Papua-Neuguinea: Südpazifisches Erdgas, chinesische Interessen
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Angesichts ausbleibender Einnahmen aus der Erdgasförderung setzt der Inselstaat verstärkt auf chinesische Kredite, um die Infrastruktur in der Region zu entwickeln
Das Papua-Neuguinea-Flüssigerdgas-Projekt (PNG LNG) war Mitte 2014 in Betrieb gegangen. Das von ExxonMobil geführte 19-Milliarden-US-Dollar-Unternehmen beliefert seitdem Märkte im asiatisch-pazifischen Raum mit Flüssigerdgas (LNG - liquefied natural gas), auf die 72 Prozent der weltweiten LNG-Nachfrage entfallen. Bis 2017 produzierte PNG LNG rund 8,3 Millionen Tonnen LNG jährlich, eine Steigerung von 20 Prozent gegenüber den ursprünglich anvisierten 6,9 Millionen Tonnen.
Noch im vergangenen Jahr sah es so aus, als sei das Projekt auf Erfolgskurs: Papua-Neuguinea hatte es in die Top 10 der weltgrößten LNG-Exporteure geschafft. Die Regierung setzte nun auf eine Einnahmequelle, die dem Inselstaat mit seinen acht Millionen Einwohnern zu mehr Wohlstand verhelfen sollte. Doch diese Hoffnungen haben sich bisher nicht erfüllt.
Dabei galt das Projekt als Klassenprimus der Branche. Im Gegensatz zu vielen anderen Großvorhaben, die hinter dem Zeitplan zurückblieben und zudem beträchtliche Zusatzkosten einfuhren, ging PNG LNG früher als geplant ans Netz. Die seitdem aus dem Projekt eingegangenen und im Lande verbliebenen Gewinne fielen bisher, gemessen an den Erwartungen, jedoch weniger üppig aus.
Papua-Neuguinea hält über die staatliche Ölgesellschaft Oil Search 29 Prozent am PNG LNG-Projekt und hat hunderte Millionen von Dollar in das Erdgasgeschäft gepumpt. Vor Beginn der Produktion im Jahr 2014 hatte das Finanzministerium des Landes noch geschätzt, dass das Projekt die jährlichen Staatseinnahmen um etwa 600 Millionen US-Dollar bis 2021 und von 2022 bis 2030 um mehr als 1 Milliarde US-Dollar steigen lassen würde. Demgegenüber wurden laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) bis September 2017 lediglich rund 45 Millionen US-Dollar an Lizenzgebühren und Entwicklungsabgaben gezahlt. Der Rückgang der Gaspreise hatte es ExxonMobil und seinen Partnern erlaubt, Verluste geltend zu machen und so die Zahlung von fälligen Lizenzgebühren zu umgehen.
Die ausbleibenden Einnahmen lasten nun auf der rohstoffabhängigen Wirtschaft des Landes. Der IWF hatte in einem Bericht vom Dezember 2017 geschätzt, dass das Bruttoinlandsprodukt im gleichen Jahr um 2,2 Prozent gestiegen ist, nach noch 2,4 Prozent im Vorjahr. Diese Befunde stehen im krassen Gegensatz zu Vorhersagen der Regierung aus besseren Tagen, die besagten, dass die Wirtschaft des Landes um 21 Prozent wachsen würde.
Erdbeben und PR-Fiasko
Diese Entwicklungen sind die Folge einer Verkettung von bedauerlichen Ereignissen. Am 26. Februar 2018 richtete zunächst ein starkes Erdbeben massive Schäden im Land an, 160 Menschen kamen ums Leben, die Regierung rief den Ausnahmezustand aus. Das Hides-Gasfeld, Schlüsselfeld des Projekts, lag nur acht Kilometer vom Epizentrum entfernt. ExxonMobil stellte den Betrieb der dortigen Gasaufbereitungsanlage zeitweise ein. Auch die Oil Search-Förderung im Südlichen Hochland kam zum Erliegen.
Die Auswirkungen des Erdbebens sorgten für Unmut unter der Bevölkerung, die die Naturkatastrophe entweder direkt als Folge der Gasbohrungen in der Bergregion ansehen oder behaupten, dass diese zumindest eine wichtige Rolle bei der Auslösung des Bebens spielten. Projektpartner und Geologen bestreiten das: Die Gegend sei aufgrund der komplexen Tektonik an der Kollisionsstelle von Indo-Australischer und Pazifischer Platte naturgemäß seismisch aktiv, außerdem lag das Epizentrum in 23 Kilometern Tiefe.
Die Einheimischen beschwerten sich des Weiteren, dass das PNG LNG-Projektkonsortium sowohl Regierungsmitglieder als auch die traditionellen Landeigentümer über den Tisch gezogen hatte, als es vor rund zehn Jahren zum Bau des Projekts kam. Unternehmen verhandeln in der Regel hier direkt mit örtlichen Grundbesitzern, um Zugang zu Rohstoffen zu erlangen - Hunderte von ethnischen Gruppen im Land lassen das zu einer zusätzlich komplizierten Angelegenheit werden. Berichten aus dem Hochland zufolge haben die betroffenen Eigner noch keine Zahlungen erhalten.
Die Regierung des Landes verkündete unterdessen, bei zukünftigen Verhandlungen über weitere Projekte keine solchen Zugeständnisse wie die ursprünglich praktizierten mehr machen zu wollen. Ausstehende Zahlungen aufgrund von Streitigkeiten bei der Feststellung der Eigentümer des Landes, auf dem sich Gasfelder und die zu Förderung und Transport notwendige Infrastruktur befinden, hatten bereits vorher zu Protesten geführt.
In Papua-Neuguinea brachen im Zusammenhang mit Problemen bei der Förderung von Rohstoffen auch früher immer wieder Revolten aus. Etwa 1988 auf der Insel Bougainville, die mit dem Panguna-Tagebau Heimstatt der damals wichtigsten Kupfermine des Landes war. Der Aufstand weitete sich zum Bürgerkrieg aus, an dessen Ende 1997 bis zu 20.000 Tote zu beklagen waren. Die mittlerweile autonome Region strebt heute ihre Unabhängigkeit an. Die Panguna-Mine blieb bis heute geschlossen.
Nach Reparaturen und Sicherheitskontrollen wurde das PNG LNG-Projekt Mitte April 2018 wieder in Betrieb genommen, doch der nächste Ärger ließ nicht lange auf sich warten. Im Juli 2018 hatte ExxonMobil bekanntgegeben, den Bau seiner Angore-Gaspipeline im von Konflikten mit aufgebrachten Einheimischen betroffenen Hochland des Landes eingestellt zu haben, nachdem Baustellen zerstört worden waren. Das Unternehmen und örtliche Sicherheitskräfte gehen von Vandalismus aus. Eine Landeigner-Gruppierung hatte bei weiterem Ausbleiben der Zahlungen eine "dauerhafte Schließung" des Projekts in Aussicht gestellt, die durch Blockaden sowie die Zerstörung von Infrastruktur erzwungen werden sollte. Die Angore-Pipeline wird gebraucht, um das Angore-Gasfeld mit der elf Kilometer entfernten Hides-Gasaufbereitungsanlage zu verbinden.
Das Hides-Gasfeld war 1987 von BP-Prospektoren entdeckt worden, doch die Briten verloren das Interesse, das Feld ging an ExxonMobil. Ein weiteres wichtiges Gasfeld in der Nachbarschaft ist neben Angore das von Juha. Zusammen sollen die drei Felder 80 Prozent des geförderten Erdgases stellen. Weiteres Erdgas stammt aus den Ölfeldern von Agogo, Moran, Kutubu und Gobe, die seit den 1990er Jahren in Betrieb sind. Erdöl und Kondensate werden im Kumul Terminal verschifft, während das Erdgas in das PNG LNG-Terminal vor den Toren von Port Moresby wandert. Die Operation soll durch das Anzapfen der als ergiebig eingestuften Gasfelder von Elk-Antelope und P'nyang zukunftsfähig ausgebaut werden. Weitere Projekte sind im Gespräch.