Nipah-Virus in Indien: Erleben wir gerade den Beginn einer neuen globalen Pandemie?

Nipah-Viren in einer Liquorprobe. Bild: CDC/ C. S. Goldsmith, P. E. Rollin

Schulen und Behörden im Süden des Landes geschlossen. So hat es mit Corona auch begonnen. Was kommt da auf uns zu?

Nachdem in Indien mindestens zwei Menschen nach Infektionen mit dem Nipah-Virus gestorben sind, haben die Behörden im südindischen Bundesstaat Kerala Schulen und Büros geschlossen. Die Bevölkerung wurde angewiesen, zu Hause zu bleiben.

Am Freitag gaben die Behörden bekannt, bei weiteren vier Personen sei eine Infektion mit dem Erreger bestätigt worden. Daraufhin wurden mehrere Hundert Kontaktpersonen ebenfalls auf das Virus getestet.

Nun warten die Gesundheitsbehörden auf die Resultate. Gesundheitsministerin Veena George sagte im örtlichen Fernsehsender NDTV, man wolle aktiv Fälle suchen, um eine Ausweitung des Virus zu verhindern.

Das Nipah-Virus ist eine akute fiebrige Erkrankung, die zu tödlicher Enzephalitis führen kann. Es handelt sich um ein neu auftretendes zoonotisches Paramyxovirus, das in Südostasien und im westlichen Pazifik endemisch ist und von seinem Hauptreservoir, den Flughunden, über tierische Zwischenwirte und von Mensch zu Mensch übertragen werden kann.

Ausbrüche der Nipah-Virus-Enzephalitis sind in Malaysia, Singapur, den Philippinen, Indien und Bangladesch aufgetreten, der jüngste Ausbruch ereignete sich Ende 2021 in Kerala, Indien. Bei diesen Infektionswellen wurde eine extrem hohe Sterblichkeitsrate festgestellt. Zudem gibt es bis heute weder Impfstoffe noch therapeutische Behandlungsmöglichkeiten.

Bei der Diagnose kommt erschwerend hinzu, dass die Symptome einer Nipah-Virus-Enzephalitis oft unspezifisch sind. Fachärzte plädierend daher vor allem bei Patienten, die aus endemischen Regionen zurückkehren, für erhöhte Aufmerksamkeit, das betrifft die Sensibilisierung für die Epidemiologie, das klinische Bild und die Risikofaktoren für eine Ansteckung mit dem Nipah-Virus.

Der Regierungschef von Kerala, Pinarayi Vijayan, forderte die Bevölkerung auf, öffentliche Versammlungen in dem betroffenen Distrikt Kozhikode bis auf Weiteres zu meiden.

In dem Verwaltungsbezirk gab es unter anderem 2018 einen größeren Nipah-Ausbruch, bei dem 21 Menschen starben. Infektionswellen mit diesem Virus kamen auch schon in Singapur und Malaysia vor.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation kann das Virus von Tieren wie Flughunden oder Schweinen auf Menschen übertragen werden. Eine Verbreitung ist auch durch verunreinigtes Essen oder den direkten Kontakt zwischen Menschen möglich. Nach bisherigen Erkenntnissen sterben schätzungsweise 40 bis 75 Prozent der Erkrankten. Arzneimittel oder einen Impfstoff gegen das Virus gibt es bislang nicht.

Nach Informationen des Robert-Koch-Instituts (RKI) handelt es sich bei Nipah um zoonotische Paramyxoviren aus der Gattung der Henipaviren. Das RKI informiert weiter:

Hendraviren wurden 1995 in Australien erstmals beschrieben. Sie verursachen schwere Infektionen bei Pferden und vereinzelt auch beim Menschen (…) Das Nipahvirus wurde 1999 als Auslöser eines großen Krankheitsausbruches bei Schweinen und Menschen (über 200 humane Fälle) in Malaysia und Singapur entdeckt. Ausbrüche wurden in Folge auch in Bangladesch und Indien registriert. In den beobachteten Ausbrüchen starb mehr als jeder zweite Betroffene. (…) Das Reservoir (…) sind Flughunde der Gattung Pteropus, die in einem weiten Streifen von Süd- über Südostasien bis nach Nord- und Ost-Australien vorkommen sowie auf Madagaskar und einigen Inseln des Westlichen Pazifiks.

Robert-Koch-Institut

Viele Menschen bewegt nun die Frage: Kann sich das ungleich tödlichere Virus ebenso verbreiten hier die Fakten wie einst das Corona-Virus aus China? Der Grund ist vor allem der Ursprung: in beiden Fällen handelt es sich um Zoonosen.

Laut einer im Jahr 2018 in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlichten Schätzung gibt es 1,7 Millionen unbekannte Viren in Säugetieren und Vögeln. 540.000 bis 850.000 von ihnen haben demnach das Potenzial, Menschen zu infizieren.