Rothaarig durch Neandertaler-Gen?
Das Institut für Molekularmedizin der Universität Oxford vermutet eine genetische Spur des europäischen Frühmenschens in heutigen Rothaarigen.
Wie die Times am 16. April berichtete, sieht eine Studie des John Radcliffe Institute of Molecular Medicine in Oxford im roten Haar ein Erbe des Neandertalers. Das "Ginger" (Rotschopf-) Gen, das vom europäischen Urmenschen stammen soll, ist für die rote Färbung der Haare, sehr helle Haut und Sommersprossen verantwortlich. Die Schotten z.B. sind zu 10% rothaarig und tragen zu 40% das Ginger-Gen in sich.
Die Spekulation der Times, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen diesem Gen, dem Image der Schotten als gefürchtete Kämpfer und dem Charakter des "gewalttätigen Kannibalen" Neandertaler, ist wohl der lebhaften Fantasie des Journalisten zuzuschreiben. Die Times sieht den potentiellen Vorfahren der Schotten so: "Neanderthals have been characterised as migrant hunters and violent cannibals who probably ate most of their meat raw. They were taller and stockier than Homo sapiens, but with shorter limbs, bigger faces and noses, receding chins and low foreheads."
Der Korrektur des verzerrten Bildes des Homo sapiens neanderthalensis hat sich die Zeitschrift GEO angenommen, die ihm in ihrem April-Heft einen ausführlichen Artikel widmet ("Der verkannte Mensch").
Das Ginger-Gen ist nach den Forschungen aus Oxford deutlich älter als die Geschichte des Homo sapiens sapiens (moderner Mensch) in Europa. Selbiger wanderte aus Afrika vor spätestens 40'000 Jahren ein und ließ sich zwischen den hiesigen Homo sapiens neanderthalensis nieder. Was dann geschah, ist noch ungeklärt. Verschiedene Theorien gehen entweder von einem friedlichen Nebeneinander, dem allmählichen Verdrängen des Neandertalers oder von einem Genozid des modernen Menschen an, seinem starkknochigen, gedrungenen Bruder, aus. Jedenfalls war vor 28'000 Jahren der Neandertaler auch in seinen letzten Rückzugsgebieten Südfrankreich und Spanien ausgestorben.
Das Rothaarigen-Gen jedenfalls, so die Molekularmediziner, ist ein Erbe des Ureuropäers, der sich hier schon vor 200 000 Jahren niedergelassen hatte. Die Leiterin des Teams erklärt: ""The gene is certainly older than 50,000 years and it could be as old as 100,000 years. "An explanation is that it comes from Neanderthals."
Sollten die Wissenschaftler Recht behalten, wäre das ein weiterer Beweis gegen die "Out of Africa"-Theorie, die davon ausgeht, dass alle modernen Menschen ausschließlich von den Afrikanern abstammen, die vor 40'000 Jahren kamen. Verschiedene Wissenschaftlerteams aus aller Welt, nicht zuletzt das Team um Svante Pääbo (Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology) hatten DNA-Analysen von fossilen Neandertaler-Knochen erstellt und festgestellt, dass wir nicht von ihm abstammen. Allerdings wurde bisher von den Paläogenetikern meistens die Erbsubstanz der Mitochondrien (Organellen, die Zellen mit Energie versorgen) untersucht, diese DNA wird aber nur über die weibliche Linie weitergegeben.
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