Ringen um neue Irak-Resolution

Identität der Terroristen weiter unklar

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Die Vereinten Nationen haben am Dienstag Konsequenzen aus dem Anschlag auf ihr Bagdader Hauptquartier gezogen. Einstimmig verabschiedete der Sicherheitsrat die Resolution 1502, in welcher der Anschlag als Kriegsverbrechen verurteilt wird. Alle Parteien in bewaffneten Konflikten seien verpflichtet, gegenüber UN-Personal und humanitären Helfern die "Regeln und Grundsätze des Völkerrechts" einzuhalten, heißt es in der Resolution.

Um die Resolution durch den Sicherheitsrat zu bringen, musste eine im Entwurf enthaltene Formulierung geändert werden, wonach Angriffe auf humanitäre Helfer Kriegsverbrechen gemäß dem Statut des Internationalen Gerichtshofes darstellen. Die USA lehnen den Strafgerichtshof in Den Haag ab und wollten die Resolution deshalb erst nicht mittragen. US-Botschafter John Negroponte betonte denn auch nach der Verabschiedung, dass mit der Resolution keine neuen Verpflichtungen geschaffen, sondern vielmehr alle Konfliktparteien verpflichtet würden, sich an bestehendes Recht zu halten. Der Internationale Strafgerichtshof gehört für die US-Regierung offenbar nicht dazu.

Bisher ergebnislos verlaufen sind dagegen die Bemühungen, eine neue Irak-Resolution zu verabschieden, die einige Länder zur Vorbedingung für die Entsendung eigener Truppen in den Irak gemacht haben. UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte sogar die Einsetzung einer multinationalen Besatzungstruppe für den Irak gefordert. "Das würde nicht nur Lastenteilung implizieren, sondern auch die Entscheidungen und Verantwortlichkeiten mit den anderen zu teilen", zitiert die "New York Times" den Generalsekretär. Genau darauf wollte sich die US-Regierung jedoch nicht einlassen, hätte es doch bedeutet, dass die USA die Macht im Irak abgeben und nur noch größter Truppensteller sind .

Eventuell hat es Washington aber auch längst aufgegeben, eine Resolution des Sicherheitsrates zu bekommen. Das deutete der stellvertretende US-Außenminister Richard Armitage am Montag an. Die Entscheidung ist aber Armitage zufolge noch nicht gefallen. Dafür zeichnet sich jetzt eine pragmatische Lösung ab: Sogenannte "Kriegsgegner" wie Deutschland gehen gar nicht in den Irak, sondern entlasten die USA an anderen Fronten. So will Deutschland den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ausweiten. Der republikanische Senator Richard Lugar erachtete denn auch eine militärische Beteiligung Deutschlands im Irak als "nicht unbedingt für notwendig". Gegenüber Spiegel Online sagte er, Schröder solle beim nächsten Treffen mit Bush folgende Arbeitsteilung vorschlagen:

Wir Europäer bringen den Einsatz auf dem Balkan zu Ende und engagieren uns als Alliierte der Nato in Afghanistan. Die Aufgabe der Amerikaner wäre dann, den Irak nach Kräften in Ordnung zu bringen.

Unterdessen gehen die Angriffe auf US-Besatzungssoldaten im Irak weiter. Ungeklärt ist nach wie vor, wer hinter dem Anschlag auf die UNO steckt. Die arabische Zeitung "al-Hayat" schrieb, ihr liege ein Bekennerschreiben von Al Qaida vor. Zuvor hatte sich eine bisher unbekannte Gruppe namens "Bewaffnete Vorhut der Zweiten Mohammed-Armee" zu dem Anschlag bekannt.

Das US-Militär scheint bei der Suche nach den Verantwortlichen für die Attentate der letzten Zeit völlig im Dunkeln zu tappen. Auf einer Pressekonferenz mit dem für Irak verantwortlichen General John Abizaid am 21. August konnte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld auf die Frage nach der Identität der Terroristen keine auch nur halbwegs klare Antwort geben:

The types of activities that are taking place in Iraq, you're right, there are - there have been some very clearly identifiable terrorist acts. And you're wondering what kinds of people are doing it. And I'll let John -- he's been doing an analysis of that.

John Abizaid konnte allerdings auch nicht viel mehr sagen:

The terrorist problem - I don't know whether I'd say that it's growing or has grown from what we might have expected otherwise, but, I mean, clearly, it is emerging as the number-one security threat, and we are applying a lot of time, energy and resources to identify it, understand it and deal with it.

Die einzige brauchbare Information von Abizaid war, dass Mitglieder der islamistischen Gruppe Ansar al-Islam vom Norden des Landes her nach Bagdad einsickern. Angesprochen auf Verbindungen zwischen Saddam-Anhängern und Islamisten - Rumsfeld wollte die Frage lieber nicht beantworten und gab sie weiter - wurde der General aber wieder vage: Beide, Baathisten und Islamisten, hätten sich nach Erkenntnissen des US-Militärs in Zellen organisiert - was freilich gar nichts beweist.

Abizaid behauptete weiter, dass beide auf bestimmten Gebieten zusammenarbeiteten, gab allerdings keine Beispiele. Dann musste er auch noch einräumen, dass Islamisten und Baathisten ideologisch nicht gerade gut zusammen passen. So bekam die anwesende Presse statt Fakten die Lebensweisheiten eines Generals zu hören: "Manchmal tut man sich zusammen gegen den, den man für den gemeinsamen Feind hält." Manchmal ja - manchmal aber auch nicht. Welcher Fall im Irak vorliegt, ist weiter unbekannt.