Ökonomisierung des Gesundheitswesens: Krankenhausreform als Brandbeschleuniger?

Ein Sparschwein in der Hand einer Person mit weißem Kittel

(Bild: fizkes/Shutterstock.com)

Karl Lauterbach hinterlässt ein Erbe: die umstrittene Krankenhausreform. Was Kritiker und Befürworter sagen – und was sich ändert. Eine Bestandsaufnahme.

Die Lage in den Kliniken ist ernst: Lohnerhöhungen durch harte Tarifrunden und Streikbewegungen, eine galoppierende Inflation, jede zweite Klinik plant Sparmaßnahmen.

Das deutsche Gesundheitswesen ist endgültig im gesellschaftlichen Machtkampf angekommen. Kritiker sprechen von einem neoliberalen Ausverkauf und prophezeien ein Kliniksterben.

Viele kommunale Kliniken wurden privatisiert, aus kommunalen Beschäftigten wurden schlechter bezahlte Mitarbeiter privater Anbieter. Mit der Einführung des Fallpauschalensystems wurde der Ökonomisierung des Gesundheitswesens Tür und Tor geöffnet.

Der Unternehmensberatungsriese Pricewaterhouse Coopers jubelt in den höchsten Tönen: Das Gesundheitswesen sei Wachstumsbranche, Umsatztreiber und Jobmotor, die Arbeit am Krankenbett verspreche Profite.

PwC sieht seine marktkonformen Strategien als Teil der Lösung, weg von Vater Staat, hin zu Mutter Privat. Das von PwC selbst herausgegebene Healthcare-Barometer mag herausgefunden haben, dass das Vertrauen der Patienten in das deutsche Gesundheitssystem schwindet. Doch kann die Krankenhausreform dem entgegenwirken?

Uneinigkeit im politischen Prozess

Nicht weniger als eine "Revolution" sei nötig, hatte der scheidende Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) noch vor den entscheidenden Abstimmungen in Bundestag und Bundesrat angekündigt.

Im Kern handelt es sich aber "nur" um die "größte Reform" des bestehenden Krankenhausrechts seit 20 Jahren, 24 Monate haben die Parteien um ihre Ausformulierung gerungen.

Mit den Stimmen der zerbrochenen Ampel-Koalition wurde die Krankenhausreform noch im Oktober im Bundestag beschlossen, der Bundesrat (Vertretung der Länder) rief den zuständigen Vermittlungsausschuss nicht an, das Gesetz ging also kurz vor dem 23. Februar und den daraus resultierenden Mehrheitsverhältnissen durch.

Der politische Prozess verlief hingegen nicht eindeutig und einmütig: Begleitet von gesellschaftlichen und medialen Debatten stritten die Landesregierungen um das Gesetzesvorhaben. Die Parteien differenzierten sich aus.

Kritik kam vor allem, wenig verwunderlich, aus den CDU-regierten Bundesländern, aber auch von den Grünen und sogar der SPD. Nordrhein-Westfalen (CDU) sah dringenden Nachbesserungsbedarf und eine Gefährdung ländlicher Regionen, Sachsen-Anhalt (CDU) warnte vor einem weiteren Auseinanderdriften von Ost und West.

Ein Eklat kam aus Potsdam: SPD-Ministerpräsident Woidke entließ kurz vor der Abstimmung seine Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) aus dem eigenen Kabinett, um ein Nein oder eine Enthaltung Brandenburgs zu verhindern.

Die politische Spaltung folgt dem gesellschaftlich-medialen Riss: für oder gegen Reform à la Lauterbach? Bleibt die Frage: Was ändert sich und vor allem zu wessen Gunsten?

Tango um die schwarze Null

Vorab: Alle Beteiligten betonen immer wieder, dass es ihnen nur und ausschließlich um die bestmögliche Versorgung ihrer Patienten geht.

Doch bei allem Respekt vor den Leistungen der im Gesundheitswesen Tätigen und bei aller Unterstellung altruistischer Motive des Managements bleibt festzuhalten: Ein kapitalistisch geführtes Krankenhaus, das nicht am Tropf des Staates hängen kann und daher zur Gewinnerzielung und Reproduktion verdammt ist, folgt den Gesetzen des Marktes. Eine Operation ist daher nicht nur betriebswirtschaftlich nach Erfolg oder Misserfolg zu beurteilen, sondern eben auch nach Kosten und Erlösen.

Genau hier setzt die Reform an. Erschwerend kommt hinzu, dass die allermeisten deutschen Kommunen aufgrund ihrer angespannten Haushaltslage nicht in der Lage sind, Zuschüsse für notleidende Kliniken zu leisten.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnte Anfang Januar eindringlich, die Lage der Kommunen und ihre Handlungsfähigkeit seien "bedroht". Auch vom Bund ist kein Geld zu erwarten: Wie das Beispiel Baden-Württemberg zeigt. Dort droht der Landeskrankenhausgesellschaft 2024 ein Defizit von 900 Millionen Euro, doch der Bund lehnt eine Überbrückungshilfe kategorisch ab.