Politisches Erdbeben in Teheran: Neuer Atomdeal mit Moskau?

Luca Schäfer
Ein Mann im Anzug mit einem Blatt Papier, die iranische Flagge auf einem Tisch

Irans Vizepräsident Mohammed Dschawad Sarif hat sein Amt niedergelegt

(Bild: Gabriel Petrescu/Shutterstock.com)

Im Iran liegen die Nerven blank. Der Wirtschaftsminister wird gestürzt, Vizepräsident Sarif geht freiwillig. Jetzt soll Russland in den Atomverhandlungen mit Trump vermitteln.

Es klingt wie eine Wiederholung: Im August 2024 trat einer der 14 Vizepräsidenten des Iran nach nur 11 glanzlosen Tagen im Amt zurück.

Es handelte sich, damals wie heute, um einen der wichtigsten Männer des Reformpräsidenten Massud Peseschkian, den Verhandlungsspezialisten, iranischen "Vater" des JCPOA genannten Atomabkommens und Beauftragten für "strategische Fragen": Mohammed Dschawad Sarif.

Im August konnte Sarif umgestimmt werden, die Hintergründe seiner vorzeitigen Rückkehr blieben im Dunkeln, denn das Kabinett des hoffnungsvoll gestarteten Präsidenten Peseschkian blieb von Hardlinern durchsetzt.

Kontaktaufnahme mit Washington?

Und heute? Wie die staatliche iranische Nachrichtenagentur IRNA meldet, reichte Sarif nur wenige Stunden nach der parlamentarischen Absetzung von Wirtschaftsminister Hemmati sein Rücktrittsgesuch beim Präsidenten ein.

Das kommt zur Unzeit: Niemanden könnte der Iran jetzt dringender brauchen als Sarif. Denn wie Bloomberg aus vertraulichen Quellen erfahren haben will, bahnt sich eine Kontaktaufnahme zwischen den USA und dem Iran an.

Ausgehend von den Gesprächen in Riad könnte sich Russland als Vermittler anbieten. Trump soll in einem Telefonat im Februar Interesse an einer Vermittlung in den stockenden Atomverhandlungen signalisiert haben.

Punktsieg für Hardliner

In der Majles (Parlament) ist es zu einer Palastrevolte gekommen. Im Parlament regieren die Hardliner mit einer Mehrheit. Deren Mantra, nicht erst seit dem einseitigen Ausstieg der USA aus dem JCPOA (unter Trump!), keine Verhandlungen mit dem "Großen Satan".

Frieden mit dem aus iranischer Sicht "kleinen Bruder" Israel ist angesichts des Terrors in Gaza und der virulenten Angriffe auf strategische Verbündete und Interessen des Iran nahezu undenkbar. Reformforderungen wird in der Regel mit nackter Repression begegnet.

Auch wenn die westliche Einflussnahme an Bigotterie kaum zu überbieten ist: Das Schicksal der Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotoudeh oder der Hausarrest für den Leitstern der "Grünen Bewegung" Mir Hossein Moussawi sprechen eine strikt antidemokratische Sprache.

Das iranische Parlament hat am vergangenen Sonntag für die Absetzung des Finanz- und Wirtschaftsministers Adolnasr Hemmati votiert. Zuvor war dieser in einer langen Debatte von Präsident Peseschkian verteidigt worden.

Die wirtschaftlichen Probleme hingen nicht "mit einer Person zusammen", sondern man befinde sich in einem "umfassenden Wirtschaftskrieg mit dem Feind". Geholfen hat es wenig: 182 zu 89 Stimmen sind eine schallende Ohrfeige für den Präsidenten. Zu seinem Nachfolger wurde Rahmatollah Akrami bestimmt: Er begleitete das Amt bereits kurzzeitig unter Hassan Rouhani.

Sündenbock Hemmati?

Nimmt man den positiven Fall an, dass die konservative Fraktion der herrschenden politischen Elite den verarmenden Massen "nur" einen Sündenbock präsentieren wollte, so ist dies plausibel.

Die galoppierende Inflation muss gestoppt werden, denn die Endverbraucherpreise lassen Hunderttausende, zum Teil gut ausgebildete Menschen, verarmen. Es sollte Druck aus dem Kessel drohender sozialer Proteste genommen werden. Ob dies jedoch Regimestabilität bringt und die kritischen Massen der iranischen Republik besänftigt, darf stark bezweifelt werden.

Auf der einen Seite: Während Hemmatis Amtszeit kletterte der iranische Rial von 600.000 Rial auf 920.000 für einen US-Dollar. Im Iran ist man seit Jahren dazu übergegangen, die Währung im Basar und bei Alltagsgeschäften in Toman (mit gestrichener Null) anzugeben.

Andererseits: Der Präsident hat Recht. Eine Personalrochade schafft keine blühende Wirtschaft. Das Sanktionsregime der westlichen Staatenwelt ist langfristig und grenzenlos.

Zwar sättigt China (neben den VAE) den iranischen Markt mit einer wahren Flut an Konsumgütern, doch der Kaufkraftverlust birgt das größte Risiko. Im Gegensatz zu anderen Staaten der "Achse der Sanktionierten" hat es in der iranischen Geschichte selten an Angebot gefehlt.

Doch Hemmati hat ein Imageproblem: Er ist der ideale Sündenbock. Als Kritiker der bisherigen Wirtschaftsmaßnahmen und ehemaliger Direktor der Zentralbank (2018-2021) hatte er eine besondere Bringschuld. Die steigenden Lebensmittelpreise brachen ihm politisch das Genick.