Rumänien: Gegen Rechts oder gegen Russland?

Luca Schäfer
Calin Georgescu

Calin Georgescu (2. von rechts)

(Bild: LCV/Shutterstock.com)

Der ehemalige Präsidentschaftskandidat Georgescu wurde kurzzeitig verhaftet. Justiz und Eliten sind nach annulierten Wahlen in der Bringschuld. Ein Politkrimi.

Die Nachricht war zu erwarten, denn seit Monaten hatte sich die politische Lage zugespitzt: Die Luft für Calin Georgescu war dünner geworden. Wollten Justiz und Staat ihre Glaubwürdigkeit bewahren, musste es zu repressiven Maßnahmen kommen.

Die Kaskade begann: Erst wurden die Wahlergebnisse wegen angeblicher russischer Tik-Tok-Interventionen annulliert, dann scheiterte Georgescu mit seiner juristischen Anfechtung. Er rief den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg an, ohne Erfolg. Ein Eingriff in die Grundrechte des Beschwerdeführers sei nicht gegeben.

Ein krachender K.-o. für das Wahlergebnis von 22,9 Prozent der Stimmen, also eine Missachtung der relativen Mehrheit. Telepolis berichtete ausführlich über die nach wie vor unbewiesenen Vorwürfe einer prorussischen Einmischung in den Wahlkampf.

(K)ein Wahlrecht

Am 26. Februar 2025 war Calin Georgescu, kurzzeitig festgenommen worden. Unter Auflagen konnte er einer längeren Untersuchungshaft entgehen.

Die Ermittlungsbehörden werfen dem Politiker verschiedene Straftaten vor: Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung, Unregelmäßigkeiten bei der Wahlkampffinanzierung und neuerdings auch die Förderung faschistischen Gedankenguts.

Georgescu muss sich künftig unter richterlicher Aufsicht bewegen, darf sein Heimatland nicht verlassen, keine Social-Media-Accounts mehr besitzen und keine Waffen tragen. Ob er jemals wieder das passive oder aktive Wahlrecht erhalten wird, ist derzeit völlig offen.

Was dagegen spricht und pikant ist: Georgescu wurde, nach Angaben seines Wahlkampfteams, explizit auf dem Weg zur Anmeldung seiner erneuten Kandidatur festgenommen. Die Neuwahl soll am 4. Mai stattfinden, Stichwahlen sind für den 18. Mai geplant. Mit Sicherheit wollten Staat, Justiz und politische Klasse ein Zeichen setzen: Freiheit und Macht fallen nicht zusammen.

Neue Achse der internationalen Rechten?

Die Verhaftung wurde medienwirksam per X verbreitet: Interessant ist, dass Georgescu oder seine engsten Vertrauten die amerikanische Spitzenpolitik involviert und markiert haben. Im entsprechenden Post wurden neben Elon Musk (Doge) auch US-Präsident Donald Trump sowie Vizepräsident J.D.Vance direkt markiert.

J.D.Vance, dessen Auftritt auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) im Westen als Skandalrede verurteilt wurde, ziert seit Tagen prominent die Instagram-Seite von Calin Georgescu.

Das ist logisch und doch krude: Georgescu gilt als "rechtsextrem".

Zwar bestritt Georgescu öffentlich immer wieder seine Nähe zu Extremisten jeglicher Couleur – er sei lediglich "mit Herz und Leben dem rumänischen Volk verpflichtet".

Glaubwürdig erscheinen solche Andeutungen allerdings kaum, denn Georgescu kokettiert spätestens seit seiner Radikalisierung und dem Austritt aus der rechtskonservativen Partei AUR 2020 mit allen Richtungen der klerikal-rechten Szene.

Er spielt mit dem Nimbus des Führers der klerikal-faschistischen "Eisernen Garde", Corneliu Zelea Codreanu, den Georgescu neben dem Hitler-Kollaborateur und Diktator Antonescu als "seinen Helden" bezeichnet. Der studierte Landwirt und Sohn eines Agraringenieurs bedient unter dem harmlos klingenden Slogan "Nahrung, Wasser, Energie" eine Art Hoffnung auf die Rückkehr zu einem Faschismus à la Anastasia-Bewegung und Blut-Boden-Ideologie.

Zwischen Trump und Messias

Welche Rolle die orthodoxe Kirche und mit ihr die im Dunkeln gebliebene orthodoxe Bruderschaft dabei spielen, bleibt im Nebel. Sicher ist, dass sich Georgescu in einer Mischung aus Trump-Rhetorik und Messias-Inszenierung inszeniert.

Seine geopolitischen Visionen sind auf Frieden mit Russland und die messianisch gepredigte Rückkehr ins russische Großreich ausgerichtet. Die aktuelle Trump-Administration passt ins Bild: Der amtierende Gesundheitsminister Robert F. Kenneny ist ein Freund Georgescus. Zwei Seiten einer irrationalen Medaille kommen zusammen: Kennedy fabulierte öffentlich, dass Covid-19 nur "Schwarze und Kaukasier" angreife, wollte die sagenumwobenen Chemtrails verbieten lassen und sprach sich wiederholt gegen Impfungen aus.

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz sprach Vance auch verklausuliert über Georgescu, der wiederum die US-Boys zu Hilfe rief, als es um seine Haut in den Händen der amtierenden Regierung ging. In Trumps Kapitolsturm-Manier soll ein gestohlener Wahlsieg zurückerobert werden.

Elon Musk kommentierte die Verhaftung Gergescus via X als "Schweinerei". Ob und wie die Wahlen tatsächlich manipuliert wurden, bleibt umstritten. Selbst die konservative FAZ meldet leise Zweifel an, schließlich stehe Aussage gegen Aussage. Bisher stammen alle Informationen aus "staatsanwaltschaftsnahen" Quellen, ohne dass der Öffentlichkeit jedoch Beweise vorgelegt worden wären.