Rundfunkbeitrag: Neue Erhöhung droht

Bild: Pixabay

Zuständige Behörde rechnet und prüft monatelang. Doch schon drohen Schocks und Nebelkerzen werden gezündet. Grund ist eine wiederkehrende Forderung der Anstalten.

Ab 2025 wird es verpflichtende Rundfunkbeiträge pro Haushalt (§ 2, RBStv) in Höhe von bis zu 25,19 Euro monatlich geben?

Gemach. Der Startschuss ist noch gar nicht gefallen. Die Zahlen für die Beitragsperiode 2025 bis 2028 von ARD, ZDF, Deutschlandradio und Arte werden der zuständigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) erst am Freitag dieser Woche vorgelegt.

Und dann beginnt der lange Weg durch die Institutionen: Prüfen und Rechnen innerhalb der KEF bis zum Spätherbst 2023. So hat es deren Vorsitzender, Martin Detzel, gestern vorgezeichnet. Aus dem Prüfen und Rechnen folgt dann der "Entwurf einer KEF-Empfehlung", anschließend Anhörungen mit Bundesländern und den Anstalten, die Ausarbeitung einer endgültige Empfehlung und schließlich und endlich die offizielle Anmeldung des Finanzbedarfs durch die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten.

Erwartet wird sie, wenn es neu grünt und zwitschert, im April 2024.

Zwar bestimmt die Ministerpräsidentenkonferenz die Höhe der Beiträge. Aber die Empfehlung der KEF spielt eine maßgebliche Rolle. "Ob es zu einer Erhöhung kommt und wie hoch diese möglicherweise ausfallen könnte, entscheidet laut Bundesverfassungsgericht in erster Instanz die Gebührenkommission KEF", betonte das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vor einem Monat.

Schock aus "Geheimpapieren der ARD"

Kurz zuvor war die erste Lunte zu einem Pulverfass der öffentlichen Erregung gelegt worden. Die Springer-Publikation Business Insider überraschte die Öffentlichkeit mit Einsichten in "interne Strategiepapiere" aus denen hervorgehe, "welche Summen der ARD für die kommende Periode von 2025 bis 2028 vorschweben".

So kalkulierten die Intendanten im Juni 2022 mit einer Anhebung des Rundfunkbeitrags auf bis zu 25,19 Euro pro Monat.

Business Insider

Irrelevant, so der KEF-Vorsitzende Detzel gegenüber der SZ.

Interessant, so etwas zu lesen, aber das hat nichts mit der tatsächlichen aktuellen Situation zu tun. Entscheidend ist, welchen Bedarf die Anstalten Ende April offiziell anmelden. Die Zahlen, die hier kreisen, liegen uns nicht vor und sind für uns in keiner Weise relevant.

Für die KEF mag das so sein. Für die Debatte gilt anderes, das wissen die Konkurrenten der Öffentlich-Rechtlichen sehr gut. Allen voran aus dem Haus Springer.

Die Mehrheit in Umfragen

Schon mit dem jetzigen Rundfunkbeitrag von 18,36 Euro monatlich sei nur eine Minderheit einverstanden, ergab eine Umfrage für die Bild-Zeitung Anfang April. Die Welt berichtete:

35 Prozent würden am liebsten gar keinen Beitrag mehr zahlen, wie die Erhebung des Instituts Insa (…) ergab. 13 Prozent würden bis zu 4,99 Euro im Monat zahlen, 16 weitere Prozent bis zu 9,99 Euro. Zehn Prozent würden maximal 14,99 Euro zahlen, sechs weitere Prozent wären bereit, bis zu 18,35 Euro zu bezahlen.

Die Welt

Die letzte Umfrage-Marke mit dem einen Cent unter dem aktuellen Rundfunkbeitrag hat ihren eigenen Witz, sie spricht wie auch die ganze Umfrage über die Verärgerung über eine verpflichtende Festlegung, die ans Portemonnaie geht: 220 Euro jährlich.

Der Ärger hat sich nicht nur bei der Leserschaft von Springer-Medien aufgestaut. Von dort kommt allerdings wie schon zu Zeiten der Coronamaßnahmen auffallend kantige Kritik.

Ein Füllhorn an Absichten

Differenzierter und dennoch deutlich in der Sache nimmt sich Helmut Hartung, Chefredakteur von medienpolitik.net, dem Thema an. Auch er zitiert eine Umfrage der Welt, wonach sechs Ministerpräsidenten bislang die Erhöhung des Rundfunkbeitrags ab 2025 nicht "für durchsetzungsfähig" oder "nicht zeitgemäß" halten.

Der erste war der Reiner Haseloff, Ministerpräsident aus Sachsen-Anhalt und Vorsitzender der CDU-Kommission zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ihm folgten inzwischen auch mehrere SPD-regierte Länder, zuletzt Niedersachsen. Auch aus Landtagen, nicht nur in Sachsen-Anhalt, ist von zunehmendem Widerstand gegen eine Anhebung der 18,36 Euro zu hören.

Helmut Hartung

Aber Hartung argwöhnt, dass es sich bei den Erklärungen aus den Ländern, die darum gehen, den Rundfunkbeitrag stabil halten zu wollen, erst einmal um "wohlfeile Absichtsbekundungen" handele. Denn die Politiker wissen, dass Bundesverfassungsgericht "die Hürde für eine Ablehnung des KEF-Votums sehr hoch gesetzt" habe. Es muss einstimmig ablehnt werden. Relevante Schritte brauchen mehr als Absichten. Allerdings:

"Sie (die Absichtsbekundungen) sind aber ein Warnsignal an die Verantwortlichen in den Sendern, die kritischen Stimmen in der Bevölkerung und der Politik nicht zu überhören. Denn mit höheren monatlichen Ausgaben für die öffentlich-rechtlichen Anstalten würde deren Akzeptanz weiter sinken."

Geht es nach Hartung, so spielen nicht nur Landespolitiker in der Debatte mit einem tönenden Einsatz, der wenig verpflichtend ist, sondern auch Senderverantwortliche. Er zitiert den ARD-Chef Kai Gniffke mit dessen Ansage, dass "im Maschinenraum der ARD an der Zukunft des Journalismus gearbeitet" werde.

Die ARD stehe am Anfang des größten Veränderungsprozesses in der Geschichte des Senderverbunds

Kai Gniffke

Diese Reforminitiativen, ein "Füllhorn an Ideen und Plänen, das sich hier verbergen mag", würden sich aber nicht in der Bedarfsanmeldung wiederfinden, weil das zeitlich gar nicht aufgeht, wie Hartung darlegt. Für ihn sind derartige Ankündigungen aus den Anstalten eine Nebelkerze, "um von ihrer Bedarfsanmeldung abzulenken". Wie wäre es mit Transparenz nach außen?

Sender unter Druck

Bei den Sendern dürfte man schon spüren, was eine Beitragserhöhung an Verärgerung auslösen wird.

Es gab den RBB-Skandal und den NDR-Skandal und dazu gab es Diskussionen über die Gehälter der oberen Etagen, die mit neuer Wucht auch in den auch privaten Debatten aufgetischt wurden. Dazu kommt die fortdauernde Kritik an der Präsentation politischer Inhalte und das auffallend mangelnde Problembewusstsein in der Sache bei den öffentlich-rechtlichen Sendern.

Und dazu kommt nicht zuletzt das im Vergleich vielfach frischere, einfallsreichere und anregendere Kultur-Angebot, das bei der Konkurrenz von YouTube (dass dort allerdings viel von den Öffentlich-Rechtlichen abgestaubt wird, ist eine eigene Diskussion) zu finden ist, und das bessere Unterhaltungsangebot, das bei den Streamingdiensten gesucht wird und nicht bei den Anstalten.

Das ist alles von dieser Welt, vor der können auch die öffentlich-rechtlichen Sender nicht mehr die Augen verschließen.

Der Ärger wird kommen. Auffallend ist, dass in keinem der Berichte, die in letzter Zeit zur möglichen Rundfunkbeitragserhöhung in die größere Öffentlichkeit kamen, diese Möglichkeit nachdrücklich ausgeschlossen oder dementiert wurde. Sie wird eher für wahrscheinlich gehalten.

Auffallend ist auch, dass die Diskussion über Inhalte weitgehend im Hintergrund stattfindet. Die Frage ist, zu welchen Reformen der Apparat imstande ist.

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