Plug'n Play mit Quantenkryptografie
Schweizer Physikern ist es gelungen, einen Quantencode über eine Distanz von 67 Kilometern zu übermitteln
"Wenn es doch bei dieser verdammten Quantenspringerei bleiben soll, so bedaure ich, mich überhaupt jemals mit der Quantentheorie abgegeben zu haben", soll Erwin Schrödinger in einem Streitgespräch mit Niels Bohr einst ausgerufen haben.
Und es sieht schwer danach aus, dass die Quanten munter weiter springen und ihre Hüpfer zunehmend praktisch genutzt werden können. Noch gibt es in der Quantenkryptografie keine echte kommerzielle Verwertung, aber das könnte sich bald ändern. Ein Agent des US-Geheimdienstes "National Security Agency" (NSA, Vgl. No Such Agency) besuchte jedenfalls kürzlich Genf, um sich vor Ort ein Bild davon zu machen, wie weit die Technik dort schon fortgeschritten ist. Die NSA ist Spezialistin in Ver- und Entschlüsselung und die Forschungsgelder für Quantenkryptografie wurden kürzlich explizit unter ihre Obhut gestellt. Und in Genf werden die ersten Quanten-Kryptografiegeräte von den Wissenschaftlern der Universität, bzw. ihrer Firma Id Quantique entwickelt. Noch wurde zwar keiner der grauen Kästen, die ein Glasfaserkabel verbindet, auf dem freien Markt verkauft, bisher stehen sie nur in wissenschaftlichen Laboren. Aber die kommerzielle Nutzung ist das definierte Ziel der Kooperation.
Das interessiert die amerikanischen Kryptospione natürlich mächtig, denn absolut sichere Verschlüsslungssysteme käuflich für jeden - diese Vorstellung muss für sie ein absolutes Horrorszenario sein.
Jetzt berichtet das Team D. Stucki, N. Gisin, O. Guinnard, G. Ribordy und H. Zbinden von der "Groupe de physique appliquée" der Université de Genève in einer Spezialausgabe des New Journal of Physics, das komplett der Quantenkryptografie gewidmet ist, über einen neuen Distanzrekord. Es gelang ihnen mit dem von ihnen entwickelten Quantenkryptografie-System einen Geheimcodes über 67 Kilometer zwischen Genf und Lausanne zu übertragen (Vgl. Quantum key distribution over 67 km with a plug&play system). Die Wissenschaftler testeten ihre Geräte unter realen Bedingungen, sie benutzten für die Übertragung existierende Telekommunikations-Glasfaserkabel.
Der Sender, genannt Alice, schickt den Schlüssel an den Empfänger namens Bob. Versucht ein Spion (von den Kryptologen üblicherweise Eva genannt) Zugriff zu bekommen, verrät die ankommende Nachricht Bob durch die quantenmechanischen Besonderheiten des Systems mit absoluter Sicherheit (anhand der Polarisation, Vgl. Quantenkryptographie), ob jemand mitgehört hat. Die Forscher erklären das in einem früheren Aufsatz folgendermaßen:
Da die Übertragung auf einzelnen Photonen basiert, ist es dem Spion unmöglich, eine kleinen, von Bob nicht bemerkbaren Anteil des optischen Signals abzuzweigen um seine Messung daran vorzunehmen. Er kann ein Photon entweder unbeobachtet zu Bob passieren lassen, in welchem Fall er keinerlei Information über dessen Zustand erhält, oder dieses als Ganzes messen und ein entsprechend dem Resultat der Messung präpariertes Ersatzphoton weiterschicken. Bedingt durch die Verwendung nichtorthogonaler Zustände ist es ihm jedoch unmöglich, den Zustand des Photons korrekt zu ermitteln.
Alice und Bob vergleichen Listen von Bits, die sie sich parallel öffentlich sowie verschlüsselt geschickt haben und können so klar jede Intervention von außen erkennen. Ist der Kanal sicher, können sie nun getrennt die mit dem bereits gesendeten Schlüssel codierte Nachricht schicken.
Die Forscher von der Universität Genf haben ein Plug&Play-System geschaffen, mit dem sie den Kryptografie-Markt erobern wollen. Ihr Anliegen ist es, Anwendergeräte zu entwickeln. Zu diesem Zweck haben sie auch die Spin-Off-Firma Id Quantique gegründet. In ihrem Artikel kommen sie zu dem Schluss:
Wir stellen hier den Prototyp eines Quantenkryptografie-Systems vor, das einfach mit einer Steckdose in der Wand, einem Standard-Glasfaserkabel und einem Computer via USB-Port verbunden werden kann. Es ermöglicht eine Schlüsselübertragung über eine Distanz von mehr als 60 km... Es ist kommerziell erhältlich.
Die NSA hat bestimmt schon mindestens einen Satz dieser Quantenkryptografie-Geräte bestellt und ansonsten ist zu vermuten, haben sie bestimmt großes Interesse an der Erforschung der Erzeugung von möglichst perfekten Photonenklonen. Eine Gruppe von Physikern der University Oxford berichtete im März, es sei ihnen gelungen, sehr nahe an das Klonen von Photonen herangekommen zu sein (Vgl. Quantum cloning nears perfection limit in NewScientist. Sollte das gelingen, wäre die Quantenkryptografie erledigt.