Neues Kühlmaterial macht Rechenzentren sparsamer
Die Kühlung von Rechenzentren verschlingt fast die Hälfte des Stromverbrauchs. Ein neues Hightech-Material könnte das ändern.
Der weltweite Siegeszug der Künstlichen Intelligenz (KI) hat gravierende Auswirkungen auf den Energieverbrauch. Nach Schätzungen von Goldman Sachs könnte der Strombedarf von Rechenzentren bis 2030 um 160 Prozent steigen. Allein KI-Anwendungen könnten zwischen 2023 und 2030 einen zusätzlichen Verbrauch von 200 Terawattstunden pro Jahr verursachen.
Schon heute ächzen die Stromnetze vielerorts unter der Last. Der KI-Boom stellt das Stromnetz, "das bereits an seine Kapazitätsgrenzen stößt oder mit Stabilitätsproblemen zu kämpfen hat, vor noch größere Herausforderungen als zuvor", warnt Ayse Coskun, Professorin für Elektrotechnik an der Boston University.
Kühlung verschlingt 40 Prozent des Strombedarfs
Ein großes Problem ist die Kühlung der Rechenzentren. Rund 40 Prozent des Energiebedarfs – etwa acht Terawattstunden pro Jahr – entfallen allein darauf, die Anlagen vor Überhitzung zu schützen, heißt es bei der University of Texas. Bisher werden dafür vorwiegend energieintensive Lösungen wie Ventilatoren und Flüssigkeitskühlung eingesetzt.
Forscher der University of Texas in Austin und der Sichuan University in China haben nun ein neuartiges Kühlmaterial entwickelt, das den Energiebedarf drastisch senken könnte. Es handelt sich um ein "organisches thermisches Grenzflächenmaterial" (TIM), eine kolloidale Mischung aus dem flüssigen Metall Galinstan und Aluminiumnitrid-Partikeln. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Nature Nanotechnology veröffentlicht.
Neues Material verdoppelt Wärmeableitung
In einem Labortest konnte TIM im Vergleich zu einer marktführenden Wärmeleitpaste die Wärmemenge, die pro Quadratzentimeter eines elektronischen Bauteils sicher abgeführt werden kann, verdoppeln – bei gleichzeitiger Senkung der Gesamttemperatur. Die Forscher schätzen, dass der Kühlungsbedarf von Rechenzentren dadurch um dreizehn Prozent gesenkt werden könnte.
"Dieser Durchbruch bringt uns näher an die von der Theorie vorhergesagte ideale Leistung und ermöglicht nachhaltigere Kühllösungen für Elektronik im Kilowattbereich", sagt Kai Wu von der Sichuan University. Das Material könnte eine nachhaltige Kühlung in energieintensiven Anwendungen ermöglichen, von Rechenzentren bis hin zur Raumfahrt.
Viele Herausforderungen bleiben
Doch Entwicklung allein wird nicht ausreichen, um die wachsenden Herausforderungen zu meistern. Effizientere Hardware, neue Chiptechnologien und eine flexiblere Steuerung des Stromverbrauchs sind ebenfalls notwendig, um den Energiehunger der KI nachhaltig zu stillen, mahnen die Experten.
Auch der Ausbau erneuerbarer Energien und der Stromnetze muss mit dem Wachstum der Rechenzentren Schritt halten. Sonst drohen Versorgungsengpässe und ein Rückschlag für die Dekarbonisierungsziele – gerade in Regionen, die zu Hotspots der Digitalisierung geworden sind.