Rückkehr der Männer-Alphatiere: Maskulinistische Konterrevolution

Gesichter von Donald Trump, Mark Zuckerberg und Elon Musk von KI generiert

Bild: KI-generiert von shutterstock.com

Trump-Regierung: eine neue Ära der Männlichkeit im Geist der Rache gegen den Feminismus – französischer Historiker über die Wiederinszenierung der Virilität in den USA.

Eben noch den Müll weggebracht, die Abflüsse gereinigt und das Wasser für die vergifteten Blumen am Valentinstag gewechselt, da heißt es, dass Männlichkeit gerade wieder neu ausgespielt wird. Dass es im Westen Neues über das Leben der Männer gibt.

Eine neue Ära der Männlichkeit

Die nicht entmannten Männer sind zurück, steht auf dem Programmzettel. Auf der großen politischen Bühne, wie auch im echten Leben, am Arbeitsplatz zum Beispiel, wo sich Mark Zuckerberg mehr "maskuline Energie" wünscht. "Hell yeah", kommentierte das die Chefredakteurin der Elite-Beilage der Financial Times, Jo Ellison, und wollte wissen, was genau damit gemeint ist?

Eine Annäherung dazu gibt es in Le Monde. Dort berichtet der französische Historiker Ivan Jablonka von einer "neuen Ära der Männlichkeit", die mit der Regierung Trump begonnen hat, der Wirklichkeit einen Stempel aufzudrücken.

"Maskulinistische Konterrevolution"

Was in den USA mit der zweiten Amtszeit von Donald Trump beginnt, sei eine "maskulinistische Konterrevolution", lautet die kernige These Jablonkas. Diese Bewegung richte sich einem Gest der Rache gegen "die feministischen Errungenschaften der letzten fünfzig Jahre", verschärft der Geschichtsprofessor seine Auffassung dessen, was sich gerade an der Spitze der USA tut.

Ivan Jablonka könnte einer kleineren Gemeinde von Lesern in Deutschland über sein 2019 erschienenes Buch Laëtitia oder das Ende der Mannheit bekannt sein. Festzuhalten aus einer lesenswerten Literaturkritik dazu ist, dass er für seinen aktuellen Le-Monde-Artikel bei seinem Thema geblieben ist: "die Männer und ihre Art, Männer zu sein im Verhältnis zu anderen Männern und vor allem im Verhältnis zu Frauen".

Das klingt fast nach einer ruhigen, bedachten Analyse. Das ist der Le-Monde-Artikel jedoch nicht. Dafür ist zu viel Gewalt im Spiel, die Jablonka im "Schmelztiegel der Kulturrevolutionen", den USA am Wirken sieht.

Die neue Ära, die seiner Beobachtung nach heraufzieht, kennzeichnet er als Verquickung einer neu aufgeladenen Männlichkeit, die er Virilismus nennt, mit einer politisch reaktionären Bewegung, mit Nationalismus und mit Gewalt.

Den Bogen dazu spannt der Historiker weit auf. Eine Kostprobe:

Wie man sieht, geht es nicht mehr einfach um die "männliche Dominanz", die in den Bewegungen und Regierungen des 20. Jahrhunderts – kommunistische oder sozialdemokratische Parteien, faschistische Regime, lateinamerikanische Junta usw. – herrschte. Es handelt sich nunmehr um eine eigenständige Kosmogonie.

Angesichts eines zutiefst archaischen und zugleich entschieden modernen Phänomens reichen Ausdrücke wie "toxische Männlichkeit" oder "hegemonial" nicht mehr aus. Wir müssen uns darauf konzentrieren, das zerstörerische Potenzial dieser Weltanschauung zu ermessen und Analysekategorien erfinden, um zu verstehen, wie sie die Macht den Männern vorbehalten will, auf Kosten der endlich domestizierten Frauen.

Ivan Jablonka, Le Monde

Nun, wie sieht das konkret aus? Wie arbeitet der Trumpismus an einer maskulinistischen Konterrevolution?

Die Rückkehr der Männer mit der "Tugend der Gewalt"

Auch die Größe des Männlichen sollte aus dem Maga-Geist wieder hergestellt werde, das gehöre zur tiefen Originalität des Trumpismus.

Dieser sehe sich einem Niedergang der Männlichkeit gegenüber, einer "entmannten" Gesellschaft, in der es jetzt darum gehe, Machtpositionen für Männer zurückzuholen. In dieser Rückholbewegung sieht Jablonka folgende charakteristische Elemente am Werk:

● "die Tugend der Gewalt, deren Ziel es ist, den Gegner einzuschüchtern oder zu demütigen, sei es ein politischer Widersacher oder ein ausländischer Führer";

● "das Heil durch die Technik, verstanden als eine ‚männliche Energie‘ (laut Mark Zuckerberg, Gründer von Meta), die in der Lage ist, die Regeln der alten Welt hinwegzufegen";

● "die misogynistische Essentialisierung, nach der es das Schicksal der Männer ist, die Welt zu führen, während die Frauen dafür zuständig sind, sie zu befriedigen oder ihnen zu dienen";

● "Verleumdungen, die zu Argumenten erhoben werden, Beleidigungen als Beweise, Lügen als Wahrheiten, Vulgarität als Lebensart, im Namen einer ‚Meinungsfreiheit‘, die es erlaubt, die Hasser auf den sozialen Netzwerken wie X (ehemals Twitter) und Meta (Facebook, Instagram) zu entfesseln";

● "die Umschreibung der Geschichte nach Art von Thomas Carlyle (1795-1881), einem schottischen Historiker des 19. Jahrhunderts und Autor von 'Helden', laut dem eine Handvoll Eroberer den Lauf einer auf eine formlose Masse reduzierten Menschheit verändern. Grönland oder der Mars, das wird die Grenze dieser 'großen Männer' sein".

Attribute einer triumphierenden Männlichkeit

Die Trump-Anhänger würden die Attribute einer triumphierenden Männlichkeit zeigen, dazu listet der französische Historiker auf: "Muskulatur und Tattoos von Kampfsport-Meistern, die T-Shirts und das Kappen-Outfit der jungen Magnaten des Silicon Valley, Waffen, Fahnen und Bärte der extremistischen und rassistischen Miliz Oath Keepers und der rechtsextremen Miliz der Proud Boys."

Weiter zählt er eine schillernde Schar von Charakteren auf, "die sich der Sache verschrieben haben": Blake Marnell, alias "Brick Man", ein Aktivist, der einen Anzug mit Ziegelsteinmuster trägt, der seine Unterstützung für die Mauer zwischen den USA und Mexiko symbolisiert; der Wrestler Hulk Hogan, der unter lautem Gebrüll sein T-Shirt auszog, um seine Verehrung für den Helden der "wahren Amerikaner" zu demonstrieren.

Und natürlich darf Jacob Chansley nicht fehlen: der QAnon-"Schamane", einer, der viel fotografierten skurillen Figuren, die am 6. Januar 2021 das Kapitol stürmten. Seine Signatur ist das Waschbärfell und die Büffelhörner auf dem Kopf und die ins Gesicht gemalte US-Flagge.

Der Kult einer Neo-Vergangenheit

Dieses Figurenensemble vereint der französische Sozialhistoriker im Tableau einer Clique, die er "néopasséiste" nennt. Das ist eine neue Wortschöpfung, gebildet aus dem französischen Wort für Vergangenheit "passé" und "néo". Also irgendwie retro, der Vergangenheit zugewandt, diese aber neu in der Gegenwart aufgeführt.

Viel Theater ist da in einer Gruppenaufführung, die "Aktivisten, Patrioten, Veteranen, Milizionäre und Aufrührer vereint" (Ivan Jablonka) und die sich mit "Leib und Seele dem Chef-Ungeheuer (im Original "ogre") im Weißen Haus andient.

Ihre Kampfmoral kleidet sie als "Gladiatoren", was sie nicht davon abhält, sich auch als "Märtyrer" zu bezeichnen, Opfer der Politiker, der Minderheiten, der Feministinnen und der Frauen im Allgemeinen.

Ivan Jablonka, Le Monde

Diese neue Männlichkeit manifestiert sich in einer exklusiven Brüderlichkeit, die sich durch gemeinsame Referenzen und kämpferische Solidarität definiert.

Jablonka warnt vor dem destruktiven Potenzial dieser Weltanschauung und ruft zur Erfindung neuer Analysekategorien auf, um zu verstehen und zu bekämpfen, wie diese Männlichkeit darauf abzielt, die Macht ausschließlich den Männern vorzubehalten.

Und doch hat sie ein Ende, die Maga-Galaxie?

Doch die Vision einer männerdominierten Zukunft ist nicht unangefochten. Der Historiker gibt zu bedenken, dass eine mögliche Implosion der sogenannten Maga-Galaxie bevorstehen könnte, da die Rhetorik sich abnutze und interne Rivalitäten zutage treten.