Polizei greift durch
Vor dem Start der Sicherheitskonferenz wurden 250 Demonstranten festgenommen, die mit großem Polizeiaufgebot abgeriegelte Konferenz wurde von dem frisch gekürten Unionskanzlerkandidaten Edmund Stoiber eröffnet
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Verbot der geplanten Kundgebungen gegen die Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik bestätigt und auf den gesamten Stadtraum ausgedehnt (Update: Verbot aller Demonstrationen in München).
Für eine Klage für das Demonstrationsrecht vor dem Bundesverfassungsgericht blieb nach Angaben des Bündnisses gegen die Konferenz keine Zeit mehr. Es fanden sich dennoch gestern Abend am Marienplatz um die 2000 Menschen ein, die ihrem Protest durch ihre Anwesenheit Geltung verschaffen wollten.
Mit einem massiven Aufgebot versuchte die Polizei die Menge aufzulösen und zurück zu drängen. Dabei wählten die Ordnungskräfte willkürlich einzelne Demonstranten aus und nahmen sie in Gewahrsam. Ungefähr 200 Menschen waren von dieser Maßnahme betroffen, es kam zu über 50 Verhaftungen. Im Stadtteil Neuhausen kesselten die Polizei 50 Demonstranten etwa eine Stunde ein, um schließlich auch diese in Gewahrsam zu nehmen.
Die in Gewahrsam genommenen Demonstranten wurden teilweise in die ehemalige McGraw-Kaserne überführt ohne zu wissen, was mit ihnen passiert. Nach mehrmaliger Durchsuchung und Sicherstellung aller von ihnen mitgeführten Gegenstände mussten sie dort hinter Gittern mehrere Stunden auf die angekündigte Vernehmung warten, die dann aber nicht durchgeführt wurde. In dieser Zeit gab es keine Gelegenheit, Anrufe zu tätigen oder mit verantwortlichen Beamten zu sprechen. Nach 10 Stunden durften die letzten Festgesetzten gehen und können nun mit der Anzeige einer Ordnungswidrigkeit wegen des Verstoßes gegen das Demonstrationsverbot rechnen.
Der bayerische Innenminister Beckstein hattegestern noch die Stadtratsfraktion der GRÜNEN, die zu einer Protestkundgebung gegen das Demonstrationsverbot aufgerufen hat, für etwaig erfolgende Ausschreitungen mitverantwortlich gemacht: "Mit der geplanten Kundgebung gegen das gerichtlich bestätigte Demonstrationsverbot konterkarieren die GRÜNEN nicht nur die Entscheidung ihres Oberbürgermeisters. Sie bieten damit Chaoten einen Kristallisationspunkt für gewalttätige Aktionen und machen sich damit für etwaige Gewaltaktionen geradezu mitverantwortlich." Die Münchener Grünen erklärten zum Demonstrationsverbot, unter das auch ihre Protestveranstaltung gegen die Einschränkung der Meinungsfreiheit fällt: "Dies ist ein schwarzer Tag für das liberale und weltoffene München. Das Kreisverwaltungsreferat und insbesondere auch OB Ude haben dazu beigetragen, dass die Situation im Vorfeld der Sicherheitskonferenz eskaliert, um jetzt ein komplettes Demonstrationsverbot zu erteilen. Und sie haben die Chance verpasst, mit den Veranstaltern der Demonstrationen zusammen gegen Gewalt und für einen friedlichen Protest aufzurufen."
Schwerpunkte der weiträumig abgesperrten Münchner Sicherheitskonferenz sollen der internationale Kampf gegen den Terrorismus sowie die Zukunft der NATO sein. Eröffnet wurde sie mit einer Rede von Edmund Stoiber. Er forderte Europa dazu auf, mehr "Verantwortung für den Weltfrieden" zu übernehmen, wozu mehr Geld für die Verteidigung ausgegeben werden müsse: "Wir müssen auch in der Lage sein, Konflikte notfalls mit militärischen Mitteln zu beenden. Militärische Optionen sind notwendig zum Schutz des Friedens und der Menschenrechte." An der Tagung nehmen etwa 300 Politiker und Sicherheitsexperten teil, darunter auch NATO-Generalsekretär George Robertson, Verteidigungsminister Scharping und der stellvertretende US-Verteidigungsministers Paul Wolfowitz. Die Reden auf der www.securityconference.de/ können live im Internet mit verfolgt werden.
Wolfowitz wird dazu aufrufen, dass die NATO weiter am Krieg gegen den internationalen Terrorismus teilnehmen soll: "Facing that danger, countries must make a choice. Those that stand for peace, security and the rule of law-the great majority of countries in the world-stand united with us in this struggle between good and evil. Those countries that choose to tolerate terrorism and refuse to take action-or worse, those that continue to support it-will face consequences. As President Bush said last Tuesday, "Make no mistake about it: If they do not act, America will." Nations cannot afford to act like those neutral nations 60 years ago, of whom Winston Churchill so acidly observed: "Each one hopes that if he feeds the crocodile enough, the crocodile will eat him last." US-Verteidigungsminister Rumsfeld hatte kürzlich die Konsequenzen aus den Terroranschlägen und dem Krieg in Afghanistan zu ziehen gesucht: Rechtzeitiger Angriff ist manchmal die beste Verteidigung.