zurück zum Artikel

Ölpreisdeckel: Alle schauen auf den kommenden Montag

EU und G7 beschließen Preiskappung für russisches Öl auf dem Seeweg. Moskau gibt sich gelassen. Wie reagieren die Märkte auf Maßnahme?

Die G7 hat sich der Entscheidung der EU-Mitgliedsstaaten angeschlossen, den Kaufpreis für russisches Erdöl, das über den Seeweg ausgeliefert wird, auf maximal 60 US-Dollar (derzeit 57 Euro) pro Barrel (159 Liter) zu begrenzen. Der Ölpreisdeckel soll an diesem Montag in Kraft treten. Experten schauen nun gespannt auf die Reaktion aus Moskau.

"Die Koalition der Länder, die einen Ölpreisdeckel einführen, kann zudem Folgemaßnahmen in Erwägung ziehen, um die Wirksamkeit der Preisobergrenze zu gewährleisten", hieß es in der Mitteilung der sieben einflussreichen westlichen Industriestaaten und Australiens.

Das politische Ziel des Preisdeckels ist, die zuletzt stark gestiegenen Einnahmen Russlands aus dem Erdölgeschäft zu schmälern. So solle verhindert werden, dass Moskau von dem Krieg gegen die Ukraine sogar noch profitiere.

Der Ölpreisdeckel tritt am Montag zeitgleich zu einem EU-Embargo für russisches Rohöl in Kraft. Die Maßnahme soll dazu beitragen, eine Explosion des Ölpreises über die künstliche Verknappung durch die Sanktionen zu verhindern.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, zeigte sich in einer ersten Reaktion davon überzeugt, dass die Preisobergrenze die Einnahmen Russlands in einem erheblichen Maße schmälern werde. "Sie wird uns helfen, die globalen Energiepreise zu stabilisieren. Das wird den Schwellenländern auf der ganzen Welt zugutekommen", schrieb sie am Freitagabend auf Twitter [1].

Auch US-Finanzministerin Janet Yellen zeigte sich mit Blick auf die handelspolitischen Ziele zuversichtlich. Die Obergrenze für den Preis von russischem Erdöl über den Seeweg sei das Ergebnis monatelanger Bemühungen und ein Zeichen unserer gemeinsamen Entschlossenheit.

"Dies wird dazu beitragen, Putins Haupteinnahmequelle für seinen Krieg einzuschränken und die Stabilität der globalen Energieversorgung zu wahren", so Yellen auf Twitter [2].

Russland warnt vor "schwerwiegenden Folgen"

Die Nachrichtenagentur AFP zitiert den Energie-Experte Phuc-Vinh Nguyen vom Delors-Institut, dem zufolge Russland seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine 67 Milliarden Euro allein mit dem Verkauf von Öl an EU-Staaten verdient hat. Russland sei der zweitgrößte Exporteur von Rohöl weltweit.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte den Schritt der EU und der G7 sowie Australien in der vergangenen Woche vor als Gefahr für den globalen Ölmarkt bezeichnet. Die Maßnahme könne "schwerwiegende Folgen" nach sich ziehen. Zudem verstoße die Maßnahme gegen "Prinzipien der Handelsbeziehungen", so Putin weiter.

Aus Russland war wiederholt angekündigt worden, dass man kein Erdöl mehr an Länder liefern werde, die eine Obergrenze einführten. Von der Leyen warb indes für den Schritt, weil er "zur Stabilisierung der globalen Energiemärkte beitragen". Profitieren würden von dem Schritt Schwellen- und Entwicklungsländer.

"Es ist uns gleich, wie hoch die Preisobergrenze sein wird", hatte Russlands Außenminister Sergej Lawrow vorab gesagt: "Wir werden direkt mit unseren Partnern verhandeln." Wer mit russischen Zulieferern arbeiten wolle, werde sich nicht um diese Obergrenze scheren.

Derzeit hat die Preisobergrenze aber ohnehin keine Auswirkung. Die wichtigste russische Rohölsorte Urals wurde zuletzt mit rund 50 US-Dollar gehandelt, also weit unter der nun gesetzten Kappungsgrenze.

Auch bleibe die Durchsetzung fraglich, schreibt die US-Nachrichtenagentur Bloomberg, "da die EU ihre Vorschriften verwässert hat und es keine Sekundärsanktionen gibt, die für mehr Durchschlagskraft sorgen". Zudem könnten russische Öltanker weiterhin über die Türkei versichert werden.

Alles in allem sei weitgehend unklar, in welchem Maße die russischen Rohöllieferungen konkret beeinträchtigt werden, zitiert Bloomberg Neil Beveridge, den leitenden Ölanalyst bei Sanford C. Bernstein.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-7365571

Links in diesem Artikel:
[1] https://twitter.com/vonderleyen/status/1598734779750309888?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Etweet%7Ctwtr%5Etrue
[2] https://twitter.com/SecYellen/status/1598807986671038465?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Etweet%7Ctwtr%5Etrue