Polizeieinsatz gegen Klimaschutz-Blockaden: Motivation durchwachsen
Die Gewerkschaft der Polizei hatte die Einsatzplanung für den "August Riseup" in der Hauptstadt scharf kritisiert. Schmerzgriffe wurden dennoch angewendet
Es war eine Frauenstimme mit "Berliner Schnauze", die sich vom Lautsprecherwagen der Polizei aus zu Wort meldete, als am Montagvormittag rund 300 Menschen den Platz des 18. März am Brandenburger Tor besetzt hatten, um von der politischen Klasse mehr Ernsthaftigkeit in Sachen Klimaschutz zu fordern. An die Einhaltung der Corona-Regeln erinnerte sowohl die Beamtin als auch eine Rednerin des Netzwerks Extinction Rebellion (XR), das zum "August Riseup" in Form von Blockaden und anderen Protestaktionen in der Hauptstadt aufgerufen hatte.
"36 Grad und es wird noch heißer"
Zum Auftakt der Aktionswoche durfte auch etwas Galgenhumor nicht fehlen: Der 2Raumwohnung-Song "36 Grad und es wird noch heißer" wurde gespielt; eine Gruppe von Frauen in bunten Blumenkleidern, beschmiert mit schwarzer Farbe, die an das Verfallsdatum des fossilen Kapitalismus erinnern sollte, wiegte sich dazu in den Hüften. Der menschengemachte Klimawandel führe in Zukunft und teilweise schon jetzt zu Kriegen und sozialen Verwerfungen, hieß es in Redebeiträgen.
Der Straßenverkehr wurde zunächst umgeleitet. Auch in den umliegenden Straßen gab es Blockadeversuche, die zum Teil von der Polizei verhindert wurden. Rund ein Dutzend Personen blockierte aber kurzzeitig einen Teil der Scheidemannstraße. Die Motivation der Einsatzkräfte, gegen gewaltfreie Aktionen dieser Art vorzugehen, war jedoch unterschiedlich ausgeprägt.
"Absoluter Wahnsinn"
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte zuvor die "ausufernde Personalplanung" kritisiert: "Das ist absoluter Wahnsinn, wie sorglos hier die Gesundheit unserer Kolleginnen und Kollegen mit Füßen getreten wird", erklärte GdP-Landeschef Norbert Cioma. "Man kann doch nicht ernsthaft eine Projektgruppe einrichten, um über die seit Jahren ansteigende Belastung sowie mögliche Kompensationsmöglichkeiten zu sprechen und dann einfach alles in den Dienst rufen, weil man Angst davor hat, dass es kurz vor den Wahlen irgendwo ein unschönes Bild gibt."
Gleichwohl wurde ein wesentlicher Teil der für Montag geplanten Aktionen von der Polizei verhindert und ein Fahrzeug mit mutmaßlich zum Barrikadenbau geeignetem Material beschlagnahmt. Bei der Räumung der Blockade am Brandenburger Tor am Nachmittag und einer weiteren Besetzungsaktion im Monbijou-Park wurden die Beamten zum Teil rabiat: Schmerzgriffe wurden angewendet, Personen an den Haaren gezogen und über den Asphalt geschleift.
Eine weibliche Person sei gleich zu Beginn am Brandenburger Tor von einem Beamten ins Gesicht geschlagen worden, sagte XR-Pressesprecher Tino Pfaff am Dienstagmorgen gegenüber Telepolis. Einige Beamte seien zwar kommunikativ gewesen, andere hätten sich aber "absolut nicht im Griff gehabt".
Bei der Räumung der Blockade auf dem Platz des 18. März hatte die Polizei auch Lösungsmittel eingesetzt, weil sich eine kleine Gruppe von Beteiligten mit einem Sekundenkleber auf der Straße festgeklebt hatte.
Nachdem in Medienberichten von zwei Festnahmen und sieben verletzten Polizeibeamten im Monbijou-Park die Rede gewesen war, konnte die Pressestelle der Polizei dies am Dienstagvormittag gegenüber Telepolis nicht bestätigen: Es seien insgesamt drei Beamte verletzt worden und insgesamt 56 "freiheitsentziehende beziehungsweise freiheitsbeschränkende Maßnahmen" erfolgt, jedoch überwiegend nur zur Personalienfeststellung. Zur Art der Verletzungen der drei Beamten konnte die Polizeisprecherin keine näheren Angaben machen.
Es werde zwar wegen verschiedener Straftaten ermittelt, sie wisse aber nicht, ob Körperverletzung dabei sei, erklärte die Sprecherin. So blieb zunächst unklar, ob es sich um Unfälle gehandelt hatte. In dem Park waren Protestierende unter anderem auf Bäume und Tripods geklettert. In einem Bericht der BZ hatte es nur geheißen, die "sieben" Beamten seien "glücklicherweise nicht schwer" verletzt worden.
An diesem Dienstag um 15 Uhr wollen XR und andere Gruppen wie Parents for Future, Omas gegen Rechts und das Bündnis für ein Ökozidgesetz zwei angemeldete Demonstrationszüge vor den Berliner Zentralen der Regierungsparteien CDU und SPD starten, die sich am Brandenburger Tor vereinigen sollen.