 und 17 Jahren hat nach Angaben der Krankenkasse DAK-Gesundheit schon einmal Nikotinbeutel ausprobiert. Bei Jungen sei der Konsum höher als bei Mädchen, informierte die DAK am Mittwoch. DAK-Vorstandschef Andreas Storm fordert diesbezüglich mehr Kontrollen, nicht zuletzt von Online-Shops, um Kinder und Jugendliche zu schützen.
Nikotinsucht manifestiert sich in jungen Jahren
"Nikotinbeutel sind gefährlich und können abhängig machen", betont Storm. "Wichtig ist auch die Aufklärung der Eltern und Lehrkräfte über die gesundheitlichen Risiken von Nikotinprodukten."
Das Abhängigkeitspotenzial von Nikotin sei grundsätzlich "extrem hoch", gerade für Heranwachsende sei die suchtauslösende Wirkung von hochdosierten Nikotinbeuteln aber "brandgefährlich", sagt Professor Reiner Hanewinkel, der den DAK-Präventionsradar wissenschaftlich umsetzt.
Illegal und leicht erhältlich: Nikotinbeutel mit und ohne Tabak
"Je früher eine Nikotinsucht entsteht, desto eher verfestigt sie sich in späteren Lebensjahren – mit allen gravierenden negativen gesundheitlichen Folgen."
Die tabakhaltige Variante der Nikotinbeutel, auch "Pouches" genannt, heißt Snus. Ihr Verkauf ist in der gesamten EU, mit Ausnahme von Schweden verboten. Die tabakfreien Nikotinbeutel fallen in Deutschland unter das Lebensmittelrecht und sind ebenfalls nicht erlaubt.
Jugendliche mit niedrigem sozialen Status greifen laut DAK-Präventionsradar eher zu den Tütchen als bessergestellte Gleichaltrige. An Gymnasien sind Nikotinbeutel demnach weniger verbreitet als in anderen Schulformen.
Rauchen: Auch diese Art der Nikotinaufnahme nimmt wieder zu
Die Studie ergab außerdem, dass fast alle Kinder und Jugendlichen, die schon einmal Nikotinbeutel konsumiert hatten, auch mit anderen nikotinhaltigen Produkten wie Zigaretten, E-Zigaretten oder Wasserpfeifen experimentiert hatten. Ab einem Alter von 13 Jahren nimmt dieser Mischkonsum deutlich zu.
Der Zigarettenkonsum unter Jugendlichen hatte seit der Jahrtausendwende zunächst abgenommen, stieg aber im Jahr 2022 sprunghaft an. Der Anteil der rauchenden 14- bis 17-Jährigen hatte 2021 bei nur 8,7 Prozent gelegen, 2022 erreichte er 15,9 Prozent dieser Altersgruppe. Im Jahr 2001 hatten allerdings noch 28 Prozent der 12- bis 17-Jährigen Zigaretten konsumiert.