Rezession in Deutschland? Zuversicht in der Wirtschaft sinkt weiter
Schlechte Stimmung in der deutschen Wirtschaft. Inflation, Geldpolitik und weniger Exporte machen ihr zu schaffen. Warum Deutschland längst eine Rezession durchläuft.
Deutschland hat eine erstaunliche Wandlung durchgemacht: vom Wirtschaftsmotor zum Sorgenkind Europas. Die Stimmung in den Chefetagen hat sich zum dritten Mal in Folge verschlechtert, wie der am Dienstag vorgestellte ifo-Geschäftsklimaindex zeigt. Die Sorgen um die Konjunktur werden immer drängender, von einer spürbaren Erholung ist derzeit nichts zu sehen.
Der ifo-Geschäftsklimaindex, der die Stimmung in der deutschen Wirtschaft widerspiegelt, fiel im Juli überraschend deutlich auf 87,3 Punkte von 88,6 Punkten im Vormonat, wie das Münchner ifo-Institut zu seiner Umfrage unter rund 9.000 Managern mitteilte. Experten hatten mit einem geringeren Rückgang gerechnet.
"Deutschland zieht die Eurozone nach unten", sagte Andreas Scheuerle, Leiter Industrieländerkonjunktur der Dekabank, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). In kaum einem anderen Land stehe die Konjunktur so unter Druck wie hierzulande. Erst entziehe die Inflation den Menschen Kaufkraft. Dann belaste die restriktive Geldpolitik die Investitionen.
Die schlechte Stimmung zieht sich laut ifo-Studie durch alle betrachteten Wirtschaftsbereiche. Insbesondere im Baugewerbe, das seit geraumer Zeit unter steigenden Zinsen und hohen Baukosten leidet, fiel der Indikator auf den tiefsten Stand seit Februar 2010.
Im Verarbeitenden Gewerbe hat sich die Beurteilung der aktuellen Lage deutlich verschlechtert. Die Unternehmen erhalten immer weniger neue Aufträge, sodass die Kapazitätsauslastung auf nur noch 83 Prozent gesunken ist. Damit lag sie erstmals seit mehr als zwei Jahren wieder unter ihrem langfristigen Mittelwert von 83,6 Prozent.
Auch im Dienstleistungssektor zeigten sich die befragten Manager "merklich weniger zufrieden mit der aktuellen Geschäftslage". Ihre Erwartungen für die kommenden Monate sind jedoch etwas weniger pessimistisch. Dagegen werden die Aussichten im Handel schlechter beurteilt.
"Der Pessimismus in den Chefetagen der deutschen Unternehmen ist keine Überraschung", sagte Christoph Swonke, Konjunkturexperte der DZ Bank, der dpa. Die deutsche Wirtschaft sei in hohem Maße vom Export abhängig – doch im Ausland sinke die Nachfrage nach deutschen Gütern. Die US-Konjunktur schwäche sich ab, sagte Swonke, und auch aus China fehlten Nachfrageimpulse.
Die deutsche Wirtschaft war bereits Ende 2022 und Anfang 2023 jeweils im Vergleich zum Vorquartal geschrumpft und befindet sich seitdem in einer sogenannten technischen Rezession. Auch wenn die Bundesbank für das zweite Quartal mit einer leichten Erholung rechnet, ist das Rezessionsrisiko bis zum Spätsommer sprunghaft angestiegen, wie auch die jüngsten Einkaufsmanagerindizes zeigen.
Auch die Experten der Commerzbank und der LBBW gehen aufgrund des breiten Rückgangs der Frühindikatoren davon aus, dass die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte weiter schrumpfen wird. Einige Ökonomen bezeichnen die aktuelle Wirtschaftslage als "Rezession" und betonen, dass eine rasche Erholung nicht in Sicht sei.
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