Paket-Auslieferer und Scheinselbstständigkeit: Schluss mit Ausbeutung?
- Paket-Auslieferer und Scheinselbstständigkeit: Schluss mit Ausbeutung?
- Vorreiter Spanien: Richtlinien für bessere Bedingungen für Plattformarbeiter
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Hartes Urteil gegen Amazon in Spanien: Immer stärker kommen Lieferdienste unter Druck und zahlen Millionenstrafen. Nun droht auch Gefängnis. Das Land wird zum Vorreiter internationaler Gesetzgebung.
Der Druck auf Online-Handelsplattformen und Lieferdienste, die zu den Krisengewinnern der Corona-Pandemie gehören, nimmt in Spanien immer stärker zu. Gerade musste der Online-Gigant Amazon, bekannt für sein brachiales Vorgehen gegen Gewerkschaften und Betriebsräte wie für schlechte Arbeitsbedingungen und eine schlechte Bezahlung, in der Hauptstadt Madrid ein hartes Urteil hinnehmen.
Nach dem Urteil des Sozialgerichts muss das Unternehmen des Milliardärs Jeff Bezos nun fast 2.200 Paket-Auslieferer für Amazon Flex als Beschäftigte fest einstellen, da es sich für das Gericht klar um Scheinselbständige handelt.
Geklagt hatte die große spanische Gewerkschaft Arbeiterunion (UGT). Der UGT-Chef Pepe Álvarez nannte das Urteil eine "außerordentliche Nachricht" und warnte alle Unternehmen, die auf ein solches Geschäftsmodell mit Scheinselbständigen setzen.
"Sie werden alle fallen"
Sie sollten endlich anfangen, die Situation der Beschäftigten zu regeln, sie fest einzustellen, so wie es das Urteil des Sozialgerichts für Amazon bestimmt hat. "Sie werden alle fallen", blickte Álvarez weit über Paket- und Lieferdienste hinaus auf alle digitalen Plattformen.
Allerdings ist die Lage von Fahrern der Firmen wie Deliveroo aus Großbritannien, Glovo aus Barcelona, Uber Eats aus den USA oder Amazon jetzt deutlich besser. Im vergangenen Jahr wurde ihre rechtliche Lage über das sogenannte "Rider-Gesetz" geregelt, das schließlich im vergangenen August in Kraft getreten ist.
Scheinselbstständigkeit nicht zu übersehen
Im Fall der Fahrer von Amazon Flex wies die UGT darauf hin, dass deren Scheinselbstständigkeit offensichtlich war. Sie seien von der Firma gezwungen worden, mit ihren eigenen Fahrzeugen zu arbeiten und Pakete unter Mithilfe der Unternehmens-App auszuliefern, über die sie ihre Anweisungen bekamen.
Immer mehr Gerichte in Spanien sehen angesichts der Tatsache, dass die Fahrer den Unternehmen komplett ausgeliefert sind, "allgemeine Arbeitsverhältnisse". So hat nun auch das Sozialgericht in Madrid festgestellt, dass Amazon Flex eben nicht als bloßer Vermittler zwischen Geschäften und Auslieferungsfahrer auftrete, wie Amazon, Glovo und Co immer wieder behaupten.
Amazon kann Widerspruch einlegen
Juristisch ausgekämpft ist der Vorgang allerdings noch nicht, da Amazon noch Widerspruch gegen das Urteil einlegen kann.
Bei Amazon Flex ist jetzt die Frage, ob das Programm in Spanien abgewickelt wird. In Deutschland wurde Flex, das 2017 gestartet worden war, schon im vergangenen Jahr eingestellt. Die genauen Gründe blieben unklar. Erklärt wurde nur nebulös.
Wie üblich, entwickeln wir kontinuierlich bestehende Programme weiter und evaluieren sie.
Amazon
Deshalb habe man die "schwierige Entscheidung" getroffen, "das Amazon-Flex-Programm in Deutschland nicht weiterzuführen und stattdessen auf die Zustellung durch bestehende Lieferunternehmen zu setzen".
Probleme für die Linkspartei
Die UGT spricht im Fall des ersten Urteils gegen Amazon von einem "weiteren Fortschritt in der Rechtsprechung, um die neuen Formen der Arbeit, die durch die Integration von Informatikanwendungen in die Produktionsprozesse entstehen, korrekt anzupassen".
Die UGT stellt auch fest, dass das Sozialgericht letztlich nur die Doktrin des Obersten Gerichtshofs verwendet hat. Das hatte im September 2020 geurteilt, dass auch die Fahrer des Lieferdienstes Glovo nur Scheinselbstständige sind.
Letztlich hatte aber das Arbeitsministerium, das von der Chefin der Linkskoalition Unidas Podemos (UP/Gemeinsam können wir es) geführt wird, mit dem Rider-Gesetz nur das Urteil des Obersten Gerichtshofs in Gesetzesform gegossen.
Die Sozialdemokraten (PSOE), mit denen UP als Juniorpartner das Land regieren, hatten aber verhindert, dass die UP-Chefin Yolanda Díaz wie versprochen eine allgemeine Regelung für digitale Plattformen durchsetzen konnte.
Das wurde allseits auch von Ridern wie Isaac Cuende kritisiert, der durch alle Instanzen der Juristen vor dem Obersten Gerichthof den Sieg gegen Glovo durchgekämpft hatte.
Das ist allgemein das Problem für die Linkspartei, weshalb inzwischen eine massive Regierungskrise an der Reform des Sexualstrafrechts und an anderen Fragen aufgebrochen ist.