Neues Rohöl bringt PCK-Raffinerie in Schwedt in Schwierigkeiten

Bernd Müller

Bild: © PCK Raffinerie GmbH

Aus verschiedenen Quellen kommt Rohöl, aber Verarbeitung birgt neue Probleme. Rosneft begehrt vor Gericht Kontrolle über Raffinerie zurück. Präzedenzfall mit Wirkung auch auf Gazprom.

Von einem industriellen Standbein Ostdeutschlands zu einem Problemfall – so könnte man die Entwicklung der PCK-Raffinerie in Schwedt beschreiben, die sie seit Anfang des Jahres durchläuft. Nach vielen Versprechen und Erklärungen der Bundesregierung ist ihr wirtschaftliches Überleben und ihre weitere Zukunft ungewiss.

Am Mittwoch war sie Gegenstand eines Fachgesprächs im Bundestag, zu dem der Ausschuss für Klimaschutz und Energie eingeladen hatten. Dabei wurde viel über "Transformation" und grüne Kraftstoffe gesprochen – Themen, die zweifelsohne in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen werden.

Für die PCK-Raffinerie gilt dies unter einem Vorbehalt: Wenn sie bis dahin wirtschaftlich überleben sollte. Zuletzt arbeitete sie mit einer Auslastung von weniger als 60 Prozent, was an einem wirtschaftlichen Betrieb zweifeln lässt. Und eine Transformation ist nur dann möglich, wenn die dafür benötigten Gelder erwirtschaftet werden können.

Einen Lichtblick gibt es aber: Zum zweiten Mal ist ein Tanker mit Rohöl für die Raffinerie im Hafen von Danzig entladen worden. Am Dienstag hatte das Schiff im Auftrag des PCK-Anteilseigners Shell auf diesem Weg Rohöl angeliefert, meldete der RBB. Zudem ist eine Probelieferung von Rohöl aus Kasachstan auf dem Weg.

Doch Öl ist nicht gleich Öl, wurde bei dem Fachgespräch am Mittwoch deutlich. Und trotz steigender Verfügbarkeit von Rohöl, kann der Betrieb der Anlage gestört sein, etwa weil sie nur auf eine bestimmte Ölsorte eingestellt ist. Das ist bei der PCK-Raffinerie der Fall, wie Johannes Bremer, Geschäftsführer von Rosneft Deutschland, ausführte.

Der freiwillige Verzicht auf russisches Rohöl hat dazu geführt, dass die Raffinerie mit Rohöl aus verschiedenen Quellen beliefert wird. Dieses Gemisch stelle den Betrieb vor "echte Schwierigkeiten", sagte Bremer.

Ein Grund dafür sei der Schwefelgehalt des Rohöls. Bei den russischen Lieferungen hatte er bei 1,8 Prozent gelegen, nun liege er nur noch bei 0,5 Prozent. Als Folge daraus könnten vorgeschriebene Emissionswerte nicht mehr eingehalten werden. Man habe das Mitte Februar den zuständigen Behörden mitgeteilt, erklärte Bremer.

Es könnten bestimmte Zwischenprodukte nicht erzeugt werden, die in den Anlagen der Diesel- und Benzinproduktion benötigt werden. Es fehlen auch der sogenannte Rohöl-Rückstand, der für das Kraftwerk im PCK wichtig ist. An diesem Kraftwerk hänge sowohl die Strom- als auch die Dampfversorgung des Standorts sowie die Wärmeversorgung von Schwedt.

Aktuell lasse sich in Schwedt auch kein Bitumen produzieren, weil dem Rohöl die dafür nötige Qualität fehle, so Bremer weiter. In der Vergangenheit deckte die PCK-Raffinerie etwa ein Drittel des Bedarfs im deutschen Straßenbau.

Im schlimmsten Fall kann ein regionaler Mangel entstehen, wenn kein Bitumen produziert werden kann. Bremer betonte, dass Bitumen nur regional verwendet werden könne. Es sei nicht möglich, es quer durch die Republik zu fahren.

Die Landrätin der Uckermark, Karina Dörk (CDU), unterstrich noch einmal die wirtschaftliche Bedeutung der Raffinerie für die Region. Sie stellte aber auch klar, dass eine Transformation des Betriebs Zeit benötige, die von der Bundesregierung nicht gewährt werde. In der Region sei deshalb der Eindruck entstanden, hier solle ein Exempel statuiert werden. Noch immer könnten keine relevanten Lieferverträge präsentiert werden.

Kampf um die Eigentümerstruktur

Andere Teilnehmer des Fachgesprächs forderten von der Bundesregierung, dass sie die Eigentümerstruktur endlich klärt und Ruhe in das Unternehmen hineinbringt. Nur so könnten Investitionen angezogen werden, die für die Transformation dringend benötigt würden.

Die Linken im Landtag von Brandenburg hatten in den vergangenen Monaten den Vorschlag geäußert, dass der Bund und das Land Brandenburg als Gesellschafter bei der Raffinerie einsteigen. Im Landtag fand die Idee aber nur wenig Unterstützung.

Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) etwa sprach sich dagegen aus. Eine Landesbeteiligung sei ein Irrweg und viel zu riskant. Im Ernstfall würden die Risiken damit auf die Steuerzahler abgewälzt, sagte sie. Klare Worte – aber auch ein Bekenntnis: Die wirtschaftliche Zukunft der Raffinerie ist alles andere als sicher.

Es bleibt zudem die Frage, ob die Eigentümerstruktur in naher Zukunft überhaupt grundlegend geändert werden kann. Die Bundesregierung hatte die deutsche Tochter des Mehrheitseigners Rosneft unter Treuhandverwaltung durch die Bundesnetzagentur gestellt. Rosneft begehrt allerdings die Kontrolle über die Raffinerie zurück.

Vergangene Woche wurde ein entsprechendes Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht eingeleitet. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte beantragt, die Klage abzuweisen, und argumentierte damit, dass sie verhindern wollte, dass Rosneft Kapital aus Deutschland abziehen könnte.

Vertreter von Rosneft betonten dagegen, dass die Erlöse im Raffinerie-Geschäft 2022 so hoch gewesen seien, dass selbst ein Abzug von Kapital aus Deutschland die PCK-Raffinerie nicht gefährdet hätte. Nach Angaben der Märkischen Oderzeitung (MOZ) sollen die Erlöse von Rosneft mehr als eine Milliarde Euro betragen haben – ein Mehrfaches dessen, was in den Vorjahren üblich gewesen sei.

Der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts entschied letzte Woche, dass die Möglichkeit bestehe, dass verschiedene Rechte von Rosneft durch die Treuhandschaft beeinträchtigt wurden. Dass das Verfahren überhaupt eröffnet und nicht abgewiesen wurde, kann schon als eine Klatsche für die Bundesregierung angesehen werden.

In dem Verfahren geht es aber um mehr als nur die Anteile von Rosneft: Der Prozess schafft einen Präzedenzfall, durch den auch die Treuhandverwaltung von Gazprom Germania wieder auf den Prüfstand gestellt werden könnte. Kommende Woche wird der Prozess fortgesetzt.