Nimmt KI den Jungen die Chance zum Berufseinstieg?

Marcus Schwarzbach
Kopf mit KI-Gehirn frisst Daten

KI übernimmt Routineaufgaben und erschwert so den Jobeinstieg für junge Menschen. Neue Wege zur Kompetenzentwicklung sind gefragt.

Der Begriff "digital natives" verunsichert viele ältere Beschäftigte. Denn danach sind junge Menschen von klein auf mit neuer Technik vertraut. Die Sorge, mit Neuerungen nicht mithalten zu können, treibt viele um. Untersuchungen zeigen, dass Probleme durch Künstliche Intelligenz (KI) nicht vom Alter abhängig sind.

Die neue Deloitte-Studie "Global Human Capital Trends 2025" zeigt aktuelle Trends. 52 Prozent der befragten Führungskräfte bewerten demnach die Zusammenarbeit von Menschen und KI als entscheidend für den künftigen Unternehmenserfolg.

Bei der Studie wurden fast 13.000 Führungskräfte aus 93 Ländern befragt. Die Ergebnisse geben einen Einblick in den Wandel der Berufswelt. Eine große Rolle spielt dabei KI. 66 Prozent der Verantwortlichen sagen, dass junge Talente unzureichend qualifiziert sind, was vor allem auf fehlende Fertigkeiten zurückzuführen ist.

KI erschwert den Weg ins Berufsleben

KI verändert die Arbeitsstruktur. Denn auch bei der Wissensarbeit übernimmt KI Routineaufgaben, die bisher für Berufseinsteiger vorgesehen waren. Einfache Aufgaben boten die Chance, Erfahrungen zu sammeln.

Dadurch verschwinden die gewohnten Möglichkeiten, sich mit Learning by Doing in den neuen Job einzuarbeiten. 73 Prozent der Führungskräfte und 72 Prozent der Mitarbeitenden fordern, neue Wege zu finden, um die Anforderungen von Unternehmen und die Möglichkeiten zur Kompetenzentwicklung in Einklang zu bringen.

Deloitte

Veränderungen gibt es auch bei Verwaltungsaufgaben. KI soll bei Routineaufgaben entlasten, indem etwa bei Prüfaufträgen Software nur noch nach Auffälligkeiten sucht. Die können Anträge bei Versicherungsschäden sein. Besonders problematisch wird der Technik-Einsatz, wenn sich die Arbeitenden auf KI-Ergebnisse blind verlassen und so Verzerrungen, die bei KI ein großes Problem sind, nicht erkennen.

In ein Suchprogramm können Annahmen einfließen, die falsch sind. Auch sparen viele Unternehmen bei der Qualifizierung. Nur geschulte KI-Nutzer können Risiken einschätzen. Doch in der Praxis geschieht wenig; die Überzahl der Firmen überlässt das Lernen dem Zufall oder persönlichen Initiativen.

Kritik an KI-Darstellung in den Medien

Wie die KI-Einführung in der Öffentlichkeit dargestellt wird, hat ein Team der Hochschule Magdeburg-Stendal analysiert. Über 2.000 Medienbeiträge aus neun Leitmedien wurden ausgewertet.

Die Studie der gewerkschaftlichen Otto-Brenner-Stiftung zeigt, dass die Berichterstattung stark von wirtschaftlichen Perspektiven, meist durch Unternehmen der KI-Branche, geprägt ist. Fragen sozialer Gerechtigkeit, auch Diskussionen, wie Beschäftigte von den Produktivitätsfortschritten – etwa durch Arbeitszeitverkürzung – profitieren könnten, fehlen in der Regel.

Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz werden teilweise als unausweichlich dargestellt. Wirtschaftlich motivierte Entscheidungen der Verantwortlichen, die diese Entwicklungen ermöglichen, werden selten hinterfragt.

Peter Kann (Studienautor)

KI wird nicht als Technologie dargestellt, die politisch gestaltbar ist. Soziale Auswirkungen von KI werden zwar erwähnt, "aber meist nur oberflächlich oder stichwortartig", so Mitautorin Lina Brink. Lösungsvorschläge zur Beseitigung sozialer Ungleichheiten werden kaum diskutiert. Am häufigsten wird die Ersetzung menschlicher Arbeitskräfte durch KI thematisiert.

In den untersuchten Medien dominieren Themen wie Produkteinführungen, Personalien, Unternehmensentscheidungen und Marktentwicklungen.

Elke Grittmann (Studienautorin)

Die neue Bundesregierung will KI fördern

Das ist auch im Interesse der neuen Bundesregierung. Denn sie verspricht, KI zu fördern. Forderungen zum Datenschutz lassen deshalb aufhorchen. Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD sieht eine "Bündelung der Zuständigkeiten und Kompetenzen bei der Beauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit" vor.

Das schürt Sorgen vor einer Zentralisierung, denn der Schutz der Daten ist derzeit zu einem großen Teil Ländersache. Für den Großteil der Privatwirtschaft – von Banken über Handel bis zur Industrie – sind die Landesdatenschutzbehörden zuständig.

Eine Zentralisierung erleichtert politische Einflussnahme, was gerade bei der anstehenden Auslegung der EU-KI-Verordnung bedeutsam werden kann. Die EU-KI-Verordnung soll "innovationsfreundlich und bürokratiearm" umgesetzt werden, verspricht der Koalitionsvertrag.

Der Draghi-Report vom Herbst 2024 beklagt eine europäische Innovationslücke zu den USA und China und sieht eine Ursache in den derzeitigen Regelungen. Einfachere Verfahren sollen Europas Konzernen helfen, so die Forderung des Berichts.

Auch von US-Unternehmen und der Trump-Administration wird Datenschutz für Kunden und Beschäftigte hierzulande als Hindernis zur Profitsteigerung gesehen.