Privatisierung der Bundesfernstraßen dank Maut auf Kurs

Seite 2: Konsequente Privatisierung der Fernstraßen-Infrastruktur

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die privatrechtliche Organisation der für den Bereich der Bundesfernstraßen schafft die Möglichkeit, privates Kapital für den Unterhalt und Ausbau der Fernstraßen einzusammeln. Dies bietet Banken und Versicherungen Möglichkeiten der Geldanlage, die sie bei den üblichen Staatspapieren derzeit nicht mehr vorfinden. Und für den Staat, der sich trotz niedriger Kapitalzinsen eine Schuldenbremse auferlegt hat, bietet die Ausgliederung der Verkehrswege die Möglichkeit, diese auch in Zukunft über Kredite zu finanzieren, die nicht dem Bundeshaushalt zugeordnet werden.

Bislang werden nur Teilbereiche des Bundesfernstraßenbaus als durchaus umstrittene ÖPP-Projekte betrieben. Hierbei kommen derzeit zwei unterschiedliche Verfahren zum Einsatz. Das häufigste ist das sogenannte A-Modell. Bei diesem Modell übernimmt ein privater Investor den Ausbau von Autobahnabschnitten, deren bauliche und betriebliche Erhaltung sowie die anteilige Finanzierung über einen Zeitraum von üblicherweise 30 Jahren. Das A-Modell kam im Zusammenhang mit der Einführung der streckenbezogenen LKW-Maut im Jahr 2005. Die Refinanzierung des privaten Investors erfolgt aus dem Gebührenaufkommen aus der Lkw-Maut auf dem jeweiligen Streckenabschnitt auf Basis eines verkehrsbezogenen Vergütungsmodells.

Zu den bekanntesten Beispielen zählt die BAB A 1 "Hansalinie" zwischen AK Bremen – AD Buchholz. Die insgesamt 72,6 km lange Strecke hat der Konzessionsnehmer A1-mobil GmbH & Co. KG zunächst 6-streifig auszubauen und anschließend zu erhalten. Die Strecke, auf der der Konzessionsnehmer den Betriebsdienst zu übernehmen hat, ist aus betriebsorganisatorischen Gründen ca. 7 km kürzer und beträgt 65,6 km. Konzessionsbeginn war am 04. August 2008. Bei Oyten bröckelte der durch das Konsortium "A1-mobil" verlegte Flüsterasphalt schon kurze Zeit nach dem Einbau großflächig ab. Daher musste die Fahrbahn gesperrt und als Notlösung der alte Fahrstreifen wieder in Betrieb genommen werden.

Im Baustellenbereich kam es aufgrund der verengten Fahrspuren immer wieder zu Unfällen mit tödlichem Ausgang. Die auf der Stecke dann realisierten Maßnahmen zur Unfallverhütung waren nicht Teil des Konzessionsvertrages und müssen aus der Staatskasse bezahlt werden.

Wer ist die A1-Mobil GmbH & Co. KG? Die haftenden Gesellschafterin verfügt über ein Stammkapital von 26.000 Euro. Die Anteile am Unternehmen sind frei handelbar. Es ist zu erwarten, dass sie sich im Laufe der 30jährigen Konzessionszeit mehrfach ändern. Das Insolvenzrisiko liegt nach vorliegenden Informationen beim Konzessionsgeber, also letztlich dem Steuerzahler.

Auch bei den sogenannten F-Modellen für die Finanzierung von Sonderbauten wie Brücken, Tunnel, Pässe und ähnliche Vorhaben, läuft es nicht wirklich rund. Dies zeigt sich beispielsweise in Rostock beim Warnowtunnel. Hier wurde inzwischen die Konzessionszeit von 30 auf 50 Jahre verlängert und die Nutzergebühren werden weiter angehoben.

Nach den Vorstellungen des Bundesfinanzministers soll die Finanzierung über ÖPP-Modelle künftig lückenlos für das ganze bundeseigene Fernstraßennetz möglich werden. Realisiert wird dies über eine 49,99-Prozent-Beteiligung privater Investoren an der Infrastrukturgesellschaft künftig für das ganze bundeseigene Fernstraßennetz möglich werden.

Über die bestehende entfernungsabhängige LKW-Maut und die geplante pauschale, nicht entfernungsabhängige Maut für PKW und Transporter zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen sowie möglicherweise auch Fernbusse, kann die Finanzierung der Bundesfernstraßen künftig vollständig am Bundeshaushalt und der parlamentarischen Aufsicht vorbei geführt werden.

Wem nützt die (Teil-)Privatisierung des Bundesfernstraßennetzes?

Die Auslagerung des Bundesfernstraßennetzes in eine teilprivate Infrastrukturgesellschaft nutzt letztlich nur den privaten Eigentümern. Hinsichtlich der anfallenden Rendite wird wohl wie bei den bisherigen ÖPP-Projekten der Schleier des Betriebsgeheimnisses über die Verträge gelegt werden. Klar scheint derzeit nur zu sein, dass die Bundesrepublik Deutschland Besitzer der Straßen bleibt. Sie trägt damit auch das Insolvenzrisiko, da sich das haftende Kapital bei den GmbH & Co. KG-Modellen an der unteren Grenze des rechtlich Zulässigen bewegt.

Banken und Versicherungen erhalten mit der Infrastrukturgesellschaft ein vergleichsweise risikoarmes und dennoch renditeträchtiges Anlagemodell und der Politik wird die Möglichkeit geboten, die großspurig verkündete Schuldenbremse einfach und elegant zu umfahren.

(Der Artikel wurde am Schluss ergänzt, d. Red.)