Quarzsand-Monopol: Die versteckte Achillesferse der Digitalwirtschaft

Canadian Silica Industries Schiff entlädt Sand

(Bild: JoanneStrell / Shutterstock.com )

Quarzsand aus Spruce Pine ist unverzichtbar für Digitalwirtschaft. Hurrikan Helene hat Quellen verschüttet und das Monopol getroffen. Droht digitale Abstinenz?

Der belgische Bergbaukonzern Sibelco fördert in der Kleinstadt Spruce Pine in North Carolina hochreinen Quarz, der als Ausgangsstoff der Siliziumwafer unentbehrlich ist bei der Halbleiterproduktion und der Herstellung von Solarpaneelen. Das Werk zählt zu den bedeutendsten Quarz-Werken der westlichen Hemisphäre.

Quarz ist für die Halbleiterindustrie von zentraler Bedeutung und wird in zahlreichen Herstellungsprozessen eingesetzt, die eine extrem hohe Reinheit erfordern. Insbesondere in den Front-End-Prozessen, in denen die Wafer zahlreiche Arbeitsschritte zur Herstellung von Mikrochips durchlaufen, wird hochreiner Quarzsand eingesetzt.

Dieser Sand zeichnet sich nicht nur durch seine außergewöhnliche Reinheit aus, sondern auch durch seine Beständigkeit gegenüber extremen Temperaturen und Drücken. Außerdem ist er chemisch inert und verhindert die Bildung von Einschlüssen, die zu Schaltkreisfehlern führen könnten.

Die 2.000-Einwohner-Gemeinde in den Appalachen ist in den USA hauptsächlich als Wandergebiet bekannt und hat international Bedeutung erhalten als einzige US-Quelle für hochreinen Quarz. In den Blue Ridge Mountains am Stadtrand liegen die Minen von Sibelco und der französisch-norwegischen The Quartz Corp, die den 380 Millionen Jahre alten Schatz ausbeuten.

″Wenn Sie einen Minenkomplex identifizieren möchten, der für die Halbleiterfertigungsbranche und auch die Solarpanelindustrie von entscheidender Bedeutung ist, dann sind es die Minen von Sibelco und The Quartz Corp in Spruce Pine″, sagte Seaver Wang, Co-Direktor des Klima- und Energieprogramms am Umweltforschungszentrum The Breakthrough Institute laut CNN. Die Minen in Spruce Pine fördern etwa 90 Prozent des weltweiten Aufkommens an hochreinem Quarzsand.

Während Quarzsand auf der ganzen Welt in Hülle und Fülle vorhanden ist, ist dies bei dem in Spruce Pine abgebauten Quarz mit ultrahoher Reinheit nicht der Fall. Ohne den Quarzsand aus North Carolina wäre auch die Produktion bei der Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TMSC) gefährdet. Zwar geht man davon aus, dass die Vorräte in den Lieferketten einen kurzfristigen Lieferausfall überbrücken könnten. Wie groß dieser Puffer ist, ist jedoch nicht bekannt, entweder weil diese Angaben Betriebsgeheimnis oder Staatsgeheimnis sind.

Hurrikan Helene als Feind der Computerhardware

Kürzlich wütete dort der Hurrikan Helene, verursachte bis zu 600 Tote und setzte die Stadt Spruce Pine unter Wasser, zerstörte Straßen und Geschäfte sowie unterbrach Strom- und Wasserversorgung. Sogleich verbreitete sich in den westlichen Industriestaaten die Angst, dass mit dem Bruch der Lieferkette bald weltweit die Chipfabriken stillstehen könnten.

Ohne diesen hochreinen Quarz sind praktisch alle modernen Geräte undenkbar, und die Digitalisierung käme mangels Hardware auch ins Straucheln. Konnte man in der jüngeren Vergangenheit noch auf Lieferketten aus China zurückgreifen, ist dies infolge der De-Coupling-Politik des Westens heute nicht mehr möglich. Die Lieferketten werden, anders als von der Politik verkündet, jedoch nicht diversifiziert, sondern ganz marktwirtschaftlich immer stärker monopolisiert und somit abhängig von immer weniger Lieferanten.

Produktion im Sibelco-Werk unterbrochen

Die Produktion in den Werken von Sibelco und The Quartz Corp wurde am 26. September eingestellt, bevor sich der Hurrikan Helene seinen Weg durch den Südosten der USA bahnte und Jahrhundertfluten sowie Erdrutsche auslöste, die Straßen und Strom- und Telefonleitungen unterbrachen. Dazu kommt die Tatsache, dass die Häuser zahlreicher lokaler Beschäftigter beschädigt oder gar zerstört wurden, sodass die Mitarbeiter infolge des Hurrikans obdachlos wurden.

Nach Auskunft von Sibelco am 4. Oktober halten sich die Beschädigungen an ihrer Mine in Grenzen und die Stromversorgung werde bald wiederhergestellt sein. Zudem sei das Fertigwarenlager von den Fluten nicht betroffen, sodass man, sobald die Straßen wiederhergestellt sind, den Versand wieder aufnehmen will.

Lieferkettenexperten gehen davon aus, dass es Wochen dauern könnte, bis die Minen wieder voll betriebsbereit sind. Das könnte zu Chip-Engpässen und Preissteigerungen führen. Dazu kommt, dass dies zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt für die Technologiebranche geschieht, da die Giganten des Silicon Valley Milliarden von Dollar in Chips stecken, um KI-Systeme zu betreiben.

Spencer Bost, Executive Director bei Downtown Spruce Pine, wird von Newsweek mit den Worten zitiert: ″Wir wissen derzeit nichts über die Schäden der Bergbauunternehmen, aber die Schäden in Spruce Pine sind so verheerend, dass ich nicht sicher bin, wann die Mitarbeiter zurückkehren können. Die Menschen leiden, ihr Eigentum ist zerstört, es gibt Orte, an denen es keine Straßen mehr gibt.″

Wie geht es weiter mit dem Quarzsandabbau in Spruce Pine?

Da die Minen als ein strategischer Vermögenswert für die Nation gilt, hofft man, dass die Regierung in Washington, D.C. alles daran setzen wird, die Minen so schnell wie möglich wieder in Betrieb zu nehmen.

Sibelco stellte auf seiner Website fest: "Seien Sie versichert, dass Sibelco aktiv mit Regierungsbehörden und Rettungs- und Bergungsdiensten zusammenarbeitet, um die Auswirkungen dieses Ereignisses zu mildern und den Betrieb so schnell wie möglich wieder aufzunehmen."

Auch die The Quartz Corp, Sibelcos kleinerer, aber dennoch wichtiger Nachbar, bezeichnete die Folgen des Hurrikans als ″dramatische Situation für die Region″ und sagte, man habe ″keine Ahnung″, wann der Betrieb wieder aufgenommen werden könne.

Am 7. Oktober gab Sibelco jetzt vorsichtige Entwarnung. Neben der Wiedereröffnung der Minen ist jedoch auch die Wiederherstellung der zerstörten Infrastruktur für die Lieferung des Quarzsandes notwendig.