Plattformregulierung: Breites Bündnis fordert stärkere Kontrolle sozialer Medien

Thomas Pany
Elon Musk auf einem Samrtphone-Bildschirm dahinter ein Bild von Donald Trump

Bild: Shutterstock.com

Über 75 Organisationen fordern eine schärfere Regulierung von Social Media. Das Bündnis will die neue Regierung zum Handeln bewegen. Vor allem die Macht von X-Chef Musk bereitet große Sorgen.

Die Emanzipation vom großen transatlantischen Partner geschieht auf mehreren Feldern, nicht nur bei Versuchen, eine europäische strategische Autonomie und damit eine gewisse Eigenständigkeit gegenüber der militärischen Macht USA zu entwickeln. Es geht auch um Medienmacht. Auch dort verändert sich der Wellengang.

Wie es aussieht, haben die politischen Machtdemonstrationen des Team Trump mit Elon Musk als ikonischen Vertreter der Tech-Oligarchie in Deutschland Widerstand und Kampfeslust gegen die Übermacht der US-Plattformen, X (früher Twitter) und Facebook, angefacht. Auch TikTok, noch (?) in chinesischer Hand, steht auf der Liste der Gegner im Konkurrenzkampf um die Macht in öffentlichen Sphären.

Riesiges Bündnis für Kontrolle von Plattformen

In Deutschland fordert aktuell ein "riesiges Bündnis" wirksame Kontrolle von Plattformen, wie netzpolitik.org schreibt. Das Bündnis aus über 75 zivilgesellschaftlichen Initiativen, Organisationen und Verbänden will eine Plattformregulierung von der neuen Regierung.

Die Allianz aus Vertretern der Zivilgesellschaft, Kirchen, Gewerkschaften, Verbraucherschutz und Digitalwirtschaft fordert in einem Offenen Brief, dass eine "Kontrolle von Online-Plattformen und eine gemeinwohlorientierte Digitalisierung" auf die Agenda der derzeit laufenden Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD gesetzt werden soll.

Begründet wird dies wie so oft mit der Allzweckformulierung "Sorge um die Demokratie". Darüber hinaus geht es aber eben auch um die digitale Souveränität Europas.

In der Kritik: "Polarisierende Algorithmen"

Die neue Regierung soll der "problematischen Verquickung von politischer, medialer und ökonomischer Macht im Bereich von digitalen Plattformen", die sich seit dem Amtseintritt von Donald Trump deutlich zeigt, etwas Ernsthaftes entgegensetzen. Darauf laufen die Forderungen im politischen Kern hinaus.

Die Unterzeichnenden des offenen Briefs, darunter Organisationen wie Brot für die Welt, Germanwatch und ver.di, kritisieren insbesondere die "polarisierenden Algorithmen" und die "Marktmachtkonzentration", die den digitalen Diskurs maßgeblich beeinflussen und die Gesellschaft spalten könnten.

Die Marktmachtkonzentration und die Kontrolle der Plattformen durch einige Wenige, insbesondere die Abhängigkeit von Tech-Unternehmen aus den USA und China, sind ein Risiko für Europas digitale Souveränität, Wohlstand und Demokratie.

Wer, wie und wann am Austausch teilhaben kann, liegt in der Hand von Konzernen und deren CEOs, deren Interessen teilweise von rechtsradikalen oder autoritären Kräften beeinflusst bzw. bestimmt sind. Das zeigt die massive Unterstützung von Musk mit seiner Plattform X für Trump und rechtsradikale Parteien in Europa, genauso wie Metas Abkehr von Faktenchecks und Hassrede-Moderation in vorauseilendem Gehorsam gegenüber Trump.

Offener Brief

Konkrete Forderungen für eine demokratiefördernde Digitalisierung

Konkret fordern die Unterzeichner eine wirksame Kontrolle der Algorithmen – was einfach zu formulieren, aber gewiss nicht einfach umzusetzen sein wird – und eine konsequente Durchsetzung des bestehenden EU-Rechts, um regulatorische Lücken zu schließen und "gemeinwohlorientierte Plattform-Alternativen" zu stärken.

Im Detail verlangen sie von einer neuen Bundesregierung:

1. Die effektive Umsetzung von EU-Gesetzen wie dem Digital Services Act und dem Digital Markets Act, ohne dem Druck aus den USA nachzugeben.
2. Eine Ergänzung der Regulierung, um mehr Transparenz bei den algorithmischen Systemen von Plattformen zu erreichen und problematische Geschäftsmodelle einzudämmen.
3. Den Aufbau und die Stärkung von gemeinwohlorientierten digitalen Plattformen durch die Förderung von Projekten wie Wikipedia oder dem Fediverse.

Eine Neuausrichtung der digitalen Plattformen, so die Hoffnung, könnte eine wirtschaftliche Chance für Europa darstellen, da der Großteil der Technologien und Dienstleistungen für die digitale Transformation derzeit außerhalb der EU entwickelt wird.

Das könnte man doch ändern? Die Hoffnung gibt es schon länger. Sie könnte nun durch die neue Belegschaft im Weißen Haus einen neuen Schwung erhalten.

SaveSocial: Kampagne für ein demokratisches Internet

Parallel zur Forderung nach Plattformregulierung läuft die Kampagne SaveSocial, die sich für die Rückeroberung des Internets und die Stärkung von Alternativen einsetzt.

Diese Kampagne wird von verschiedenen Verbänden und prominenten Persönlichkeiten getragen und hat bereits eine Petition mit über 240.000 Unterschriften ins Leben gerufen. Ihre Forderung lautet: "Soziale Netzwerke als demokratische Kraft retten".

Das freie Internet werde abgeschafft, so die Feststellung. Der Journalismus werde zum Verlustgeschäft, da Big-Tech-Konzerne den Großteil der Werbeeinnahmen vereinnahmen, was dazu führe, dass sich Journalisten und Medienunternehmen an die Plattformen anpassen und sich deren Algorithmen unterordnen.

Die rasante Einführung von generativer KI beschleunigt diesen Prozess: Nutzende haben kaum noch Anlass, Webseiten einer Originalquelle zu besuchen, weil KI-gestützte Suchmaschinen die Inhalte zusammenfassen – auf Basis intransparenter technischer Prozesse, die den Tenor oder Aussagen verändern, oft unter vielfachem Urheberrechtsbruch.

Diese KI-Dienste sind dazu angetan, die Vormachtstellung der Plattformkonzerne zu zementieren und journalistische Medien weiter zu marginalisieren, bevor sie aussterben.

Das freie Internet wird abgeschafft – es wurde von den Big-Tech-Monopolen übernommen. Die wachsende Dominanz der Plattformkonzerne für Information und Austausch führt zu einer Konzentration von Meinungsmacht, die unsere Demokratie gefährdet.

Save social

Das Internet gehöre doch uns allen, darum gehe es jetzt, so die Initiative, die in einem Manifest erklärt, warum die Befreiung von der Dominanz der Monopolkonzerne nötig ist und wie die wesentlichen Punkte dazu ausschauen