Rennen um den Quantencomputer

Neben Google, IBM und Microsoft weitteifern nun auch Intel und das chinesische Amazon-Pendant Alibaba um den ersten Quantencomputer

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Alibaba, nach eigenen Angaben die größte IT-Firmengruppe Chinas, baut zusammen mit der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS) in Shanghai ein "CAS-Alibaba Quantum Computing Laboratory" auf. Das Unternehmen pumpt in den nächsten fünf Jahren umgerechnet gut 23 Millionen US-Dollar in das Labor, wie Caixin online jüngst meldete. Insgesamt sollen in den nächsten 15 Jahren 75 Millionen US-Dollar in die Quantencomputer-Forschung fließen.

Intel wiederum gibt dem Quanten-Forschungslabor der Technischen Universität Delft (QuTech) in den nächsten zehn Jahren 50 Millionen Dollar. Darüber hinaus verspricht Intel, QuTech mit seinen eigenen Ressourcen in der Schaltungsherstellung zu unterstützen.

Mit ihrer Wette auf den Quantencomputer wollen sich die Firmen ein Stück von einem potenziellen Milliarden-Dollar-Kuchen sichern. Denn die Erwartungen an einen Quantencomputer sind hoch. Die eigenartigen Gesetze der Quantenphysik geben ihm, zumindest in der Theorie, eine schier unerschöpfliche Speicherkapazität und eine, wenigstens für spezielle Anwendungen, konkurrenzlose Rechengeschwindigkeit. Etwa die Suche in riesigen Datenbanken, die Simulation chemischer Reaktionen oder die Modellierung technologisch interessanter Materialien wie Supraleiter oder Solarzellen sollen mit Quantencomputern sehr viel schneller und präziser werden.

Während ein herkömmlicher Computer als kleinste Speichereinheiten so genannte Bits verwendet, nutzt ein Quantencomputer so genannte Quanten-Bits, kurz Qubits. Ein Bit kann immer nur einen der beiden binären Werte 0 und 1 speichern. Die Gesetze der Quantenphysik hingegen erlauben im Qubit eine Parallelexistenz beider binären Werte, was durch das Gedankenexperiment von Schrödingers Katze veranschaulicht wird, die gleichzeitig lebendig und tot ist. Jedes hinzukommende Qubit verdoppelt die Speicherkapazität. Zwei Qubits speichern simultan vier Werte, drei Qubits speichern acht Werte usw. Etwa 300 Qubits reichen schon, um mehr Werte zu speichern als es Teilchen im bekannten Universum gibt.

Ein weiteres Quantenphänomen, die so genannte Verschränkung, verbindet die Qubits miteinander, sodass eine Änderung in einem Qubit sich unmittelbar auf andere Qubits auswirkt, so als bildeten sie eine Einheit. Dadurch können sehr viele gespeicherte Werte simultan verarbeitet werden, was einen Quantencomputer potenziell sehr schnell macht.

Wegen der großen Empfindlichkeit von Qubits gegenüber Umwelteinflüssen geht die Parallelexistenz allerdings sehr leicht und schnell verloren, sodass Schrödingers Katze entweder lebt oder tot ist, sprich das Qubit zu einem herkömmlichen Bit zerfällt. Dieses Problem macht die Entwicklung des Quantencomputers zu einer enormen Herausforderung, an der viele Labors in aller Welt tüfteln. Die Engagements von Google, IBM, Microsoft, Intel und Alibaba reihen sich in diese Bemühungen ein. Es ist keineswegs ausgemacht, dass eine der Firmen das Rennen machen wird.

Der Vizepräsident von Intel, Mike Mayberry, gehört zu den Optimisten, wenn er sagt, ein voll funktionierender Quantencomputer sei "mindestens ein Dutzend Jahre weit weg". Pessimistischere Schätzungen reichen bis 50 Jahre. Manche Physiker meinen sogar, ein Quantencomputer sei unmöglich.

Ein Quantencomputer wird nicht einfach eine abgewandelte Version eines Silizium-Computerchips sein. Vielmehr muss eine ganz neue Technologie entwickelt werden. Dafür gibt es verschiedene Ansätze: Ein Qubit kann aus einem elektrisch geladenen oder neutralen Atom bestehen, aus einem Lichtteilchen, einer supraleitenden Schaltung, oder aus so genannten Quantenpunkten. Bei letzteren handelt es sich um winzige Einschlüsse eines Halbleitermaterials in einem anderen Halbleitermaterial. Diese Körnchen können, wie Atome, einzelne Elektronen einfangen und gelten daher als "künstliche Atome". Intel setzt auf solche Quantenpunkte.

Bisherige Laborprototypen besitzen etwa 20 Qubits. Interessant wird es ab etwa 45 Qubits, womit sich bestimmte Rechnungen schneller machen lassen als mit den stärksten derzeitigen Supercomputern. Insbesondere hofft man chemische Reaktionen effizienter und präziser simulieren zu können, was beispielsweise bei der Suche nach neuen Medikamenten nützlich sein könnte.

Das Labor in Shanghai will bis 2020 eine Maschine mit 30 Qubits entwickeln. Fünf Jahre später soll sie die heute schnellsten Supercomputer in die Tasche stecken und bis 2030 will das Labor den Prototyp eines leistungsstarken Allzweck-Quantencomputer entwickelt haben.

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