Photonen ohne Energieaufteilung verschränken
Quantenphysik: Japanische Forscher verschränken kurzwellige Photonenpaare in exotischem Halbleiter
Paare verschränkter Photonen lassen sich durch Energieaufteilung in gewissen Kristallen erzeugen – aus einem kurzwelligen werden so beispielsweise zwei langwellige. Das ist zwar für die Quantenkryptographie kein Problem, aber für künftige Quantencomputer wäre es wünschenswert, kurzwelligere Photonenpaare zu erzeugen, am besten in einem Halbleiter und idealerweise elektronisch, nicht optisch – doch letzteres ist noch Zukunftsmusik.
Wissenschaftler des Instituts für Nachrichtentechnik der Universität Tohoku in Japan haben in Kupfer-(I)-Chlorid, einem exotischen Halbleiterkristall, Photonenpaare einer Wellenlänge von 390 Nanometern verschränkt. Sie berichten ihre Ergebnisse in der Ausgabe vom 9. September der Zeitschrift Nature auf Seite 167 ff. in Band 431.
Bisher erzeugten Forscher verschränkte Photonenpaare sowie Drillinge etc., indem sie mittels geeigneter Kristalle aus einem kurzwelligen mehrere langwellige Photonen erzeugten, ein Vorgang mit immensen Intensitätsverlusten. Im Jargon nennt sich dieser Vorgang parametrische Abwärtsumwandlung. Kurzwellige Photonenpaare sind jedoch wünschenswert, um die Verschränkung weiter zu führen, also wiederum die Zahl der miteinander verschränkten Photonen zu erhöhen, wobei dabei wiederum langwelligere Photonen entstehen.
Verschränkte Photonenpaare einer Wellenlänge von 390 Nanometern oder darunter habe nach Aussage der japanischen Wissenschaftler bislang noch niemand erzeugt. Die japanischen Forscher wandten einen Streuprozess an, der einen um Größenordnungen größeren Wirkungsquerschnitt aufweist als die erwähnte Abwärtsumwandlung, einen Prozess namens resonante hyper-parametrische Streuung.
Für die Quantenkryptografie sind die Ergebnisse zur Zeit weniger bedeutend, da das Absorptionsminimum der Glasfasern im Infraroten liegt. Für einen etwaigen Einsatz in Quantencomputern im Jahr 2020 wäre es vorteilhaft, die verschränkten Photonenpaare in einem Halbleiterkristall erzeugen zu können, was laut Aussage der Japaner vor ihnen noch niemand geschafft habe. Allerdings erzeugten sie die Photonenpaare optisch und nicht etwa elektronisch, wenn sie auch voraussagten, bald auf elektronischem Wege verschränkte Photonenpaare erzeugen zu können, da Paare von Exzitonen ein Zwischenprodukt des Streuprozesses seien.
Die Forscher richteten den frequenzverdoppelten Lichtstrahl eines Titan-Saphir-Lasers mit einer Photonenenergie von 3,1861 Elektronenvolt auf einen Kupfer-(I)-Chlorid-Einkristall (CuCl). Aufgrund seiner großen Bandlücke von 3,4 Elektronenvolt ließe sich CuCl sowohl als Halbleiter als auch als Isolator einordnen. Da sichtbares Licht nicht ausreicht, um ein Elektron über die Energielücke anzuregen, ist CuCl-Pulver schneeweiß, während Kupfer-(II)-Chlorid (CuCl_2) grün ist.
Ein Lithiumborat-Kristall, in der Grafik mit LBO beschriftet, übernimmt die mit den Farben rot und blau dargestellte Frequenzverdoppelung, auch second harmonic generation (SHG) genannt. Sie wählten den Kristall CuCl wegen seiner großen Bandlücke, so kann sich Licht einer Wellenlänge von 390 Nanometern ungehindert ausbreiten, erst unterhalb von 365 Nanometern würde die Absorption einsetzen.
Zudem hat der gewählte Streuprozess zum Erzeugen der verschränkten Photonenpaare in diesem Stoff einen besonders hohen Streuquerschnitt. Genauer gesagt, lässt sich aus jeweils zwei Pump-Photonen ein Exzitonenpaar erzeugen, aus dem dann wiederum ein Paar verschränkter Photonen entsteht.
Die zum Erzeugen eines einzelnen Exzitons nötige Energie ist die Bandlücke, vermindert um die Bindungsenergie des Exzitions von hier rund 0,2 Elektronenvolt. Die Bindungsenergie eines Exzitonenpaars beträgt in diesem Fall 0,03 Elektronenvolt. Die zum Erzeugen eines Exzitonenpaars insgesamt erforderliche Energie ist gleich dem doppelten der Energie eines Pump-Photons. Die Photonenergie der Pump-Photonen beträgt 3,1861 Elektronenvolt, was einer Wellenlänge von 389 Nanometern entspricht.
Die Differenz zwischen der Wellenlänge der Pump-Photonen und der im Streuprozess schließlich erzeugten verschränkten Photonen beträgt wenige Nanometer. Mit einer Pumpleistung von rund 2 Milliwatt erzeugten die Wissenschaftler größenordnungsmäßig zehn Milliarden Photonenpaare pro Sekunde, die beiden Photonen eines Paares fliegen voneinander weg.
Wie lässt sich die Verschränkung experimentell nachweisen?
Der Begriff Verschränkung meint eine Wechselbeziehung zweier gerichteter Größen über beliebige Entfernungen. Eine Messung einer solchen Größe, bei Photonen der Polarisation, legt instantan über beliebige Entfernungen die entsprechende Größe des Partnerteilchens fest. Das widerspricht nicht der speziellen Relativitätstheorie, da ein verschränkte Photonenpaar allein – trotz der instantanen Festlegung – keine Information übertragen kann, denn es ist nicht möglich, einem solchen Photonenpaar eine Polarisationsrichtung aufzumodulieren. Diese Wechselbeziehung der beiden Teilchen fördert nur die gleichzeitige Messung zutage, ohne koinzidenten Abgleich wären die Größen statistisch verteilt – wie bei einem Münzwurf – und übertragen somit keine Information.
Die Polarisationsfilter haben hier zwei per Zufallsgenerator veränderbare Einstellungen, horizontal oder vertikal, entscheidend ist hier, dass die beiden Einstellungen senkrecht zueinander stehen, beim vorliegenden Experiment stellen sich die Polarisationen der Photonenpaare parallel zueinander ein. Registriert die Koinzidenzmessung zwei Signale, so haben beide Photonen des Paares die Polarisationsfilter passiert und erst dann ist ein Bit Information, beispielsweise "horizontal" übertragen. Ein Photon unbekannter Polarisation passiert ein Polarisationsfilter mit genau 50 Prozent Wahrscheinlichkeit.
Der Physiker Anton Zeilinger von der Uni Wien bezeichnet die instantane Festlegung bei Teilchenpaaren mit zwei Einstellmöglichkeiten als einen Verlust an vollständiger Information. Zur Informationsübertragung eignen sich verschränkte Photonen allein also nicht – schon gar nicht mit Überlichtgeschwindigkeit. Das Teleportieren ist also maximal mit Lichtgeschwindigkeit möglich, wegen der erforderlichen Koinzidenzmessung. Dieses Modethema beackern momentan viele Arbeitsgruppen, so auch deutsche Forscher.