Putin schlagen, Erdogan schonen
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Die EU bleibt auf Konfrontationskurs zu Russland. Die Wirtschaftssanktionen werden verlängert, das Ukraine-Abkommen wird vorangetrieben
"Es brennt an allen Ecken und Enden." So beschrieb Kommissionschef Jean-Claude Juncker einen Tag vor dem EU-Gipfel in Brüssel die Lage in und um Europa. Griechenland, die Türkei, Syrien und Ukraine heißen die Brandherde. Und über all dem schwebt der Schatten des kommenden US-Präsidenten Donald Trump, der auch noch das eine oder andere Feuerwerk entzünden könnte.
Doch über Trump wollten die 28 Staats- und Regierungschefs bei ihrem letzten Gipfel dieses Krisenjahres erst gar nicht sprechen. "Unsere Außenpolitik wird nicht in Washington entschieden", fertigte der scheidende EU-Parlamentspräsident und Möchte-Gern-Außenminister Martin Schulz alle Fragen zum vermuteten amerikanischen Kurswechsel ab. Damit lag er ganz auf Regierungslinie.
Denn auch Kanzlerin Angela Merkel wollte nicht über Trump sprechen. Und schon gar nicht über eine mögliche neue Russland-Politik. Um ganz sicher zu gehen, hatte sie schon vor dem EU-Gipfel die Marschroute festgelegt: Verlängerung der EU-Wirtschaftssanktionen um weitere sechs Monate, verkündete sie Arm in Arm mit dem französischen Staatspräsidenten Francois Hollande in Berlin.
Das könnte die EU zwar in eine missliche Lage bringen, wenn Trump die US-Sanktionen aufkündigt und die amerikanischen Unternehmen wieder (bzw. noch mehr) gute Geschäfte mit Russland machen. Es passt auch nicht zum Kurs des (noch) amtierenden EU-Ratspräsidenten Robert Fico, der die EU-Sanktionen für unsinnig hält. Sie hätten nicht zur Erfüllung der Minsker Vereinbarungen beigetragen, kritisierte der slowakische Regierungschef.
Doch das konnte Merkel und Hollande ebensowenig umstimmen wie die Bedenken von Italienern, Bulgaren und anderen traditionellen Russland-Freunden. Die Sanktionen wurden um sechs Monate verlängert, wie in Berlin bestellt. Auch mit einer zweiten Entscheidung stellten sich die 28 gegen Russland: Mit einer Zusatzerklärung wollen sie den Weg zur Ratifizierung des von Moskau scharf kritisierten Partnerschaftsabkommens mit der Ukraine ebnen.
Beziehung zur Ukraine in der Schwebe
Diese Erklärung soll es dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte ermöglichen, das Ukraine-Abkommen doch noch zu ratifizieren, obwohl die Niederländer in einer Volksabstimmung im Frühjahr dagegen gestimmt haben. In der Erklärung wird jetzt festgehalten, dass die Ukraine durch das Abkommen keine konkrete Perspektive auf einen EU-Beitritt erhält. Die 28 schließen auf Wunsch der Niederländer auch militärische Beistandsverpflichtungen oder Waffenlieferungen aus.
Doch welchen Wert hat diese Zusicherung, die ausdrücklich nicht als Beschluss des EU-Gipfels, sondern der 28 (also mit minderer Rechtsverbindlichkeit) gefasst wurde? Die Ukraine strebt weiter in die EU, das wird sich durch diesen Zusatz nicht ändern. Und die Gegner des Abkommens in den Niederlanden wollen sich durch die vage Zusicherung auch nicht umstimmen lassen, wie der Rechtspopulist Geert Wilders und die Sozialdemokraten sofort per Twitter klarstellten.
Auf Rutte und die Ukraine-Freunde in der EU kommen also noch schwere Zeiten zu, das Abkommen ist längst nicht in trockenen Tüchern. Wenn Rutte scheitert, könnte es vielmehr die gesamte EU erschüttern - und das ausgerechnet im Superwahljahr 2017, wo neben den Niederlanden auch Frankreich, Deutschland und womöglich Italien wählen. Dieses Feuer ist nicht gelöscht, der Brand schwelt weiter.