OPEC-Länder drosseln überraschend Produktion: Ölpreis steigt deutlich
Die Märkte reagierten am Montag empfindlich auf die Ankündigung. Experten gehen von einem weiteren Anstieg der Preis aus. Die Regierung in Washington zeigte sich verärgert.
Die westlichen Industriestaaten haben mit einer hohen Inflation zu kämpfen. Zuletzt hatte es die Hoffnung gegeben, sie könnte sich aufgrund sinkender Energiepreise abschwächen. Doch ihr haben die Länder der OPEC+ am Sonntag einen Dämpfer verpasst: Überraschend kündigten sie am Sonntag an, die Ölförderung um weitere rund 1,16 Millionen Barrel pro Tag (bpd) zu kürzen.
Die Märkte reagierten zum Wochenauftakt prompt – die Ölpreise stiegen. Die Rohölsorte West Texas Intermediate legte um acht Prozent zu und wurde am Morgen in London mit 79,38 US-Dollar pro Barrel gehandelt. Das soll der größte Anstieg innerhalb eines Tages seit mehr als einem Jahr gewesen sein, hieß es beim Finanzdienst Bloomberg.
Branchenanalysten rechnen jetzt damit, dass die Ölpreise weiter anziehen dürften. Die Sorte Brent könnte im Dezember dieses Jahres für 95 US-Dollar je Barrel gehandelt werden, schätzten Analysten von Goldman Sachs. Gegenüber Bloomberg erklärten sie, dass der Preis bis Dezember 2024 sogar auf 100 US-Dollar je Barrel steigen könnte.
Ähnlich äußerte sich auch ein Vertreter der Bank of America gegenüber dem Finanzdienst. "Jede unerwartete Änderung der Angebots- oder Nachfragebedingungen um eine Million Barrel pro Tag im Laufe eines Jahres kann die Preise um 20 bis 25 US-Dollar pro Barrel beeinflussen", sagte etwa Francisco Blanch, Leiter der Rohstoffforschung.
Im Weißen Haus nahm man die Entscheidung der OPEC+ nicht sonderlich positiv auf. "Wir sind der Meinung, dass Kürzungen angesichts der Marktunsicherheit im Moment nicht ratsam sind – und das haben wir deutlich gemacht", sagte ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates (NSC).
Im Zentrum dieser Überlegungen stehen die steigenden Preise für die Verbraucher in den USA, die im Wahlkampf für das Amt des Präsidenten eine Rolle spielen dürften. Man konzentriere sich bei der Bewertung der Förderkürzung deshalb auf die Preise für die US-amerikanischen Verbraucher.
Und man wolle "weiterhin mit allen Erzeugern und Verbrauchern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Energiemärkte das Wirtschaftswachstum und niedrigere Preise für die amerikanischen Verbraucher" unterstützten, so der NSC-Sprecher gegenüber Reuters.
In den zurückliegenden Monaten verzeichnete der Rohölpreis einen starken Rückgang. Es sei der stärkste in einem ersten Quartal seit 2020, heißt es bei Bloomberg. Verursacht wurde er etwa durch die Turbulenzen im Bankensektor und der Gefahr einer Rezession in den USA. Im letzten Monat fielen die Ölpreise dadurch auf 70 US-Dollar je Barrel, was der niedrigste Stand seit 15 Monaten war.
Nun dürften die steigenden Energiepreise allerdings die immer noch hohe Inflation weiter ankurbeln. Um den anhaltenden Preisdruck einzudämmen, hatte die Federal Reserve die Zinssätze angehoben, was eine der Ursachen für die wirtschaftlichen Turbulenzen in den USA ist. Sollte die Fed die Zinsen jetzt noch weiter anheben, hätte das noch stärkere Auswirkungen auf die US-Wirtschaft.
Im Oktober letzten Jahres hatten sich die Länder der OPEC+ bereits verständigt, die Produktion um zwei Millionen bpd zu kürzen. Damals zeigte sich die US-Regierung bereits verärgert über die Entscheidung, weil sie die Absicht der Biden-Regierung konterkarierte, Russlands Einnahmen aus dem Ölgeschäft zu minimieren.
Insofern kommt die erneute Verärgerung in Washington nicht überraschend. Aus Sicht von Branchenanalysten ergriff das Ölkartell aber nur "präventive Maßnahmen für den Fall eines möglichen Nachfragerückgangs", heißt es bei Reuters.
Saudi-Arabien hatte am Sonntag angekündigt, seine Produktion um 500.000 bpd zu kürzen. Das saudische Energieministerium erklärte, die freiwillige Kürzung des Königreichs sei eine Vorsichtsmaßnahme, um die Stabilität des Ölmarktes zu unterstützen.
Andere OPEC-Staaten kürzen ihre Förderung ebenfalls. Der Irak etwa drosselt sie um 211.000 bpd, die Vereinigten Arabischen Emirate um 144.000 bpd, Kuwait um 128.000 bpd. Andere folgen mit niedrigeren Produktionsrückgängen.
Der stellvertretende russische Ministerpräsident Alexander Nowak erklärte am Sonntag ebenfalls, dass Moskau eine freiwillige Kürzung von 500.000 bpd bis Ende 2023 verlängern werde. Moskau hatte diese Kürzungen im Februar angekündigt, nachdem die westlichen Industriestaaten eine Preisobergrenze auf russisches Rohöl eingeführt hatten.
Mit der angekündigten Produktionskürzung erweist sich auch eine weitere westliche Hoffnung als trügerisch. Nachdem Russland einseitig seine Kürzung verkündet hatte, wurde dies von US-Beamten als Zeichen gewertet, dass die OPEC+-Allianz brüchig werde. Die Ankündigung vom Sonntag deutet allerdings auf das Gegenteil hin.
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