Rasanter Verfall: Über den Geisteszustand des deutschen Bürgertums
Mediensplitter (42): Die Lektüre der Frankfurter Allgemeinen kann sich lohnen. Denn sie vermittelt Einblicke in den intellektuellen Abgrund der Führungsschichten. Drei Eigenschaften sind heute ihr Markenzeichen.
Ein Blick ins Zentralorgan des deutschen Bürgertums, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, kann immer noch erhellend sein. Nicht unbedingt im aufklärerischen Sinne, aber doch sehr lehrreich, in Hinblick auf den Geisteszustand der hiesigen Eliten – die, wie wir gerade mal wieder gelernt haben – immer noch westdeutsche Eliten sind.
Gleich auf Seite eins erfahren wir am Mittwoch beim Überfliegen des Leitartikels – verlinken lässt sich das nicht, denn Online hat die Zeitung mit ihrer Papierausgabe nicht allzu viel zu tun –, dass das Blatt die "illegalen Migranten", also Einwanderer, die hier Asyl suchen, wozu sie immer noch ein Recht aber keinerlei legalen Einreisemöglichkeiten haben, "bekämpft" und von der Bundesinnenministerin diesbezüglich mehr Engagement sehen möchte.
Aber das eigentlich nur am Rande, obwohl dies ebenso aufschlussreich ist, wie die Tatsache, dass das Leitmedium des hiesigen Kapitals meint – ebenfalls auf Seite eins – noch einmal die diplomatischen Ausfälle der grünen und deswegen ansonsten nicht sehr geliebten Außenministerin gegen China wiederholen zu müssen, und zwar in einer Bildmeldung ohne jeden sonstigen nachrichtlichen Nährwert.
Aber irgendwie passt das alles sehr schön zu dem darunter platzierten Artikel über den heldenhaften Kampf des freidemokratischen Bundesverkehrsminister Volker Wissing für sogenannte E-Fuels und Verbrennermotoren in Brüssel. Die EU-Kommission versuche mit ihrem Entwurf einer Verordnung über die Zukunft von Fahrzeugen mit Otto- oder Dieselmotor gemachte Zusagen zu umgehen.
Dem Minister geht es darum, dass auch nach 2035 noch neue Verbrenner-Autos zugelassen werden, sofern diese synthetische Kraftstoffe verbrauchen. Im Befehlston lässt er die Kommissionspräsidentin wissen, dass von ihr Unterstützung erwartet wird.
Hintergrund ist, dass seine Auftraggeber in der deutschen Automobilbranche nicht nur die rechtzeitige Entwicklung von Elektroantrieben verpennt haben, sondern die großen Gewinnmargen ohnehin im Luxussegment machen. Bei den besonders teuren Autos, den SUV und den Sportwagen. Und die Klientel, die sich diese teuren "Protz-zeuge" leistet, steht offensichtlich aufs Brumm-Brumm.
Ach, und übrigens: Die E-Fuels, die die FAZ für "klimaneutrale Kraftstoffe" hält, werden irgendwann einmal mit dem Einsatz von viel Strom produziert werden, und zwar mit einem Gesamtwirkungsgrad von 0,2 oder weniger. Das heißt, man wird mindestens das Fünffache an Strom einsetzen müssen, um einen Pkw mit E-Fuels anzutreiben, als wenn dieser einen Elektromotor hätte und man den Strom in den Akku einspeisen würde.
So viel halt zum Geisteszustand des hiesigen Bürgertums: rassistisch, außenpolitisch auf Krawall gebürstet und technologisch inzwischen hinterwäldlerischer als der letzte Alm-Öhi.