Reden im Bundestag

Offener Brief an den Präsidenten des Deutschen Bundestages

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Sehr geehrter Herr Dr. Lammert,

zu Ihrem Einfall, die parlamentarische Gedenkstunde zum 9. November mit einem Auftritt des Liedermachers Wolf Biermann zu bereichern, meine Anerkennung. Auf diese Weise haben Sie der Tätigkeit des Bundestages, die beim Volk sonst leider nur wenig Aufmerksamkeit erregt, endlich aktionskünstlerische Anziehungskraft gegeben. Dass der Sänger Biermann sich das Reden nicht abgewöhnt hat, wird Sie nicht wirklich überrascht haben. Mit Ihrem Einspruch dazu wollten Sie vermutlich der Form Genüge tun; zudem trug dies zur Lebendigkeit der Veranstaltung bei, alle Achtung!

Wolf Biermann im Bundestag. Bild: DBT/Melde

Eine tiefschürfende These ist dem Sprecher Biermann zu verdanken, die den Diskurs über das parlamentarische System gewiss anregen wird: Das Ergebnis von demokratischen Wahlen sei kein Gottesurteil. Auch sollten Sie Biermanns Gedanken aufgreifen, dass doch im Bundestag nicht nur der reden dürfe, der zum Volksvertreter gewählt wurde.

Allerdings haben Sie, wenn daraus Konsequenzen gezogen werden sollen, ein Problem: Welchen gemeinen Staatsbürgern, die nicht mit einem Mandat versehen sind, wird Gelegenheit gegeben, bei parlamentarischen Zusammenkünften erst sprechend und dann singend aufzutreten?

In der deutschen Politik soll es ja pluralistisch zugehen, deshalb reihe ich mich in die zu erwartende Liste von Bewerbern ein und biete an: Zu einer Gedenkstunde am 8. Mai des nächsten Jahres könnte ich sprechend und singend beitragen, als Zeitzeuge sogar (Jahrgang 1931), ausgewiesen auch durch selbstgemachte Lieder. Zum historischen Datum der deutschen Kapitulation würde ich mir etwas einfallen lassen, insbesondere - ein Wort von Biermann aufgreifend - zur "Drachenbrut" in Deutschland nach 1945.

Hochachtungsvoll

Dr.Arno Klönne