Präzision oder Untergang: Planetare Verteidigung braucht mehr als Raketen

Uwe Kerkow
mehrere Gesteinsbrocken in der Nähe der Erde vom Weltraum aus gesehen.

Grafik: Mikael Damkier, shutterstock

Die Abwehr von gefährlichen Asteroiden ist keineswegs trivial. Je weiter die Forschung fortschreitet, desto mehr Schwierigkeiten tauchen auf. Was wird getan?

Die Abwehr von Asteroiden im Weltall durch Sprengung oder Ablenkung aus ihrer Flugbahn ist ein beliebtes Thema der Science-Fiction und hat auch Hollywood schon zu einem – finanziell äußerst erfolgreichen – beinahe Armageddon inspiriert.

Denn wenn ein massiver Asteroid auf die Erde zurast, scheint die Lösung naheliegend: Man starte eine Raumsonde, lasse sie in den gefährlichen Himmelskörper krachen, um ihn aus der Bahn zu bringen.

Eine solche Technologie könnte in Zukunft noch wichtiger werden, weil aktuell über eine ganz neue Klasse von praktisch unsichtbaren Asteroiden im inneren Sonnensystem geforscht wird, wie Science Alert meldet.

Man lasse eine Raumsonde in einen Asteroiden krachen

Mit der Dart‑Mission hat die US-Raumfahrtbehörde Nasa schon 2022 einen Asteroiden erfolgreich mit einer Raumsonde bombardiert. Die Nasa veränderte die Umlaufbahn des Asteroiden Dimorphos messbar und konnte so beweisen, dass das Konzept funktioniert.

Selbstverständlich reicht es bei großen oder riesigen Killerasteroiden nicht aus, einfach ein Raumschiff hinstürzen zu lassen, um eine Bahnablenkung zu bewirken. Außer der Größe spielt auch die Beschaffenheit eine Rolle: Die schmutzigen Schneebälle bestehen vornehmlich aus Eis, sind vergleichsweise leicht, zerbrechen aber dafür leicht.

Andere Brocken bestehen überwiegend oder ausschließlich aus Stein oder Metall, und für sie benötigt man höhere Energien, um Bahnabweichungen zu bewirken.

Eis und Schnee oder Stein und Metall?

Zwar können wir größere Brocken früher entdecken, sie sind aber eben auch nur entsprechend schwer zu beeinflussen. Bei sehr großen Asteroiden, wie dem Chicxulub-Impaktor mit neun Kilometer Durchmesser, der die Dinosaurier ausgelöscht hat, reicht selbst eine große, oberflächliche Atombombenexplosion nicht aus, um die Gefahr abzuwenden.

Und nun offenbart die neuere Forschung noch eine weitere, äußerst unangenehme Möglichkeit, wie wir Fehler bei dem Versuch machen können, einen Asteroiden aus der Bahn zu werfen. Es kann nach neuen Berechnungen nämlich durchaus passieren, dass ein Einschlag wie der der Dart‑Mission lediglich aufschiebende Wirkung entfaltet.

Ein Treffer an der falschen Stelle des Asteroiden würde dessen Einschlag auf der Erde also womöglich einfach nur verzögern.

Ein Treffer an der falschen Stelle

Wie europlanet.org berichtet, haben Wissenschaftler der Universität von Illinois herausgefunden, dass schlecht gezielte Versuche zur Ablenkung von Asteroiden Weltraumfelsen versehentlich auf ungünstige Bahnen lenken könnten. Dann würden sie die Erde dennoch treffen – nur eben Jahre oder Jahrzehnte später.

Die Forscher haben die Regionen im All, in denen so etwas geschehen kann, Gravitations-Schlüssellöcher (gravitational keyholes) getauft. Es handelt sich dabei um vergleichsweise kleine Regionen im All, in denen die Schwerkraft eines Planeten die Bahn eines vorbeiziehenden Asteroiden so verändern kann, dass er später auf Kollisionskurs zurückkehrt.

Um dieses Problem zu lösen, hat die Nasa eine Art “Wahrscheinlichkeitskarten“ entwickelt, die die sichersten Stellen identifizieren, an denen man jeden Asteroiden treffen sollte.

Schlüssellöcher mit Gravitationseffekten

Für die Erstellung dieser Karten braucht es detaillierte Kenntnisse der Eigenschaften des Asteroiden, etwa seiner Form, Oberflächenmerkmale, Rotation und Masse. Idealerweise geschieht dies mit einer Mission, die dem Asteroiden begegnet und dabei hochauflösende Bilder und andere Daten liefert.

Wenn ein Asteroid spät entdeckt wird und wenig Zeit bis zu einem möglichen Einschlag bleibt, sind die Wissenschaftler auf erdgebundene Beobachtungen mit Teleskopen angewiesen, die natürlich nur entsprechend simplere Karten liefern können.

Die Forschenden haben bereits Wahrscheinlichkeitskarten für gut untersuchte Asteroiden wie Bennu erstellt – inklusive Markierungen für die optimalen Einschlagstellen.

Planetare Verteidigung erfordert präziseste Planung

Deshalb soll die Hera-Mission der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) die Ergebnisse des Dart-Einschlags weiter untersuchen und im Dezember 2026 beim Didymos und Dimorphos System ankommen.

Bisher hatten wir ziemlich viel Glück: Es wurde nichts Bedeutendes gefunden, das direkt auf uns zusteuert. Doch mit unserer Kenntnis über unser Sonnensystem wird, wächst auch die Wahrscheinlichkeit, dass wir irgendwann eines Tages einen Asteroiden entdecken, der auf die Erde zuhält.

Klar ist aber jetzt schon mal: Planetare Verteidigungsmissionen erfordern ein gerütteltes Maß an unglaublich präziser Planung.