Planung von Massenvertreibung: Jurist sieht neuen Grund für AfD-Verbot

Seite 2: Knackpunkt ist Definition von Staatsvolk

An Bedeutung mangelt es im Fall der AfD, die in Sachsen bereits bei 37 Prozent liegt, sicher nicht. Würde sie sich in offiziellen Parteidokumenten beispielsweise zur Definition von "Staatsvolk" wie die NPD äußern – oder wie es laut Correctiv auch AfD-Politiker auf dem besagten Geheimtreffen taten –, wäre dies nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Verbotsgrund.

Zumindest die auf dem Treffen vertretenen Politikerinnen und Politiker der AfD bekannten sich dort laut dem Bericht "frei zu völkischen Idealen". Es ließen sich "keine wesentlichen Unterschiede zu den Positionen extremistischer rechter Ideologen feststellen", schreibt Correctiv. Gemeint ist nicht zuletzt die NPD.

Deren politisches Konzept sei "mit dem Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe aller Staatsangehörigen an der politischen Willensbildung unvereinbar", stellte das Bundesverfassungsgericht Anfang 2017 klar.

Wer hat Recht auf gleichberechtigte Teilhabe?

Ausführlich wurde damals begründet, warum die NPD verfassungsfeindlich sei – und nur "wegen fehlender Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele" nicht verboten werde.

In einem durch die "Einheit von Volk und Staat" geprägten Nationalstaat im Sinne der Antragsgegnerin (der NPD, Anm. d. Red.) ist für eine Beteiligung ethnischer Nichtdeutscher an der politischen Willensbildung – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit – grundsätzlich kein Raum. Vielmehr führt der exkludierende Charakter der "Volksgemeinschaft" zu einer mit Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG unvereinbaren ethnischen Verengung des Anspruchs auf gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung.

Bundesverfassungsgericht, Januar 2017

Außendarstellung und Innenleben der AfD

Von der genannten NPD-Programmatik unterscheidet sich die der AfD zumindest offiziell deutlich; darauf weist auch Correctiv hin. "Als Rechtsstaatspartei bekennt sich die AfD vorbehaltlos zum deutschen Staatsvolk als der Summe aller Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen", heißt es auf ihrer Website. (Fehler im Original, Stand 10. Januar 2024)

An dem besagten Treffen, wo scheinbar niemand ein Problem mit der "Staatsvolk"-Definition der NPD und anderer bekennender Neofaschisten hatte, nahm aber dem Bericht zufolge auch der persönliche Referent der AfD-Chefin Alice Weidel teil.

Anpassungsdruck auch auf Doppelstaatler

Den Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft verbietet das Grundgesetz, wenn Betroffene dadurch staatenlos werden.

Doppelstaatler können laut Bundesinnenministerium die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren, wenn sie sich "konkret an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland" beteiligen oder den deutschen Pass "durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben erworben" haben.

Auf eine Verschärfung dieser Kriterien dürfte auch der von Sellner erwähnte "Anpassungsdruck" durch "maßgeschneiderte Gesetze" nicht zuletzt abzielen.