OECD zur Entwicklungshilfe: Gelder der EU-Länder verbleiben zunehmend in Europa
Die Hilfe für bedürftige Länder ist zurückgegangen. Stattdessen flossen erhebliche Mittel in die Versorgung der ukrainischen Flüchtlinge. Entwicklungsorganisationen attestieren der EU ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Die Entwicklungshilfe solle 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen, so hatten es die Vereinten Nationen (UNO) 1970 beschlossen. Die EU-Länder scheinen diesem Ziel näher gekommen zu sein als jemals zuvor. Zusammen meldeten sie gegenüber der OECD eine öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) von 87 Milliarden Euro.
Allein Deutschland hat 33,3 Milliarden Euro an Entwicklungsgeldern über Bund, Länder und Kommunen ausgegeben, teilte die kirchliche Nachrichtenagentur epd mit. Dabei berief sie sich auf offizielle Zahlen des Bundesentwicklungsministeriums. Deutschland hätte damit das 0,7-Prozent-Ziel erreicht, ohne dass dabei die Flüchtlingshilfe im Inland berücksichtigt worden sei.
In absoluten Zahlen blieb Deutschland damit nach den USA der zweitgrößte Geber. Es folgen Japan, Frankreich und Großbritannien.
Die Flüchtlingshilfe ändert allerdings das Gesamtbild der Entwicklungshilfe, denn sie trägt dazu bei, dass ein erheblicher Teil der Entwicklungsgelder in den EU-Ländern verbleibt und nicht in bedürftigen Ländern zum Einsatz kommt. Die Unterstützung der wirtschaftlich ärmsten Staaten sank demnach.
Die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine trug rund 25 Milliarden Euro zur offiziellen Bilanz bei. Die Länder der Europäischen Union nahmen seit Kriegsbeginn mehr als acht Millionen ukrainische Flüchtlinge auf. Nach den OECD-Regeln können diese Kosten als Entwicklungshilfe abgerechnet werden. Im Jahr 2021 kam die humanitäre Hilfe für die Ukraine laut OECD nur auf 918 Millionen US-Dollar.
In Ländern, die besonders viele Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen haben, zeigen sich die Steigerungen deutlich. Die größten Steigerungen verzeichneten demnach Polen (+255,6%), die Tschechische Republik (+167,1%), Irland (+125,1%), Litauen (+121,6%), Slowenien (+48,7%) und Österreich (+36,2%).
Wie Euractiv.de berichtet, sehen Kritiker in diesen Regeln eine Gefahr, die Entwicklungshilfe zu entwerten. Celia Cranfield, Leiterin der Abteilung Advocacy beim Dachverband europäischer Entwicklungsorganisationen, Concord, sagte demnach:
Die Entscheidung, inländische Kosten weiterhin als öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) auszuweisen, untergräbt deren Zweck und schwächt die Glaubwürdigkeit der EU als zuverlässiger Partner. Es ist noch nicht zu spät, den Gang zu wechseln und die Flüchtlingskosten aus den endgültigen Zahlen herauszunehmen.
Für Großbritannien wurde demnach aufgedeckt, dass inzwischen ein Drittel des gesamten Budgets der Entwicklungshilfe im eigenen Land ausgegeben wird. Das sei ein Anstieg von 487 Prozent seit 2020. Und es sei mehr, als das Königreich für Afrika und Asien zusammen ausgebe.
Dieses Muster sehe man inzwischen in weiten Teilen der EU. Schweden habe entsprechende Kürzungen vorgenommen, auch Deutschland habe seine Mittel gekürzt, heißt es bei Euractiv.de.
Carsten Staur, Vorsitzender des Ausschusses für Entwicklungshilfe bei der OECD, mahnte, auch während des Krieges in der Ukraine die bedürftigen Länder nicht zu vergessen. Er sagte: "In einer Situation, in der der Druck auf die knappen Entwicklungsressourcen zunimmt, müssen wir unsere Verpflichtung zur Unterstützung der am wenigsten entwickelten Länder, von denen viele in Afrika liegen, aufrechterhalten".
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