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Ruf nach sozialer MobilitÀtswende wird lauter

Claudia Wangerin

Mit Kletteraktionen wie dieser ließen Umweltgruppen den Verkehr im Kommunalverbund Niedersachsen/Bremen stocken. Foto: Aktion autofrei

BĂŒndnis aus Gewerkschaften, Umwelt- und SozialverbĂ€nden macht Verkehrsministerkonferenz Dampf. Umweltgruppen begleiten die Veranstaltung mit sportlichen Protestformen

Nicht nur einige Dutzend junge Menschen, die sich an waghalsigen "Autofrei" [1]-Kletteraktionen von Umweltgruppen in und um Bremen beteiligten und so zeitweise Straßen blockierten, haben an diesem Donnerstag anlĂ€sslich der Verkehrsministerkonferenz [2] von Bund und LĂ€ndern einen Politikwechsel gefordert. Ein breites BĂŒndnis [3], in dem neben Umwelt- und SozialverbĂ€nden auch die grĂ¶ĂŸten deutschen Gewerkschaften und die Evangelische Kirche vertreten sind, sprach sich fĂŒr eine sozial- und klimavertrĂ€gliche MobilitĂ€tswende aus und veröffentlichte dazu Handlungsempfehlungen.

"Der Beitrag des Verkehrssektors zum Klimaschutz ist lĂ€ngst ĂŒberfĂ€llig. Gleichzeitig bietet der Umbau des MobilitĂ€tssystems die Chance, den unterschiedlichen BedĂŒrfnissen aller Menschen im Land gerecht zu werden", erklĂ€rte das BĂŒndnis am Donnerstag. Insgesamt vertreten die beteiligten Organisationen - darunter der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) [4], die IG Metall [5] und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di [6] sowie der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) [7], die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und der Sozialverband VdK - mehrere Millionen Mitglieder.

"Die MobilitĂ€tswende hat das Zeug, als Gewinnergeschichte in die gesellschaftlichen UmbrĂŒche des 21. Jahrhunderts einzugehen", meint Nabu-PrĂ€sident Jörg-Andreas KrĂŒger. Laut Stefan Körzell, der dem DGB-Bundesvorstand angehört, muss diese Transformation "untrennbar mit sozialer Sicherheit und guter Arbeit verknĂŒpft werden: Mitbestimmt, tariflich bezahlt und sozial abgesichert". In den Handlungsempfehlungen des BĂŒndnisses [8] geht es ausdrĂŒcklich auch um die Interessen der bisher im Automobilsektor BeschĂ€ftigten: Die Transformation mĂŒsse industrie- und strukturpolitisch begleitet werden; nötig sei auch "eine fortschrittliche Qualifikationspolitik, um Menschen fĂŒr neue Anforderungen und neue Jobs weiterzubilden".

Verkehrsministerkonferenz digital, Protest analog

Die zweitĂ€gige VMK findet in diesem Jahr pandemiebedingt als Telefonschalt- und Videokonferenz statt - Bremen wurde aber von Umweltgruppen als zentraler Aktionsort gewĂ€hlt, weil die VMK-Vorsitzende Maike Schaefer (BĂŒndnis 90 / Die GrĂŒnen) in dem Stadtstaat Senatorin fĂŒr Klimaschutz, Umwelt, MobilitĂ€t, Stadtentwicklung und Wohnungsbau ist. Zumindest verbal kam sie die Forderungen der Umweltbewegten bereits entgegen: "Die StĂ€rkung des ÖPNV und des Schienenverkehrs ist eine zentrale Voraussetzung zur Erreichung der gesteckten Klimaziele", erklĂ€rte SchĂ€fer nach Medienberichten Anfang der Woche. Mehr inhaltliche AngriffsflĂ€che bietet der als "Autominister" berĂŒchtigte Andreas Scheuer (CSU) [9], der das Verkehrsressort auf Bundesebene leitet und sich gegen hĂ€rtere Strafen fĂŒr Raser wehrt [10].

Aktive des Netzwerks "Extinction Rebellion" (XR) und anderer Gruppen erklommen am Vormittag Verkehrsschilder und BrĂŒcken in und um Bremen, um große Banner mit den Parolen "Verkehrswende jetzt", "Schiene statt Autobahn", "Keine KurzstreckenflĂŒge" und "Fahrradstraßen ĂŒberall" herunterzulassen. Nach Angaben ihres Presseteams sorgten mancherorts erst die PolizeieinsĂ€tze dafĂŒr, dass zeitweise der Verkehr zum erliegen kam. Lediglich am Flughafen habe es neben den Kletteraktionen auch eine Straßenblockaden von XR gegeben, sagte ein Sprecher des Netzwerks gegenĂŒber Telepolis.

In einer Stellungnahme kritisierte XR die Förderung von Elektroautos als "politisches Greenwashing": Die Zerstörung der Erde lasse sich nicht durch die Ersetzung aller vorhandenen Autos und LKW durch Elektro- oder Wasserstofffahrzeuge aufhalten.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-6017016

Links in diesem Artikel:
[1] https://twitter.com/aktion_autofrei
[2] https://www.verkehrsministerkonferenz.de/VMK/DE/homepage/homepage-node.html
[3] https://www.presseportal.de/pm/6347/4889554
[4] https://www.dgb.de/zukunftsdialog/investitionen/foto-aktion
[5] https://www.igmetall.de/presse/pressemitteilungen/buendnis-fordert-sozialvertraegliche-mobilitaet
[6] https://www.verdi.de/themen/politik-wirtschaft/++co++924118e6-9d39-11eb-84f5-001a4a16012a
[7] https://www.nabu.de/
[8] https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/verkehr/29448.html
[9] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-03/lobbyismus-andreas-scheuer-autoindustrie-umweltverbaende-kritik
[10] https://www.tagesschau.de/inland/strassenverkehrsordnung-bundesrat-bussgelder-101.html