Proteste an US-Universitäten: Die Sehnsucht, zu hassen

Seite 2: Klare Regeln

Was konkret nötig ist, auch das kann man aus den USA lernen, sind klare Regeln für die Universität und den öffentlichen Raum insgesamt: Regeln, aus denen hervorgeht, was ist in unserer Gesellschaft "sagbar" und was nicht? Wann wird Kritik zur "Hassrede"?

Wie schafft man es, einerseits Meinungs- und Redefreiheit so weit wie möglich uneingeschränkt zu garantieren und andererseits dafür zu sorgen, dass jede Form von Antisemitismus an den Universitäten verboten bleibt, und solche Verbote auch durchgesetzt werden?

Wichtig hierfür sind nicht nur "Code of Conducts" – das sind eher die Voraussetzungen. Wichtig ist, dass man die Möglichkeit schafft, wo sie bisher nicht existiert, Exmatrikulationen vorzunehmen – etwa bei körperlichen Angriffen gegen Studenten oder Lehrkräfte sollte es möglich sein, sofort ein Betretungsverbot des Campus und der Universitätsräume auszusprechen.

Selbstverständlich müssen ebenso Klagemöglichkeiten gegen solche Verbote und Exmatrikulationen garantiert sein, um nicht einer dozentischen oder institutionellen Willkür und vorauseilenden, reiner Angst geschuldeten Verboten Tür und Tor zu öffnen und rechtsstaatliche Verfahren zum Schutz der Bürger zu garantieren. Das liegt im gemeinsamen Interesse aller Beteiligten.

Symbole, Dissense und die rote Linie

Nötig ist auch, über das Verbot von Symbolen nachzudenken. Ähnlich wie NS-Symbole, aber auch die PKK-Flagge im öffentlichen Raum verboten wurde, muss man auch Symbole der Hammas und anderer islamistischer und muslimischer Terror-Organisationen verbieten.

Bei der Palästina-Flagge und ebenso bei der Kufiya es ist komplizierter. Beide aber fungieren oft als Symbol für anderes, und werden – ähnlich wie die Krake – in eindeutiger antisemitischer oder antiisraelischer Stoßrichtung verwendet.

Wichtig ist die Grundeinsicht, dass es nicht gelingen wird, Universitäten oder andere öffentlichen Räume zu purifizieren, zu reinigen. Widersprüchlichkeiten und Dissense, auch harte Dissense, müssen zugelassen und ausgehalten werden.

Die Grenze, eine rote Linie ist aber erreicht, wenn aus Streit und Dissens verbale Angriffe und Vernichtungsaufforderungen – und seien es auch nur verklausulierte Vernichtungsaufforderungen – werden. Vom Gebrauch körperlicher Gewalt gar nicht zu reden.

Ausgerechnet zu Pessach ist den Juden in Amerika jetzt etwas Unwiderbringliches genommen worden: Die Freiheit der Unversehrtheit und die Freiheit, ohne Angst studieren zu können. Es ist ein Elend. Ein Elend, das nicht nur die USA, sondern das Prinzip der Demokratie beschädigt und auf lange Zeit nachwirken wird.