Pflegebonus: Lauterbach lässt viele leer ausgehen
Bild: Gerd Altmann auf Pixabay
Eine Milliarde Euro bewilligt Regierung für den Pflegebonus. Doch das Konzept schließt viele Pflegekräfte aus
Die Bundesregierung will gegenüber den Pflegekräften in Deutschland etwas Wertschätzung zeigen und verspricht ihnen einen finanziellen Bonus. Für ihren Einsatz in der Corona-Pandemie sollen sie eine Sonderzahlung von bis zu 550 Euro bekommen. Einen entsprechenden Beschluss fasste das Bundeskabinett am Mittwoch.
Für den besonderen Einsatz in der Pandemie wolle sich die Bundesregierung mit einer Prämie bedanken, erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Insgesamt werden dafür eine Milliarde Euro zur Verfügung gestellt. "Auch in Zeiten knapper Kassen ist das ein wichtiges Zeichen", sagte Lauterbach. Es solle aber nicht nur bei dem Bonus bleiben, sondern "Arbeitsbedingungen und Bezahlung von Pflegekräften müssen insgesamt deutlich besser werden", versprach er weiter. Schließlich sei gute Pflege "eine immer wichtiger werdende Stütze unserer Gesellschaft".
Die Leistungen der Beschäftigten im Gesundheitswesen zu würdigen, sei absolut angebracht, erklärte Sylvia Bühler, Mitglied im Vorstand der Gewerkschaft ver.di. Sie befürchtet aber, das Vorhaben könnte einmal mehr von vielen als Affront empfunden werden – denn längst nicht alle Pflegekräfte kommen in den Genuss der Sonderzahlung. "Wenn allerdings viele Beschäftigte leer ausgehen, wird die gute Absicht zunichtegemacht", sagte sie.
Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte den Pflegebonus als unzureichend. "Von Wertschätzung der Bundesregierung ist hier wenig zu sehen", erklärte Vorstand Eugen Brysch gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Engagierte Mitarbeiter, die sich etwa um Krebs-, Schlaganfall- oder Herzinfarkt-Patienten kümmerten, blieben außen vor. Mit seinem Pflegebonus-Konzept vergifte Lauterbach die Stimmung unter den Millionen Beschäftigten.
Auswahl von Kliniken und Beschäftigten
Nur eine Auswahl an Kliniken soll die Mittel für den Pflegebonus bekommen. Und zwar sollen es nur die sein, die im letzten Jahr "besonders viele" Corona-Patienten zu versorgen hatten, die beatmet werden mussten. "Erfasst werden damit Krankenhäuser, in denen im Jahr 2021 mehr als zehn infizierte Patientinnen und Patienten behandelt wurden, die mehr als 48 Stunden beatmet wurden", heißt es beim Gesundheitsministerium. Insgesamt sind das 837 Krankenhäuser, die zusammen 500 Millionen Euro erhalten.
Innerhalb der Krankenhäuser wird ein weiteres Mal aussortiert. Den Bonus sollen nur "Pflegefachkräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und Intensivpflegekräfte" erhalten, die im letzten Jahr für mindestens 185 Tage in dem Krankenhaus beschäftigt waren.
Die beschlossene Regelung sei "unzureichend und ungerecht", betonte Bühler. Sie kritisierte, dass Berufsgruppen außerhalb der Pflege ausgeschlossen werden. "Und wie will die Bundesregierung begründen, dass Beschäftigte in den anderen Krankenhäusern, im Rettungsdienst, in Psychiatrien, in Reha-Kliniken und in der Behindertenhilfe keine finanzielle Anerkennung bekommen sollen", fragte sie. Dafür gebe es keine überzeugenden Argumente.
Weitere 500 Millionen Euro fließen in die Altenpflege – und auch hier werden manche Beschäftigten von der Sonderzahlung ausgeschlossen. Nur wer im Zeitraum von November 2020 bis zum 30. Juni 2022 für mindestens drei Monate in der Altenpflege tätig war, soll überhaupt in den Genuss des Bonus kommen.
Auch bei ihnen wird unterschieden nach Nähe zur Versorgung, Qualifikation und Umfang der Arbeit. Bis zu 550 Euro bekommen die, die in der direkten Pflege und Betreuung in Vollzeit tätig waren. Bis zu 370 Euro können andere Beschäftigte in der Altenpflege bekommen, "die mindestens 25 Prozent ihrer Arbeitszeit gemeinsam mit Pflegebedürftigen tagesstrukturierend, aktivierend, betreuend oder pflegend tätig sind".