Riskante Reiseapotheke: So entgehen Sie dem Albtraum an der Grenze
Wer auf betäubungsmittelhaltige Medikamente angewiesen ist, muss bei Auslandsreisen aufpassen. Was Sie wissen müssen, um nicht im Gefängnis zu landen.
Wer auf betäubungsmittelhaltige Arzneimittel angewiesen ist, darf diese grundsätzlich auch auf Auslandsreisen mitnehmen, um seine medizinische Versorgung sicherzustellen. Er benötigt dafür die entsprechenden beglaubigten Bescheinigungen oder die Zustimmung des Einreiselandes, wofür die Botschaft kontaktiert werden muss.
Der Grund dafür liegt in der vielfach deutlich von der deutschen Gesetzgebung abweichenden Gesetzeslage im Ausland, wobei es für Reisen in die Schengen-Staaten zumindest geregelte Vorgehensweisen gibt, an welche sich der Reisende halten kann.
Die Bundesopiumstelle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das als Autor der Liste mit den Lieferengpässen bei Arzneimittel bekannt ist, hat vor Beginn der aktuellen Reisesaison am 17.06. 2024 auf die sachgerechte Urlaubsplanung hingewiesen, die für den Umgang mit betäubungsmittelhaltigen Arzneimittel notwendig ist.
Sie macht darauf aufmerksam, worauf Patienten bei der Reiseplanung achten müssen, wenn sie im Land ihrer Träume nicht hinter Schwedischen Gardinen landen wollen.
Was sind betäubungsmittelhaltige Arzneimittel?
Da Betäubungsmittel (BtM) Medikamente sind, die auch missbraucht werden können, hat der Gesetzgeber umfangreiche Bestimmungen im Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln/Betäubungsmittelgesetz (BtMG) erlassen.
Da sind in Anlage III (zu § 1 Abs. 1) die verkehrsfähigen und verschreibungsfähigen Betäubungsmittel aufgelistet. Zu den bekanntesten dürfte das Schmerzmittel Tilidin gehören.
Cannabis als Medikament
Und weil medizinisches Cannabis in Deutschland seit dem 1.4. 2024 ist kein Betäubungsmittel mehr ist, wird oft angenommen, dass dies auch für andere Länder gilt, was sich als teurer Irrtum, der auch mit mehrjähriger Haft geahndet werden kann, herausstellen kann. Denn medizinisches Cannabis ist sowohl in der überwiegenden Zahl der Schengen-Staaten als auch in anderen Ländern weiterhin ein Betäubungsmittel.
Aufgrund der internationalen Suchtstoffübereinkommen wird somit für Reisen mit medizinischem Cannabis meist zumindest eine beglaubigte Reisebescheinigung benötigt.
Nötige Bescheinigungen
Die Mitnahme von ärztlich verschriebenen Betäubungsmitteln bzw. Cannabisarzneimitteln kann im Schengenraum erfolgen, sofern eine vom behandelnden Arzt ausgefüllte Bescheinigung nach Artikel 75 des Schengener Durchführungsübereinkommens mitgeführt wird.
Diese Bescheinigung ist vor Antritt der Reise durch die oberste Landesgesundheitsbehörde oder eine von ihr beauftragte Stelle zu beglaubigen. Die Bescheinigung wird von den zuständigen Landesbehörden auf Grundlage der ärztlichen Verschreibung auf Antrag beglaubigt.
Ohne amtliche Beglaubigung ist die Bescheinigung nicht wirksam. Die Gültigkeitsdauer der Bescheinigung beträgt einerseits maximal 30 Tage. Andererseits ist für jedes verschriebene Betäubungsmittel eine gesonderte Bescheinigung erforderlich.
Bescheinigungen für Betäubungsmittel
Betäubungsmittel, die nach der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) von einem Arzt verschrieben wurden, können in einer der Dauer der Reise angemessenen Menge als persönlicher Reisebedarf für 30 Tage mitgeführt werden. Eine längere Reisedauer sehen die bestehenden Vereinbarungen jedoch nicht vor.
Die Bundesopiumstelle hat die für Reisen innerhalb des Schengenraums benötigten sowohl für Reisen mit Betäubungsmitteln als auch für Reisen mit Cannabisarzneimitteln sowie eine Liste der zuständigen Behörden für Beglaubigungen der Bescheinigungen zur Mitnahme von Betäubungsmitteln in den einzelnen Bundesländern zusammengestellt.
Reisen außerhalb des Schengen-Raums
So weit, so bürokratisch, richtig aufwendig wird es jedoch bei Reisen außerhalb des Schengenraums, denn für Reisen in Länder außerhalb des Schengen-Raums bestehen keine international gültigen Bestimmungen für die Mitnahme von Betäubungsmitteln.
Hier rät die Bundesopiumstelle, sich vom behandelnden Arzt eine mehrsprachige Bescheinigung gemäß dem ″Leitfaden für Reisende″ des INCB (International Narcotics Control Board) ausstellen zu lassen, die Angaben zu Einzel- und Tagesdosierungen, Wirkstoffbezeichnung, Wirkstoffmenge und Dauer der Reise enthält.
Auch der Leitfaden sieht eine Mitnahme von Betäubungsmitteln für eine Reisedauer von maximal 30 Tagen vor. Diese Bescheinigung ist ebenfalls von der zuständigen Landesgesundheitsbehörde zu beglaubigen und bei der Reise mitzuführen.
Zusätzliche Genehmigungen
Es bestehen jedoch keine international harmonisierten Bestimmungen für die Mitnahme von Betäubungsmitteln als medizinischer Bedarf der Reisenden. Einige Länder verlangen zusätzlich Importgenehmigungen, schränken die Menge ein oder verbieten die Mitnahme von Betäubungsmitteln sogar generell.
Eine Abklärung der Einfuhrmodalitäten sollte über die diplomatische Vertretung des Reiselandes erfolgen. Die entsprechenden Kontakte finden sich beim Auswärtigen Amt.
Wenn eine Mitnahme von BtM-haltigen Medikamenten nicht möglich ist, stellt sich die Frage, ob eine Verschreibung vor Ort möglich ist.
Falls auch dies nicht möglich ist, bleibt für die Mitnahme nur noch eine Ein- und Ausfuhrgenehmigung nach Betäubungsmittel-Außenhandelsverordnung (BtMAHV), die bei der Bundesopiumstelle beantragt werden muss, was jedoch ein nicht empfohlenes, umfangreiches und zeitraubendes Verfahren auslösen würde.