Rote Karte für die Menschheit: Haben wir den Planeten schon verspielt?

Korallenbleiche ist ein zunehmendes Problem

Korallenriffe wie dieses leiden zunehmend unter der Versauerung der Meere, ausgelöst durch steigende CO2-Emissionen.

(Bild: MDay Photography / Shutterstock.com )

Neue Studie warnt: Menschheit überschreitet fast alle planetaren Grenzen. Sechs von neun Faktoren bereits im roten Bereich. Steht auch der Ozean vor dem Umkippen?

Die Menschheit steht kurz davor, eine weitere planetarische Grenze zu überschreiten: die Versauerung der Ozeane. Zu diesem alarmierenden Ergebnis kommt der erste "Planetary Health Check" des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), der am Montag veröffentlicht wurde.

Sechs von neun planetaren Grenzen bereits überschritten

Der Bericht nennt neun Schlüsselfaktoren, die für die Lebensfähigkeit des Planeten von entscheidender Bedeutung sind. In sechs dieser Bereiche hat die Menschheit die sicheren Grenzen bereits überschritten, darunter Klimawandel, Verlust von Arten und natürlichen Lebensräumen, Süßwasser, Schadstoffe und Kunstdünger.

Nun droht auch die Versauerung der Meere die kritische Schwelle zu überschreiten, hauptsächlich wegen der ständig steigenden CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe. "Je mehr CO2 freigesetzt wird, desto mehr davon löst sich im Meerwasser und macht die Ozeane saurer", erklärt PIK-Wissenschaftler Boris Sakschewski gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Eine gewisse weitere Versauerung sei unvermeidlich, auch wenn die Emissionen schnell reduziert würden.

Versauerung bedroht Meereslebewesen und Klimastabilität

Das saure Wasser schädigt Korallen, Muscheln und das Phytoplankton, von dem sich viele Meereslebewesen ernähren. Damit steht nicht nur die Nahrungsversorgung von Milliarden Menschen auf dem Spiel, sondern auch die Fähigkeit der Ozeane, CO2 aufzunehmen und so den Klimawandel zu bremsen.

Die einzige der neun Grenzen, die bisher nicht kurz vor der Überschreitung steht, ist die schützende Ozonschicht. Sie beginnt sich dank des Verbots schädlicher Chemikalien zu erholen. Auch die Feinstaubbelastung scheint in einigen Ländern leicht zurückzugehen – bleibt aber insgesamt nahe an der Gefahrengrenze.

Kipppunkte bedrohen Lebenssysteme der Erde

Die neun planetaren Gefahrenstufen sollen die Menschheit davor warnen, die natürlichen Systeme der Erde über einen Punkt hinaus zu belasten, an dem es kein Zurück mehr gibt. "Diese Kipppunkte würden, wenn sie überschritten werden, unumkehrbare und katastrophale Folgen für Milliarden von Menschen und viele zukünftige Generationen auf der Erde haben", so die Forscher gegenüber AFP.

Da alle Grenzen miteinander verbunden sind, kann das Überschreiten einer einzigen das gesamte Lebenssystem der Erde destabilisieren, warnt Sakschewski. Das berge aber auch Chancen: Die Lösung eines Problems, wie die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad, könne "zu erheblichen Vorteilen in verschiedenen Bereichen führen".

Planetarer Gesundheitscheck als Kompass zum Handeln

"Wir wissen seit Längerem, dass wir die Widerstandsfähigkeit des Planeten schwächen", sagt PIK-Direktor Johan Rockström. "Der Gesundheitscheck zeigt, dass bei allem menschlichen Handeln die Auswirkungen auf den Planeten zu berücksichtigen sind." Nur so könnten unkontrollierbare Risiken vermieden werden.

Der "Planetary Health Check", der in Zukunft jährlich aktualisiert werden soll, soll als Kompass dienen – für Länder, Unternehmen und Bürger. Langfristig soll er alle in die Lage versetzen, Pläne für die Rückkehr in den sicheren Handlungsspielraum der Erde zu entwickeln. Dabei soll auch das Wissen indigener Völker helfen, die seit Jahrtausenden im Einklang mit dem Planeten leben.

"Wir können eine bessere Welt für künftige Generationen hinterlassen, damit diese im Einklang mit der Erde sicher und gut leben können", sagt Hindou Oumarou Ibrahim, Vorsitzende der "Planetary Guardians". Dafür sei es dringend notwendig, den Niedergang umzukehren.