Nicht nur Wahlcomputer können gehackt werden

Wie man mit Wetten reich werden kann. So lange man sich nicht erwischen lässt.

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Dass es bei Pferdewetten nicht immer mit rechten Dingen zugeht und die Pferde, die ja den Reitern gehorchen, mitunter in vorbestimmter und -bezahlter Reihenfolge ins Ziel einlaufen, ist bekannt. Dass das Ergebnis von Fußballspielen durchaus auch nicht nur von der Verschlafenheit der Spieler und der Unfähigkeit des Trainers abhängt – die zwei Hauptbeschimpfungsobjekte gestandener Fußballfans –, ist dagegen eine neue Erkenntnis. Aber vielleicht wird ja nun angesichts der Vogelgrippe-Hysterie die Fußball-WM in München abgesagt und das geplante Ergebnis einfach so bekannt gegeben? Nach einer letzten Bieterrunde, versteht sich…

Als Georges Pompidou, einst französischer Präsident, meinte:

Ein Ruin kann drei Ursachen haben: Frauen, Wetten oder die Befragung von Fachleuten.

gab es noch keine passende Computertechnik. Ganz bestimmt gab es auch noch keine passenden Fachleute.

Wie sonst ist es zu erklären, dass in Griechenland einige besonders fachkundige Wetter es teilweise mit Hilfe ihrer Frauen geschafft haben, mit Wetten reich zu werden?

Regel 1: Man braucht keine Schiedsrichter

Anders als im deutschen Wettskandal um den Schiedsrichter Hoyzer werden keine Referees benötigt. Der mittlerweile verurteilte Ex-Bundesligaschiedsrichter hatte zusammen oder im Auftrag einiger Kumpane das Ergebnis von Fußballspielen beeinflusst. Hoyzer, zu dessen Ehren auch ein MP3-Song oder Klingelton verkauft wird, zeigte sich den Ermittlungsbehörden gegenüber teilweise geständig. So geständig, dass auch Fußballverbände anderer Staaten mittlerweile fündig wurden.

In Belgien hat der Drahtzieher des Fußballskandals in Anlehnung an Pompidou Frauen zur Bestechung der Fachleute, sprich Fußballspieler und Schiedsrichter, eingesetzt. Unter anderem löste auch ein UEFA-Cup-Spiel mit griechischer Beteiligung Verdacht aus. Zu seltsam war das Ergebnis, und zu zufällig erschien es, dass es tatsächlich Wetter gab, die dieses Ergebnis, den Halbzeitstand und die Torflut vorausgesehen hatten. Selbst die Anzahl der in der Nachspielzeit gefallenen Tore wurde richtig vorausgesehen.

Deckte die manipulierten Fußballwetten in Griechenland auf: Liana Kanelli. Bild: K.W. Aswestopoulos

Das Spiel an sich war aber vollkommen belanglos für das Fortkommen der Mannschaften im UEFA-Cup. Das war nicht nur für Fans, sondern auch für die UEFA selbst höchst unglaubwürdig.

Im Rahmen ihrer Ermittlungen fanden griechische Behörden schließlich eine Reihe glücklicher Wetter, 1.200 an der Zahl, die in den Jahren 2000 bis 2004 jeweils Beträge über 100.000 Euro gewonnen hatten. Die Ermittler stellten fest, dass die Wetter entweder eine neue Pythia für das Orakel von Delphi gefunden oder aber ein unwahrscheinlich gutes Gespür für Zufälle hatten. Denn bei den betreffenden Wetten geht es vor allem darum, eine Reihe von Ergebnissen richtig voraus zu sagen. Dabei werden die ursprünglichen Wetteinsätze mit dem jeweiligen Unwahrscheinlichkeitskoeffizienten der Ergebnisse multipliziert. Je unwahrscheinlicher das Ergebnis, umso höher der Koeffizient.

Die griechische Presse berichtete bereits 2005 über diese seltsame Häufung von Gewinnern, sowie über Spekulationen über die Hintermänner). Bis heute konnte jedoch kein stichhaltiger Anhaltspunkt für eine Beweisführung entdeckt werden, obwohl eine Vielzahl von Indizien vorlagen.

Regel 2: Man braucht Ehefrauen oder Fachleute

Unter den teilweise nicht mehr ganz so glücklichen Gewinnern befinden sich Fußballer, Schiedsrichter, Vereinsbosse, Fanklubbeauftragte, Drogenhändler sowie die Ehefrau eines leitenden Mitarbeiters und Ex-Aktionärs der für die Technik der Fußballwetten zuständigen Firma Intralot.

Die Ehefrau von George Salonikis, Frau Stamatia, hat gemäß den Listen des staatlichen Lotterieunternehmens Griechenlands OPAP ungefähr 12,7 Millionen Euro durch Fußballwetten gewonnen. Stamatia war eine solch gute Fußballexpertin, dass sie allein in zwei Jahren 11 Millionen Euro erspielen konnte.

Zu Anfang wurde von den Medien spekuliert, dass die von der staatlichen Lotteriebehörde herausgegebenen Wettscheine der Geldwäsche dienen könnten.

Regel 3: Man braucht ein gutes Gespür für die Öffentlichkeitsarbeit

Pressemeldungen deutscher Medien, die über den Verdacht der Geldwäsche in Zusammenhang mit dem Großaktionär und Firmenleiter der Muttergesellschaft von Intralot, Intracom, Sokratis Kokkalis berichteten und dessen Funktion als Fußballfunktionär betonten, wurden allerdings mit Gegendarstellungen bedacht.

Sokratis Kokkalis ist in der Tat, eine interessante Person, leitet er doch neben Intracom und dem Fußballverein Olympiakos Piräus auch Unternehmen im Medienbereich. Die angesprochene Gegendarstellung, die sich gegen eine nicht mehr online stehende Veröffentlichung von „Die Welt“ richtet, ist allerdings sehr vorsichtig verfasst. Kokkalis wurde in dem Welt-Artikel vorgeworfen, dass er im Verdacht des Landesverrats, Embargohandels, Betrugs und der Geldwäsche stünde und dass Georgios Salonikis ein Mitarbeiter seiner Firma sei. Kokkalis bestreitet in seiner Gegendarstellung lediglich die Behauptung der Anklage wegen Geldwäsche und wegen des OPAP-Wettskandals. Er stellt weiterhin fest, dass Salonikis aktuell nicht mehr bei ihm beschäftigt ist. Die Ermittlungen gegen ihn hinsichtlich des Landesverrats sind allerdings Tatsache.

Die Konzentration der Presse auf die Person Kokkalis und den unter dem Verdacht des Drogenhandels stehenden Wettgewinner Alexandros Angelopoulos brachte die ermittelnden Journalisten und Staatsanwälte offenbar auf eine falsche Fährte. Ursprünglich wurde angenommen, dass die Wettgewinnbestätigungen durch das Lotterieunternehmen OPAP lediglich pro forma ausgestellt wurden. Es bestand also der Verdacht, dass OPAP sich auf diese Weise der Beihilfe zur Geldwäsche schuldig gemacht hätte.

Regel 4: Vorsicht vor Journalisten, die sehen, was die Staatsanwaltschaft übersieht

Eine neue Dimension erhält der Fall durch die am 21. Februar 2006 im griechischen Parlament von der Abgeordneten Liana Kanelli vorgetragenen Vorwürfe. Die renommierte Rechtsanwältin und Journalistin Liana Kanelli legte Dokumente vor, die sich auf intensive journalistische Recherchen stützen. Demnach haben einige Wettkönige ihre Wettscheine erst nach Beendigung der jeweiligen Fußballspiele abgegeben. Die Wetten der fraglichen Gewinnscheine beziehen sich auf ausländische Spiele, deren Ergebnisse sekundenschnell nach dem Schlusspfiff vorlagen. Durch eine Hintertür in der Wettscheinregistrierungssoftware der Firma Intralot sollen die fraglichen Wettscheine vordatiert worden sein.

Auf die Fährte der manipulierten Software kamen die investigativen Journalisten um Liana Kanelli durch den jüngsten griechischen Abhörskandal. Auch hier wurde Backdoorsoftware eingesetzt, und auch hier war die Firma Intracom in den Skandal mittelbar involviert. Kanelli hat die Untersuchungsergebnisse während einer im griechischen Fernsehen übertragenen Parlamentssitzung an den Parlamentspräsidenten überreicht und gleichzeitig um Polizeischutz für sich und die beteiligten Journalisten gebeten.

Diese Vorgehensweise ist deshalb bemerkenswert, da sie über die Zeitschrift Nemesis verfügt. Sie hätte damit durchaus die Verkaufszahlen der Zeitschrift steigern können. Der Polizeischutz ist allerdings erforderlich, denn Journalisten, die in einem griechischen Sportskandal ermitteln, leben gefährlich.

Regel 5: Man darf sich nicht erwischen lassen

Angesichts der internationalen Skandalserie um Sportwetten stellt sich die Frage, ob die entdeckten Wettschiebungen nur die Spitze eines Eisbergs sind. Offenbar verfügen Wettbetrüger auch über weniger Aufsehen erregende Methoden als die Schiedsrichterbestechung.

Da das Geld am Ende aber doch über das Wettbüro ausgezahlt wird, können zumindest über diesen Weg viele Betrüger gefasst werden. Offenbar sollte statt einer Vorratsspeicherung von Internetdaten lieber eine namentliche Registrierung von Wettbietern eingeführt werden. Denn unter den tatsächlich glücklichen Gewinnern des griechischen Sportwettenskandals befinden sich all jene, die einen falschen Namen angegeben hatten.

Regel 6: Pompidou hat doch recht

Es sei denn, man hat Fachleute, die den Server der Wettannahmestelle manipulieren können…