Rosneft-Drama: Wie lange hält die PCK-Raffinerie in Schwedt noch durch?
Die USA gewähren nur sechs Monate Aufschub. Nun prüft Berlin einen Blitzverkauf an Katar oder sogar die Verstaatlichung der Raffinerie.
Erst jüngst einigten sich Kasachstans nationale Öl- und Gasgesellschaft KazMunayGas und Rosneft Deutschland auf erhöhte Öllieferungen für die PCK-Mineralöl-Raffinerie. Nach den jüngsten US-Sanktionen tickt jetzt aber in Schwedt die Uhr, sich von der deutschen Rosneft-Tochter zu lösen.
"Seit dem 29. Oktober 2025 liegt uns die auf sechs Monate befristete General License 129 des Office of Foreign Assets Control (OFAC) vor, welche die deutschen Tochterunternehmen der Rosneft sowie die Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung von den US-Sanktionen befreit", teilte auf Anfrage Viola Brocker, Leiterin der Unternehmenskommunikation von PCK, am 30. Oktober mit.
Keine wesentlichen Störungen im Geschäftsbetrieb
Namentlich genannt sind in der Lizenz Rosneft Deutschland und RN Marketing and Trading. Eine General License für die US-Sanktionen liege bereits seit dem 24. Oktober vor. Bis jetzt kam es zu keinen wesentlichen Störungen des Geschäftsbetriebs. "Wir sind erleichtert, dass wir nun wieder zum normalen Geschäftsablauf zurückkehren können", so Brocker weiter.
Am 28. Oktober war bei Reuters die Rede von einem sogenannten Letter of Comfort, mit dem die USA nach Worten von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche anerkannt hätten, dass das Unternehmen in Deutschland vollständig von der russischen Muttergesellschaft getrennt sei. Reiche habe hier von einer zeitlich nicht befristeten Ausnahmeregelung gesprochen, bei der allerdings noch weitere Klarstellungen ausstünden.
Bloomberg berichtete kurz zuvor unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen, die anonym bleiben wollten, indes über eine mögliche Frist von sechs Monaten, um die Eigentumsverhältnisse der deutschen Rosneft-Tochter zu klären.
Die Generallizenz aus den USA gilt nun bis zum 29. April, während die US-Sanktionen gegen Lukoil und Rosneft nach einer vierwöchigen Übergangszeit am 21. November in Kraft treten.
Blitzverkauf als Option
Rosneft Deutschland ist an drei Raffinerien beteiligt und verfügt über zwölf Prozent der deutschen Raffineriekapazität. Auf die PCK entfallen dabei 54,17 Prozent. Nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine 2022 hat die Bundesregierung die deutsche Rosneft-Tochter unter treuhänderische Verwaltung gestellt und die Frist dafür immer wieder verlängert. Die aktuelle Frist läuft im März 2026 aus.
Im Sommer 2024 hatten Medien über Verhandlungen zwischen Katar und den deutschen Behörden zum Kauf der deutschen Rosneft-Anteile berichtet, wobei sich der mögliche Kauf auf die Anteile von Rosneft an der Raffinerie PCK Schwedt konzentrierte.
Das Geschäft scheiterte laut Bloomberg letztlich an unterschiedlichen Preisvorstellungen. Katars Investitionsbehörde, kurz QIA, ist an Rosneft selbst zu rund 19 Prozent beteiligt.
Die Sanktionen könnten den Preis drücken, sodass die QIA wieder Kaufinteresse anmeldet. Über ein Aktientauschgeschäft könnte die QIA außerdem Anteile bei der russischen Muttergesellschaft reduzieren, um sich aus der Schusslinie von Sanktionen zu bringen.
Ein Blitzverkauf würde unterdessen für Schwedt mehr Klarheit bringen, als weiter unter dem Damoklesschwert von Sanktionen wegen offener Fragen zu hängen.
Verstaatlichung als Ausweg
Auch wenn eine unbegrenzte Ausnahmeregelung folgen sollte, wie es die Bundesregierung bevorzugt, ist das zusammen mit der Verlängerungsprozedur der Treuhandverwaltung mit Risiken behaftet.
Ein Verkauf der betreffenden deutschen Rosneft-Vermögenswerte unterliegt nach dem 21. November der Genehmigung durch die USA. Das könnte den Preis zwar noch mehr drücken, aber auch in eine Unverkäuflichkeit hineinlaufen.
Schnelles Agieren ist gefragt, denn im Gepäck mit einer Ölgesellschaft unter Sanktionen droht in absehbarer Zeit das Aus. Als Ausweg nannte Michael Keller von den Grünen eine mögliche Verstaatlichung, für die er sich als damaliger zuständiger Staatssekretär in der Vorgängerregierung bereits ausgesprochen hatte.
Wegen befürchteter Schiedsgerichtsforderungen aus Russland ist dies jedoch nicht zustande gekommen. 2024 hätten Katar und Kasachstan Kaufinteresse gezeigt.
Transport aus Kasachstan
Gegen eine Verstaatlichung sprach vermutlich auch die Befürchtung, dass Russland seinen Transportdienst über die Druschba-Pipeline für das Öl aus Kasachstan aufkündigen könnte. Die PCK verarbeitete im letzten Jahr eignen Angaben zufolge 1,6 Millionen Tonnen Öl aus Kasachstan an. Dies entsprach 17 Prozent des gesamten Rohölumfangs, der in der Raffinerie verarbeitet wurde.
Das neue Abkommen mit KazMunayGas sieht vor, die monatlichen Liefermengen bis Ende 2026 zu verlängern und von aktuell 100.000 auf 130.000 Tonnen Öl zu erhöhen.
"Das kasachische Rohöl kommt bisher über das Druschba-System zu uns", bestätige Brocker. Der Kapazitätsausbau der Ölleitung zum Rostocker Hafen verläuft dazu wegen der ungeklärten Rosneft-Anteile schleppend.