Quantentechnologie: Warum die US-Sanktionen gegen China wohl zu spät kommen
US-Maßnahmen gegen Quantentechnologie-Sektor Chinas. Aber ist das Land bei der Technologie noch zu stoppen? Was Washington plant und wie Beijing reagiert.
In der jüngst aktualisierten Exportkontrollliste des US-Handelsministeriums sind 22 führende chinesische Akteure der Quantenforschung und -industrialisierung aufgeführt.
Die Maßnahme könnte erhebliche Auswirkungen auf die Quantenforschung in China haben, vom Zugang zu fortschrittlicher Ausrüstung bis zum akademischen Austausch, fassen Physiker ihre Befürchtungen gegenüber der South China Morning Post zusammen.
Die Aufnahme in die schwarze Liste, die "Entity List", hindert US-Unternehmen daran, Materialien und Ausrüstung an die betreffenden Unternehmen zu verkaufen. Dies ist das zweite Mal, dass Forschungsinstitute und Unternehmen aus dem Bereich der Quantenforschung auf die schwarze Liste gesetzt wurden, aber der Geltungsbereich ist dieses Mal viel breiter gesteckt.
"Erhebliche Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA"
Das US-Bureau of Industry and Security hat die Institute und Firmen "wegen des Erwerbs oder des Versuchs des Erwerbs von Gegenständen US-amerikanischen Ursprungs, um [Chinas] Quantenfähigkeiten zu verbessern" hinzugefügt. Diese Aktivitäten hätten "erhebliche militärische Anwendungen und stellen eine erhebliche Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA dar", hieß es weiter.
"Chinesische Unternehmen daran zu hindern, Technologien zu erwerben, die die Quanten-, Drohnen- und Höhenüberwachungsprogramme der Volksrepublik China ermöglichen, ist für den Schutz der nationalen Sicherheit der USA von entscheidender Bedeutung", zitiert das Büro Matthew S. Axelrod, Assistant Secretary for Export Enforcement, in einer Pressemitteilung.
Chinas Hightech-Sektor, einschließlich der Quanteninformationstechnologie, ist seit Jahren Ziel von US-Sanktionen, insbesondere im Kontext von Pekings Verteidigungsfähigkeiten. Bereits im November 2021 wurden zwei Unternehmen der Quantenkommunikation und ein Forschungsinstitut als erste chinesische Unternehmen auf die schwarze Liste für US-Exporte gesetzt.
China weltweit führend in Quantenkommunikation
China ist heute schon weltweit führend in abhörsicherer Quantenkommunikation und plant ausgewählte BRICS-Staaten an diese Technologie teilhaben zu lassen.
China betreibt zudem seit 2021 Quantencomputer aus eigener Herstellung. Origin Wukong ‒ Chinas erster selbst entwickelter supraleitender Quantencomputer der dritten Generation ‒ wurde im Januar 2024 weltweit für interessierte Nutzer geöffnet.
Die US-Behörden erweitern ihre antichinesischen Sanktionslisten zu einem Zeitpunkt, da sowohl in den USA als auch in China Möglichkeiten gefunden wurden, die Fehleranfälligkeit von Quantensystemen beherrschbar zu machen und die Rechner besser nutzen zu können.
Akademischer Austausch könnte leiden
Die sanktionierten Forschungsinstitute fürchten allerdings, dass der akademische Austausch zwischen China und den USA unter den neuen Vorschriften leiden wird. Zwar rechne man nicht mit kurzfristigen Auswirkungen auf die Visumsanträge von chinesischen Studenten. Die schwarze Liste deute jedoch darauf hin, dass die USA bei der Erteilung von Visa für chinesische Studierende in MINT-Fächern zunehmend strenger würden.
Eine weitere mögliche Folge sei, dass es für chinesische Forscher schwieriger werden könnte, Artikel in renommierten Fachzeitschriften wie Nature und Science zu veröffentlichen, da ihre Ergebnisse stärker auf die Einhaltung der US-Sanktionen hin überprüft werden könnten.
Doch die Maßnahmen der US-Regierung rufen in China auch Widerspruch hervor: Im Vergleich zu anderen Hightech-Sektoren wie Halbleiter und künstliche Intelligenz sei die Kluft zwischen den China und dem Westen bei quantenphysikalischen Anwendungen nicht so groß.
Und die Hindernisse für ein Studium im Ausland könnten sich noch als eine gute Sache für China erweisen. Denn wenn mehr akademisch begabte Studenten zu Hause bleiben, kann China den wissenschaftlichen Fortschritt beschleunigen.
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