Rotes Meer ist nicht der einzige "Engpass", der globale Lieferketten bedroht

Seite 2: Die Schifffahrtswege dünnen aus

Einer der wichtigsten anderen Engpässe ist jedoch derzeit ernsthaft eingeschränkt. Der Panamakanal, der den Atlantik mit dem Pazifik verbindet, wird von einer schweren Dürre heimgesucht.

Der Wasserstand im Panamakanal ist inzwischen so niedrig, dass die Schifffahrtskapazität stark reduziert ist. Der Schifffahrtsriese Maersk hat kürzlich seine Fracht auf die parallel zum Kanal verlaufende Eisenbahnlinie verlagert.

Vor der aktuellen Krise im Roten Meer fuhren einige Schiffe auf ihrer Reise zwischen Asien und der Ostküste der USA einen zehntägigen Umweg durch den Suezkanal.

Die Alternativen für die Route durch den Bab al-Mandab und den Suezkanal sind begrenzt. Der Panamakanal ist derzeit keine praktikable Option.

Nördliche Seeweg als Alternative?

Der Nördliche Seeweg ist 40 Prozent kürzer als die Alternative über den Suezkanal, um Asien mit Europa zu verbinden. Wegen des Eises ist sie jedoch nur fünf Monate im Jahr befahrbar, und es gibt Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen von Schiffen auf das empfindliche arktische Ökosystem.

Die Eisenbahnlinie, die China mit Europa verbindet, hat in den letzten Jahren ein erhebliches Wachstum des Güterverkehrs verzeichnet. Doch sowohl die Bahn als auch die Verbindung über die Nördliche Seeroute sind von den Sanktionen gegen Russland betroffen.

Den meisten, die das Rote Meer meiden wollen, bleibt nur der lange Umweg um Afrika.

Meerenge von Hormus

Die ursprüngliche Militäroffensive im Roten Meer trug den treffenden Namen "Operation Prosperity Guardian". Zu den Ländern, die sich der Erklärung des Weißen Hauses, Angriffe auf den Jemen durchzuführen, beteiligt haben, gehören große Exportländer wie Deutschland und Südkorea, Dänemark, wo die betroffene Reederei Maersk ihre Heimat hat, sowie Länder wie Australien und Kanada.

Das ist ein Hinweis auf die tiefgreifenden globalen Auswirkungen, die diese Unterbrechung hat. Nachdem die Angriffe der Huthi trotz Warnungen fortgesetzt wurden, haben die Militäraktionen ein Signal gesetzt, dass die freie Schifffahrt trotz der hohen Kosten geschützt wird.

Sie können auch als ein Signal verstanden werden, dass die Länder bereit sind, andere Engpässe zu verteidigen. Es geht dabei um das wahrscheinlichste Ziel, was ein ehemaliger Chefökonom der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) als "eine schreckliche und unvermeidliche Entwicklung, bei der sich die Situation im Roten Meer auf die Straße von Hormus ausweiten könnte" bezeichnete.

Was macht der Iran?

Mindestens ein Fünftel des weltweiten Öl- und Gastransports wird durch die 39 Kilometer breite Meerenge zwischen Oman und Iran transportiert. Der Iran unterstützt die Huthi im Jemen sowie andere Gruppen im Nahen Osten.

Die Straße von Hormus ist seit Langem von Spannungen geprägt. Durch die Blockade dieses Engpasses könnte der Iran die Weltwirtschaft ernsthaft durcheinander bringen.

Experten weisen jedoch auch darauf hin, dass es bei einer solchen Aktion wahrscheinlich zu einer heftigen weltweiten Gegenreaktion kommen würde, die dem Iran mehr schaden als nutzen würde. Die Rechtfertigung für die aktuellen Militäraktionen gegen die Huthi enthält wohl auch eine Warnung vor solch einem Szenario.

Der Artikel erscheint in Kooperation mit The Conversation. Das englische Original finden Sie hier. Übersetzung: David Goeßmann.

Sarah Schiffling ist stellvertretende Direktorin des HUMLOG (Humanitarian Logistics and Supply Chain Management Research) Instituts, Hanken School of Economics.

Matthew Tickle ist Dozent für Betriebsmanagement, Betriebs- und Lieferkettenmanagement, Universität Liverpool.