Privatjets und Co.: Wie die Superreichen in Deutschland die Klimakrise befeuern

Seite 2: Soziale Schieflage beim Klimaschutz

Der Klimakiller Privatjets verweist zudem auf eine soziale Schieflage beim Klimaschutz. Denn insbesondere die sehr reichen Schichten, insbesondere die Superreichen, sind für einen beträchtlichen Teil der Treibhausgase verantwortlich.

So prahlte der ehemalige Vorstandsvorsitzende von VW Herbert Diess einmal, dass er im Jahr 1300 Tonnen CO2 ausstoße. Er besitzt somit den Fußabdruck von etwa 120 Durchschnitts-Deutschen. Das Pariser "World Inequality Lab" (WIL) hat sogar errechnet, dass weltweit rund 800.000 Superreiche pro Kopf mehr als 2500 Tonnen CO2 jährlich produzieren. Setzt man einen ähnlichen Wert wie bei Diess für die oberen Zehntausend in Deutschland an, ergibt sich eine nicht unbeträchtliche Gesamtmenge, die eingespart werden könnte.

Schon wenn man dieser Gruppe nur noch das Zehnfache vom Durchschnitt gestattet – was nach wie vor Luxus wäre –, spart man auf einen Schlag die Treibhausgasmenge von über einer Million Normaldeutschen ein. Die Daten des WIL zeigen zugleich, dass die oberste gesellschaftliche Klasse von Einzelpersonen – die obersten 0,001 Prozent – eine so große Verantwortung trägt, dass ihre Entscheidungen die gleichen Auswirkungen auf das Klima haben können wie landesweite politische Maßnahmen.

An Ideen, die extremen Treibhausgas-Mengen, wie sie von Milliardären und Multimillionären produziert werden, insgesamt herunterzufahren, mangelt es nicht. Man könnte zum Beispiel die Nutzung von Privatjets, inakzeptable Luxus-Benzinverbräuche, CO2-intensive Yacht- und Kreuzfahrtschifffahrten, die Beheizung von mehreren Häusern, Villen und Apartments während der rasanten Dekarbonisierungsphase bis 2035 begrenzen.

Dadurch erhielte die Gesellschaft mehr Spielraum beim Umbau auf eine klimaneutrale Energieversorgung, was insbesondere den Mittel- und Unterschichten zugutekommen sollte. Genau den Schichten, die seit Anfang der 1990er-Jahre nicht nur ökonomisch verloren haben, sondern deren pro-Kopf-Emissionen laut WIL in den Industriestaaten zurückgingen, während die an der Spitze steil in die Höhe schossen. (siehe Seite 124 im WIL-Bericht)

Eine klimagerechte, faire Lösung, die das obere ein bis 0,1 Prozent der Bevölkerung dazu bringen würde, seinen CO2-Fussabdruck stark zu reduzieren, erfordert natürlich staatliche Regulierungen. Das könnten Kontingentierungen von besonders klimaschädlichem Verhalten sein. Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber bringt zudem einen privaten Emissionshandel ins Gespräch. Sein Vorschlag: Wer über drei Tonnen CO2 im Jahr verbrauche, müsse sich Verschmutzungsrechte von anderen zukaufen.

Das wäre sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Damit der Handel jedoch einen Steuerungseffekt bei Reichen und Vermögenden erzeugen kann, müsste der Preis für die Zertifikate entsprechend hoch bzw. progressiv gestaltet sein.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), lehnt eine derartige Obergrenze, die vor allem die Hochemittenten treffen würde, ab. Gegenüber dem ARD-Politikmagazin Panorama sagte er:

Ich konzentriere mich jetzt nicht auf die Frage eines individuellen Budgets.

Habecks Reaktion zeigt exemplarisch, dass die Klimaschutzpolitik den Aspekt der Klimagerechtigkeit und sozialen Balance bis heute weiter nicht im Blick hat. Das ist aber notwendig, national und global, wie eine Untersuchung der britischen Hilfsorganisation Oxfam mit dem Titel "Extreme Carbon Inequality" (Extreme Kohlenstoff-Ungleichheit) herausstellt. Sie zeigt auf, dass die ärmere Hälfte der weltweiten Bevölkerung – also über 3,5 Milliarden Menschen – für nicht mehr als zehn Prozent der globalen Treibhausgase verantwortlich ist.

Die reichsten zehn Prozent, die relativ kleine Gruppe von 700 Millionen Menschen, verursachen dagegen rund 50 Prozent der Emissionen. Die Organisation spricht von extremer Ungleichheit. Der Autor der Studie Tim Gore stellt fest:

Unterm Strich ist es so: Gehen wir den Klimawandel und die Ungleichheit nicht gleichzeitig an, kann weder das eine noch das andere gelöst werden.

Die Klimawende erfordert also zugleich eine soziale Wende. Denn nur, wenn es gerecht zugeht, können die Menschen dafür gewonnen und das nötige Tempo für den Umbau aufgenommen werden.

Die Begrenzung von klimaschädlichen Privatflügen wie anderen Luxus-Konsums kann also nicht nur schnell und minimalinvasiv viele unnötige Treibhausgase reduzieren. Es wäre auch ein wichtiges klimapolitisches Signal an die Bevölkerung, dass die Hauptverursacher ihren fairen Anteil zum Schutz der Erdatmosphäre beitragen müssen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.