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Project 2025: Trumps Plan gegen kritische Medien

Johannes Werner
Das FCC-Logo unter einer Lupe

Die US-Medienaufsicht FCC nimmt unabhÀngige Lokalsender ins Visier

(Bild: Postmodern Studio/Shutterstock.com)

Donald Trumps Medienaufseher nimmt unabhĂ€ngige Sender ins Visier. Was das fĂŒr die US-Medienlandschaft bedeutet. Ein Gastbeitrag.

WSLR 96.5 LP FM ist kein Moralapostel. Doch jedes Mal, wenn einer der ehrenamtlichen DJs des Community-Radios in Sarasota Rage Against the Machine oder Ugly God spielt, gerĂ€t Senderchef Jesse Coleman in Panik – wegen der F-Bomben.

Trumps Medien-Mikromanagement

Das F-Wort und Blasphemie stehen ganz oben auf Colemans No-Go-Liste, denn die Existenz des beliebten und rasant wachsenden Graswurzel-Radiosenders an Floridas GolfkĂŒste steht auf dem Spiel.

UnabhĂ€ngige, nicht-kommerzielle Medien in den USA – insbesondere ihre Nachrichtenabteilungen – stehen derzeit unter erheblichem politischen Druck.

Im Januar ernannte Donald Trump Brendan Carr zum Vorsitzenden der Behörde, die WSLR und weitere 144 Low-Power-UKW-Stationen in den USA beaufsichtigt. Eine der ersten Maßnahmen des neuen Chefs der Federal Communications Commission (FCC): Druck auf Pacifica Radio, das progressive Netzwerk von mehr als 200 Sendern, zu dem auch WSLR gehört.

Der erzkonservative Anwalt ist Mitverfasser von Project 2025, der politischen Roadmap fĂŒr die zweite Trump-Regierung. Das von Carr verfasste Kapitel zur Kommunikationspolitik beginnt mit den Worten: "Die FCC soll die Meinungsfreiheit fördern."

Doch das Brookings Institute sieht das Gegenteil: ein zunehmendes Mikromanagement von Medienorganisationen.

"Die im Project 2025 versprochenen ‘marktfreundlichen Regulierungen’ haben sich in ein Mikromanagement von Unternehmensentscheidungen verwandelt", schreibt Tom Wheeler, Analyst des liberalen Think Tanks in Washington. "Diese Eingriffe untergraben nun in besorgniserregendem Maße Entscheidungen, die eigentlich durch den First Amendment – das Grundrecht auf Meinungsfreiheit – geschĂŒtzt sein sollten."

Druck auf lokale Sender wÀchst

Das Pacifica-Netzwerk, das gemĂ€ĂŸigtere Radiosyndikat NPR mit rund 800 Mitgliedssendern sowie das TV-Syndikat PBS mit 350 Stationen stehen alle im Visier von Carr.

Im Fokus stehen zunĂ€chst die staatlichen Subventionen: Carr bezeichnet die öffentlichen Gelder fĂŒr diese drei gemeinnĂŒtzigen Organisationen als "eine halbe Milliarde Dollar pro Jahr, verschwendet fĂŒr linke Meinungen". Sein erklĂ€rtes Ziel: die Abschaffung der Corporation for Public Broadcasting, die Steuergelder an hunderte öffentliche Radio- und Fernsehsender verteilt.

Ein erster Schritt: Die FCC untersucht derzeit die sogenannte "Underwriting"-Praxis öffentlicher Sender. In einer PrĂŒfung gegen NPR, PBS und 13 lokale Sender will Carrs Behörde klĂ€ren, ob gemeinnĂŒtzige Sender kommerzielle Werbung betreiben. "Es ist möglich, dass NPR- und PBS-Sender Sponsorenhinweise senden, die die Grenze zur verbotenen Werbung ĂŒberschreiten", schrieb Carr im Februar in einem Brief an die Chefs von NPR und PBS.

Normalerweise werden Unternehmen, manchmal auch deren Produkte oder Dienstleistungen, zu Beginn von gesponserten Sendungen namentlich erwĂ€hnt – und das in einer von der FCC streng vorgeschriebenen Art und Weise. Doch Carr scheint darauf abzuzielen, diese Praxis zu beenden.

Ein geschĂ€tztes Viertel der Einnahmen öffentlicher Lokalsender stammt aus diesem Sponsoring. WĂ€hrend die Pandemie diese Einnahmen schrumpfen ließ, haben Spenden von Zuhörern diesen RĂŒckgang inzwischen mehr als ausgeglichen. Doch an einer anderen — bedrohlicheren — Front wĂ€chst der finanzielle Druck auf die öffentlich-rechtlichen Sender.

Das Project 2025 sieht auch vor, den Status der Öffentlichen als "non-commercial educational" Sender abzuschaffen. Das hĂ€tte gravierende Konsequenzen: Carr könnte nicht nur die Streichung von Steuergeldern rechtfertigen, sondern auch den gemeinnĂŒtzigen Status der Sender selbst in Frage stellen.

WSLR-Chef Jesse Coleman erklĂ€rt: "Den gemeinnĂŒtzigen Status zu verlieren, wĂ€re nicht nur symbolisch. Das könnte fĂŒr uns höhere LizenzgebĂŒhren bedeuten und regulatorische Schutzmaßnahmen abschaffen. Unsere Mission als Informationsquelle und Dienst an der Gesellschaft könnte untergraben werden."

Sarasota ist eines der konservativsten Countys im republikanisch dominierten Florida. Konservative Lokalpolitiker haben WSLR bereits als "woke" gebrandmarkt. Politischer Druck ist deshalb nichts Neues fĂŒr Coleman und den Sender. Teil des Senders ist das Fogartyville Community Center, eine beliebte BĂŒhne fĂŒr Livemusik, Dokumentarfilme und Kunstausstellungen.

Bis vor Kurzem erhielt das Fogartyville – wie fast alle Kulturinstitutionen in Sarasota – 40.000 Dollar aus dem lokalen Tourismussteuertopf. Doch im letzten Jahr wurde diese Förderung gestrichen, nachdem die County-Kommission neue Regeln einfĂŒhrte, die ausschließlich das Fogartyville, eine "woke"-verdĂ€chtige Kunstausstellung und ein Straßenkunstfestival betrafen. Obwohl das Fogartyville sich den neuen Regeln anpasste, wurde die Förderung dennoch ohne BegrĂŒndung gestrichen.

Der Sender reagierte mit einer spontanen Spendenkampagne unter den Schlagworten "Politik" und "Zensur". Innerhalb kurzer Zeite konnte WSLR die verlorenen Dollars durch Einzelspenden ausgleichen.

WĂŒtende UnterstĂŒtzer kamen persönlich mit einem Scheck in der Hand zur Station, um Dampf abzulassen.

EinschrÀnkungen trotz guter Finanzen

Paradoxerweise steht WSLR finanziell so gut da wie noch nie. Die Spendeneinnahmen steigen. Dank Erbschaften und grĂ¶ĂŸerer Spenden konnte der Sender sogar den Grundstein fĂŒr einen Stiftungsfonds legen. Auch andere Stiftungen leisten zunehmend finanzielle UnterstĂŒtzung.

Community Radio ist fast so beliebt wie KĂ€tzchen an der GolfkĂŒste Floridas. WSLR empfing im vergangenen Jahr zwar nicht die höchste Summe in Sarasota, aber es lag in der Zahl der Spender vor dem Cat Depot, einem Tierheim fĂŒr streunende Katzen.

Die positive finanzielle Entwicklung ist kein Einzelfall. Laut einer Studie des Pew Research Centers sind Spenden von Zuhörern fĂŒr öffentliche Sender in den USA im letzten Jahrzehnt – abgesehen von einem Einbruch wĂ€hrend der Pandemie – kontinuierlich gestiegen. WĂ€hrend Lokalzeitungen schrumpfen und reihenweise verschwinden, erleben Radionachrichten eine neue BlĂŒtezeit.

Craig Aaron, CEO von Free Press, einer Organisation, die sich fĂŒr Medienvielfalt und Demokratie einsetzt, erklĂ€rt dazu:

Carr mag öffentliche Medien nicht. Das ĂŒberrascht nicht – er ist kein Fan von Journalismus, der Politiker und MilliardĂ€re zur Verantwortung zieht. Damit entfernt sich Chairman Carr weit von den BedĂŒrfnissen der amerikanischen Öffentlichkeit. Das ganze Land verlĂ€sst sich auf lokale öffentliche Radio- und Fernsehsender fĂŒr verlĂ€ssliche Nachrichten und Meinungsvielfalt. In jeder Umfrage macht die Bevölkerung deutlich: Sie will mehr UnterstĂŒtzung fĂŒr öffentliche und Community-Medien – nicht weniger.

Johannes Werner ist Nachrichtenchef bei WSLR 96.5 FM [1] in Sarasota.


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[1] https://wslr.org/