Normal, Super oder Diesel?

Wo das Risiko einer Ölpest am größten ist

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Ein bleicher Vollmond schien durch das Fenster, als ein Einheimischer den ersten Katastrophenwitz erzählte. "Wir exportieren das ganze Zeug einfach nach Madrid", sagte er nach einem langen Schluck aus der Bierflasche. "Dort rufen die Verkäufer dann: "Frischer Fisch aus Galicien! Was darf es sein? Normal, Super oder Diesel?""

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23.11.02
Bilder: ITOPF

Zwischen 1993 und 2002 sind bei 470 verschiedenen Unfällen 580 000 Tonnen Öl ins Meer geflossen. Dazu kommen Wissenschaftlern zufolge, jährlich noch 600 000 Tonnen fossilen Erdöls, die aus Gesteinen und Sedimenten in die Meere sickern. Der ganz normale Schiffsverkehr mit seinen alltäglichen Schweinereien wie dem Ablassen von ölhaltigem Ballastwasser tut sein übriges und steuert noch mal fast 500 000 Tonnen jährlich bei.

Die in den Medien prominent vertretenen Schiffsunglücke sind im Gesamtbild der Meeresverschmutzung durch Öl also nicht die einzigen und nicht einmal die größten Verursacher. Dennoch sind diese Unfälle in ihrer Fürchterlichkeit beispiellos; der Untergang des Öltankers "Prestige" (vgl. Großdemonstration und Generalstreik) hat, wie man heute weiß, das größte Vogelsterben in der europäischen Geschichte ausgelöst, nur traurig übertroffen von der Verheerung als die "Exxon Valdez" weit mehr als eine halbe Million Vögel das Leben kostete. Die Tanks der "Tasman Spirit" lagerten noch 40.000 Tonnen Rohöl, als das Schiff vor der pakistanischen Hafenstadt Karachi entzweibrach; tödlicher Dreck für Fische, Vögel, Meeresschildkröten und die Ökosysteme in den nahe gelegenen Mangrovenwäldern, ungefähr so viel, wie seit der Havarie der "Prestige" ins Meer floss. Gerade droht eine Ölpest an der belgischen und niederländischen Nordseeküste. Rund 80 bis 100 Tonnen Öl sind aus dem gesunkenen Autofrachter "Tricolor" ausgetreten.

Bereits 1 bis 2 Milligramm Öl genügen, um in einem Liter Meerwasser die Hälfte aller Kleintiere zu töten. Die langfristigen biologischen Auswirkungen des Öls auf die verschiedenen Formen des Meereslebens sind noch erschreckend unbekannt.

Weltweit sind Greenpeace-Recherchen zufolge 3437 gefährliche Chemie- und Öltanker auf den Meeren unterwegs. 69 Prozent dieser Schiffe sind zwischen 20 und 30 Jahre alt, 20 Prozent sogar zwischen 30 und 40. Und elf Prozent haben sage und schreibe mehr als 40 Jahre auf dem Rumpf. In einer eigenen "Schwarzen Liste" haben die Umweltschützer diese Schrottschiffe namentlich aufgeführt.

Greenpeace

Die Internationale Gruppe der Tankreeder gegen Ölverschmutzungen (ITOPF), im Juni mit dem Thor Heyerdahl International Maritime Environmental Award ausgezeichnet, hat nun eine Übersicht erstellt, die helfen soll, zukünftige Schäden zu verhindern oder zumindest einzudämmen. Dafür wurden alle Routen sowie Unfallorte seit 1974 aufgezeichnet. Jede Region wurde auf einer Skala von 1 bis 3 risikobewertet. Das höchste Risiko besteht in den Wassern um Großbritannien, im Mittelmeer und im Nordwestpazifik. Bewertet wurde auch die Fähigkeit der verschiedenen Länder, im Falle einer Havarie zu reagieren und wie weit sie gebunden sind an internationale Abkommen wie das Internationale Übereinkommen von 1990 über Vorsorge, Bekämpfung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Ölverschmutzung oder das Öl Verunreinigungs-Bereitschafts-Zertifikat. Seit dem Januar 2003 ist in Cuxhaven beispielsweise ein Havariekommando als gemeinsame Institution zur Koordinierung der Arbeiten im Dienst. Im August verschärfte EU-Bestimmungen sollen Risikoschiffe ausmustern.

Mangelnde maritime Notfallvorsorge macht weite Strecken der Küsten Afrikas zu einem sehr hohen Risikogebiet. Besonders übel sieht es für das Schwarze Meer aus, wo in einem Jahrzehnt 150 Unfälle mit Öl passierten. Das Schwarze Meer gilt als das am meisten geschädigte Wassersystem Europas.

Diese Ergebnisse sind vorläufig, aber wir hoffen, dass wir die Arbeit bald veröffentlichen können, damit Organisationen wie die International Maritime Organization, und Regional Seas programme der UN wissen, wie sie ihre Geldmittel aufteilen müssen.

Ein Mitarbeiter der ITOPF im New Scientist